Hintergrund
Ob das Jahr 2012 für die Banken und Sparkassen ein gutes oder weniger gutes Jahr war, werden die kommenden Bilanztermine zeigen. Sicherlich hat beim einen oder anderen Institut die Euro- und Finanzkrise ihre direkten oder indirekten Spuren in den Abschreibungen hinterlassen.
Aber viel wichtiger erscheint mir die Frage, ob 2012 für die Kunden von Banken und Sparkassen ein gutes oder weniger gutes Jahr war und was sich in 2013 daran ändern wird.
Vertrauenskrise geht weiter
Glaubt man den zahlreichen in 2012 zum Thema Vertrauen erschienenen Studien (und ich kenne keine plausiblen Gründe, warum man dies nicht tun sollte), so kann man wohl festhalten, dass 2012 (einmal mehr) kein besonders gutes Jahr für die Beziehung zwischen den Finanzinstituten und ihren Kunden war. Umso mehr erstaunt, dass ein Wandel in der Kommunikations- oder gar Geschäftspolitik der Banken und Sparkassen noch immer nicht erkennbar ist. Augen zu und durch bleibt die Devise, so scheint es. Die Vertrauenskrise wird weiterhin einfach negiert, zumindest nach außen hin. Man verweist auf gute Ergebnisse bei Kundenbefragungen und vermeintlich geringe Wechselquoten und verkennt damit, dass Kunden schlichtweg die Alternative fehlt und sie daher „loyal frustriert“ sind, wie eine Studie aus dem letzten Sommer diesen äußerst labilen Zustand beschrieben hat.
Kostenmanagement gewinnt an Bedeutung
Dabei wären die Banken auf nachhaltig loyale und ertrag bringende Kunden angewiesen. Ertragssteigerungen sind derzeit wohl nur im Kreditgeschäft zu erzielen, vor allem dank historisch niedriger Refinanzierungszinssätze. Die EZB subventioniert damit die Finanzindustrie zum Wohle unserer Währung, aber auch zum Schaden der Konsumenten, der den korrespondierenden Preisanstieg zu verkraften hat.
Nur eine Messgröße entwickelt sich nach oben: Die Kosten. Egal ob Personal- oder Sachkosten, sie steigen kontinuierlich weiter an. Und da keine wirklich neuen Ertragsfelder zu sehen sind (woher sollten sie auch angesichts der Ideenlosigkeit der Banken kommen?), wird den Vorständen nichts anderes einfallen, als demnächst mal wieder massiv auf die berühmte Kostenbremse zu treten. Da werden dann auf Teufel komm raus Budgets gedeckelt oder gekürzt. Hauptsache, das kurzfristige Ergebnis stimmt. Der Kunde wird es schon mitmachen. Es grüßt die „Servicewüste Deutschland“, die in Banken und Sparkassen vielerorts längst wieder Einzug gehalten hat.
Investitionen in die Zukunft
Dabei wären Investitionen in die Zukunft dringend erforderlich. Man müsste halt nur wissen, wo die Zukunft liegt. Dabei ist das eigentlich gar nicht so schwer zu erkennen. Drei Schlagworte bestimmten die Zukunft des Bankgeschäfts: Digital, mobil und sozial.
Auch wenn es immer noch (Regional)Banken gibt, die lieber vier Millionen Euro in den Bau-Etat stecken statt in einen modernen Internetauftritt. Die Zeiten einer flächendeckenden Filialisierung sind vorbei.
Frustriert von unzureichenden Öffnungszeiten, schlechtem Service und nicht am tatsächlichen Bedarf ausgerichteter Beratung nehmen Kunden immer mehr die neuen Möglichkeiten der „Selbst“Beratung wahr, die ihnen bislang vor allem von Direktbanken und Nichtbanken im Internet angeboten werden. 7/24 und Customer Experience heißen die Zauberformeln.
Mobile Payment und Mobile Banking sind die weiteren Trends der kommenden Jahre. Und sie sind nachhaltig: Immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeiten, die ihnen moderne Smartphones und Tablet Computer bieten. Noch sind die wenigsten Finanzinstitute darauf vorbereitet. Apps zur Suche nach dem nächsten Geldausgabeautomaten reichen längst nicht mehr aus, um Kunden nachhaltig zu begeistern.
Aus dem beschaulichen Multikanalbanking von einst wird ein herausforderndes Omnikanalbanking. Kunden erwarten, dass sie entscheiden (und nicht ihre Bank), über welchen Kanal sie was und wann abwickeln.
Und auch Social Media ist zu einem nachhaltigen Trend geworden. Nur im Bankbereich noch nicht, zumindest hierzulande. Es soll ja immer noch Banken geben, die ihren Mitarbeitern den Facebookzugang sperren und glauben, das Thema hätte sich damit erledigt.
Das stört die Kunden jedoch nicht daran, sich in sozialen Netzwerken auch über ihre Erfahrungen mit Banken auszutauschen. Über gute wie über schlechte. Diese „Online Empfehlungen“ gewinnen überall an Bedeutung, nur auf Bankenwebseiten sucht man den „Like“ Button vergeblich.
Unabhängige Bewertungsplattformen danken es den Banken und wachsen kräftig. Wie alt ist Amazon inzwischen? Knapp 20 Jahre! Und die integrierten Kundenbewertungen sind ein wichtiger Bestandteil der Erfolgsstory. Aber das scheinen Bankvorstände noch nicht begriffen zu haben, obwohl auch einige von ihnen dort einkaufen sollen.
Sind Sie und Ihre Bank bereit?
Dabei ist es doch gar nicht so schwer, die Wünsche der Kunden zu verstehen:
- Sie möchten weniger Zeit und mehr Spaß mit ihren Bankgeschäften haben.
- Sie möchten ihre Bankgeschäfte abwickeln, wann und wo es ihnen passt.
- Sie möchten ihrer Bank vertrauen können, dass ihr Geld und ihre Daten bei ihr sicher verwahrt sind und sie sich an erster Stelle um die Kunden und deren Interessen kümmert.
- Sie werden anderen sagen, wie gut oder wie schlecht ihre Bank ist.
Das Bankgeschäft ist dabei, sich zu verändern, egal ob die Banken und Sparkassen dabei mitmachen oder nicht. Viele neue Anbieter stehen mit pfiffigen am Kundenbedarf orientierten Lösungen bereit, den etablierten Finanzdienstleistern angestammte Geschäftsfelder streitig zu machen. „Banking is necessary, banks are not“ prophezeite einst Bill Gates. Sollte er spät doch noch Recht bekommen? Oder werden die Banken anfangen, sich zu bewegen?
Von einigen wenigen weiß ich es, von anderen glaube ich es, von wieder anderen hoffe ich es, aber bei vielen habe ich Zweifel.
2013 wird ein spannendes und interessantes Bankenjahr werden, da bin ich mir sicher. Was glauben Sie?
Ein Kommentar
Hallo Herr Dr. Leichsenring,
ich stimme Ihnen grundsätzlich voll und ganz zu. Ergänzend möchte ich hinzufügen. Eine Bank macht heute ja nicht nur ein Geschäft, sondern ist in vielen Segmenten und Zielgruppen unterwegs. z.B Privatkunden mit unterschiedlichen Lebensphasen oder Potenzialen, Firmenkunden, etc. Oder Geschäftssegmente (Zahlungsverkehr, Anlageberatung, Kreditgeschäft, etc.)
Ein innovatives Beispiel. Wenn ich heute als Firmenkundenberater nicht nur Bilanzen und BWA vom Kunden einfordere um Kreditrisiken einzuschätzen und über neue Kredite spreche; ich meine damit das gesamte Finanz- und Liquiditätsgeschäft, sondern als Mehrwert und Ad-On ein Beziehungsmanager bin, der den Firmenkunden z. B. auch Tipps oder Hinweise geben kann in ggf. Unternehmensführung, oder Vertrieb und Marketing, dann ist das eine besondere Postitionierung. Nach dem Motto, der Banker versteht nicht nur sein Geschäft, er versteht auch mein Geschäft (alter SMH-Bank Werbeslogan aus den 80zigern.). Der Berater soll nicht zum Unternehmensberater werden, er soll nur über den „Tellerrand“ schauen. Er weiß möglicherweise, wenn ein Unternehmen etwas verkauft, was ein anderen Unternehmen ggf. braucht. Das ist Beziehungs- und Netzwerkpflege.
Nach meiner Meinung müssten die Leitgedanken und Visionen, die jede Bank hat, intern mehr gelebt und immer wieder thematisiert werden. Dann macht das Beraten wieder Spaß, weil nicht die Vertriebszahl im Vordergrund steht, sondern eben die Vision der Bank. Das gilt für alle Geschäftssegmenten mit allen Zielgruppen.
Fazit: Rückbesinnung auf alte Werte und Visionen, dann klappt das auch mit dem Vertrauen und der Kundenbindung.
Ein erfolgreiches Jahr 2013
Walter Helbig