Mobiles Bezahlen ist eines der aktuellen Trendthemen. Die Sparkassen setzen dabei auf die Erweiterung der EC-Karte und bieten diese nun mit Chip an. Das Medienecho ist gewaltig, aber ob damit das mobile Bezahlen weiter voran kommt?
Hintergrund
Das Thema „Mobile Payment“ ist eines der am häufigsten genannten, wenn es um Entwicklungen für die Zukunft des Banking geht. Vor einiger Zeit schon habe ich ausführlich über dieses Thema berichtet und über meinen Eindruck, dass die Banken hierzulande diesen Trend weitgehend verschlafen
Die Sparkassen und Volksbanken haben schon vor einiger Zeit angekündigt, dass sie in diesem Zusammenhang auf eine Erweiterung der klassischen EC-Karte setzen und nicht auf eine Digital Wallet, die mit dem Mobiltelefon vereint ist. Nun sind sie dabei, ernst zu machen.
Sparkassen starten kontaktloses Bezahlen
„Girogo“, so heißt die neue Bezahlfunktion auf Bank- und Sparkassenkarten mit denen die Kunden von diesem Jahr an mit ihrer EC-Karte kleinere Einkäufe kontaktlos bezahlen können sollen. Begleitet wird das Ganze von einem gewaltigen Medienecho, nicht nur in der Fach- und Wirtschaftspresse, sondern auch in den TV Hauptnachrichten.
Dabei wird die schon vorhandene Geldkartenfunktion mit der NFC-Funktechnik (Near Field Communication) aufgerüstet, die die Bezahlinformation an das Lesegerät überträgt. Die Karte wird einfach vor ein Terminal gehalten und der Betrag abgebucht. Das Ganze funktioniert bis zu 20 Euro und eine Unterschrift oder die Eingabe der persönlichen Geheimzahl (PIN) sind überflüssig. 16 Millionen der insgesamt 45 Millionen Sparkassen-Cards sollen in diesem Jahr ausgetauscht werden, die übrigen in den Folgejahren. Das Ganze beginnt mit einem Pilotprojekt Mitte April im Raum Hannover, Braunschweig und Wolfsburg.
Bewertung
Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass hier von der größten deutschen Privatkundenbank eine Initiative ausgeht, die das Bezahlen mit NFC-Chip salonfähig macht. Das wird einen gewaltigen Schub nach vorne bedeuten, müssen doch auch im Handel die entsprechenden Kontaktstellen an den Kassen eingerichtet werden. Zahlreiche große überregionale Einzelhändler wollen bereits mitmachen.
Der Ansatz jedoch, die bisherige Geldkarte mit einem NFC-Chip auszurüsten, ist mit offensichtlichen Nachteilen verbunden:
- Vorheriges Aufladen (bis max. 200 Euro) notwendig.
- Betragsbegrenzung auf 20 Euro pro Transaktion.
- Fehlende Sicherheit bei Kartenverlust.
Auch besteht keine Transparenz über die Zahlungen, da keine Anzeige als Kontoumsatz erfolgt und lediglich eine begrenzte Anzahl von Transaktionen über zusätzliche Programme ausgelesen werden kann.
Der zentrale Vorteil liegt darin, dass die Karte lediglich „vor“ ein Lesegerät gehalten werden muss, statt in einen Schlitz gesteckt zu werden und Unterschrift oder PIN-Eingabe .entfallen Das mag für den Handel schneller und einfacher sein, ob die Kunden damit einen echten Nutzen verbinden, sei dahin gestellt. Immerhin schätzt der DSGV, dass sich die Wartezeiten an den Supermarktkassen um bis zu 25 Prozent verringern würden. Fragt sich, ob Supermärkte in der Folge lieber Kassenpersonal einsparen oder den Kunden eine schnellere Abfertigung ermöglichen werden.
Auch andere Banken werden aktiv und wollen ab Mitte 2012 ihre Kunden u.a. mit der kontaktlosen Visa-Zahlungskarte („Visa payWave“) oder dem Mastercard-System „PayPass“ versorgen.
Fazit
Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass endlich Bewegung von Seiten der Banken kommt und Initiativen in Richtung „Mobile Payment“ entwickelt werden. Bedauerlich finde ich es allerdings, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt hat und nun auf diesem Weg versucht, mit dem neuen System der eigentlich schon längst „toten“ Geldkarte neues Leben einzuhauchen.
Von daher ist zwar ein wertvoller erster Schritt seitens der hiesigen Kreditwirtschaft gegangen worden, ob dieser jedoch ausreicht, Anbietern, wie PayPal, Google, Apple oder den TelCos zukünftig die Schau zu stehlen, bezweifle ich.
Ich erwarte eher, dass das Angebot ein Flop wird, da die Nachteile überwiegen und aus Kundensicht kein echter (Zusatz)Nutzen entsteht. Besser wäre es gewesen, die Kooperation mit einem Mobilfunkanbieter zu suchen und damit eine echte mobile Digital Wallet zu ermöglichen, aus der dem Kunden zusätzlicher Nutzen entsteht.
Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Flop oder Top? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
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12 Kommentare
danke herr leichsenring
sehe das sehr ähnlich und hatte das unter mobile zeitgeist sehr ähnlich zusammengefasst.
es kann nur der erste schritt sein aus dem man erfahrungen ziehen will
Hallo Herr Bajorat
Vielen Dank!
Ich persönllich würde da wahrscheinlich auch nicht mitmachen. Wenn man jedoch über das Online-Banking ebenfalls Zugang, d.h. Einsicht und Kontrolle, zu den Geldbeträgen auf der Karte hätte, würde ich es mir wahrscheinlich überlegen. ;)
Eine sehr treffende Analyse, die ich voll teile.
Der Prozess ist wieder einmal zu umständlich, auch wenn der Bezahlvorgang selbst etwas einfacher wird als mit der Geldkarte.
Aber der Zahlungsprozess am POS bietet weniger Mehrwert im Vergleich zum Bargeld.
Der Nutzen von NFC wird so gar nicht voll ausgereizt. Paypall und Google sind mit ihren Lösungen da deutlich weiter, nur leider nicht hier in Deutschland.
Ich bin ebenfalls skeptisch, was die Durchsetzung betrifft.
Hallo Herr Leichsenring,
das unterschreibe ich so. Zumal die Deutschen ja auch keine Kartenfreunde sind. Und es gibt eben keinen Zusatznutzen. Sie müssen das aber auch verstehen. Was soll denn aus den Karten Produzenten werden? Das ist eben das Problem mit disruptivem Wandel. Die Disruptoren kommen sehr selten aus dem Kreis der Etablierten!
mfg
Boris Janek
Hallo Herr Leichsenring,
gerade im Hinblick auf die Sicherheit von Smartphone-Apps ist es derzeit schwer zu sagen welche Variante sich schneller / stärker durchsetzen wird. Eine kurze heftige Betrugswelle die auf einem schweren Fehler im z.B. iOS schwimmt könnte den Kartenabwickelnden-Parteien massiven Zulauf/Zuspruch verschaffen. Meiner Meinung nach wird sich die Kartenvariante durchsetzen. Allerdings in einer Form die wir bisher nur zum Punktesammeln verwenden. Damit bliebe eine notwendige Trennung von Smartphone und POS bestehen. Auch wenn es reizvoll ist alles über ein Medium ab zu wickeln. Die Angriffsfläche wäre einfach zu groß.
PS: Mit den Geldkarten bekommt wenigstens mein TAN Generator einen größeren Stellenwert.
Gruß
Josef D.
Ich sehe das ähnlich.
Die NFC an sich ist sicherlich ein hochinteressantes Zahlungssystem. Die Akzeptanz einer solchen Karte sehe ich eher gering. Den Durchbruch werden die deutschen Banken und Sparkassen nicht schaffen wenn sie als „Einzelkämpfer“ unterwegs bleiben. Hier sind sicherlich Kooperationen mit Mobilfunkanbietern und Herstellern von Smartphones der richtige Weg. Die Mischung machts würde ich sagen.
Man stelle sich vor was passiert, wenn Apple auf dem iPhone ein entsprechendes Konzept präsentiert. Schon ändert sich die Frage ob sich NFC durchsetzt hin zu wie schnell es sich durchsetzt!
Gruß
Björn
Danke für den interessanten Hinweis
Guten Tag!
Ich bin hier deutlich anderer Ansicht. Girogo wird definitv das Ende des Bargelds einläuten. Und das schneller als man meinen möge. Einige der hier im Blog erläuterten Argumente kann ich nicht nachvollziehen. Ich möchte hier kurz meinen Blickwinkel auf girogo in Relation zum Bargeld präsentieren:
„Vorheriges Aufladen (bis max. 200 Euro) notwendig“
– Beim Bargeld ebenso… Muss ja von irgendwo in den Geldbeutel kommen.
„Fehlende Sicherheit bei Kartenverlust.“
– Beim Geldbeutel, Handy, Hausschlüssel etc. wohl ebenso.
„Ich erwarte eher, dass das Angebot ein Flop wird, da die Nachteile überwiegen und aus Kundensicht kein echter (Zusatz)Nutzen entsteht.“
– Wenn Sie sich in Supermärkten das lange Gekrame im Geldbeutel ersparen können und keine großen Schlangen mehr an den Kassen haben, so wird der Mehrwert mehr als deutlich ersichtlich sein. Im Übrigen entfallen für die Supermärkte zusätzlich die Unkosten für die Geldtransporte.
„Mangelnder Datenschutz“
– Ich finde die Einstellung von sog. Datenschützern grotesk, die vor allem die Bewegungsprofile bemängeln…. und von denen ironischerweise selbst ein Jeder ein Handy besitzt (die theoretisch die besten Bewegungsprofile liefern). Ohnehin lassen sich aus anderen Quellen ebenso vergleichbare oder bessere Profile erstellen. Man braucht hierzu kaum bemerken, dass wir nicht mehr in den „90ern leben“.
Ich denke, der Erfolg der Geldkarte war etwa mit Windows Vista vergleichbar; Dagegen wird girogo mit Windows 7 vergleichbar sein.
Es wird sehr schnell begriffen werden, wie überflüssig Bargeld eigentlich ist. Auch die 20-EURO-Grenze wird bald abgeschafft werden. Ich denke, innerhalb von 10 Jahren ist das Bargeld nahezu verschwunden und ich rechne mit 75% Anteil von girogo bei den Zahlungsverfahren in deutschen Supermärkten.
Ich halte es für möglich, dass Unternehmen (also Händler), die diese Innovation technisch nicht rechtzeitig umsetzen sogar von Insolvenz bedroht sein können. Ich bin mir sehr sicher: Allgemein wird girogo derzeit noch maßlos unterschätzt.
Beste Grüße!
D.
Ein interessanter Standpunkt. aber von 75% Anteil für GiroGo träumen vermutlich nicht einmal deren Manager…
@Dr. Leichsenring:
Ich habe eben diesen Artikel entdeckt, da scheint meine Theorie bestätigt zu werden:
https://www.dsv-gruppe.de/presse/informationen/zahlungsverkehr/dr_2014_01_12/index.htm
Ich freue mich sehr, bald auch in meinem Supermarkt mit girogo bezahlen zu können… denn das gibt es leider noch nicht in meiner Stadt…. ;-)
Viele Grüße!
D.
Danke für den Link. Die Anzahl der Installationen sagt leider nichts über deren Nutzung aus und die ist – nach meinen Informationen – immer noch „mau“.