Wie sieht die Bankenlandschaft der Zukunft aus? Francisco Gonzalez, Chairman und CEO der BBVA Group, die vor kurzem Bank Simple übernahm, hat dazu eine spannende digital geprägte Vision.
Banken vor der digitalen Herausforderung
Die BBVA hat ja vor kurzem den Finanzdienstleister Simple übernommen. Insofern ist es ganz interessant, einmal hinzuhören, wie deren Chef über die Zukunft des Retail Bankings sieht. Im Dezember 2013, also vor Bekanntgabe der Übernahme von Simple, hat Francisco Gonzalez (Chairman und CEO der BBVA Group) einen überaus interessanten Beitrag für die Financial Times verfasst, dessen wesentlichen Aussagen ich im Folgenden kurz wiedergeben möchte:
- Zahlreiche Branchen sind in den letzten Jahren im Zuge der Digitalisierung durcheinander geschüttelt worden. Die Bankbranche sei als nächstes dran. In fünf Jahren würden nur noch 5% aller Transaktionen durch Filialen generiert.
- Viele Analysten glauben, dass Unternehmen wie Amazon, Facebook oder Google kein Interesse an einem Einstieg ins Banking hätten. Das Gegenteil sei der Fall und die etablierten Banken riskierten, vom Markt zu verschwinden, wenn sie sich nicht auf einen solchen Einstieg vorbereiten.
- Ein wesentlicher Vorteil für die Banken läge in der Vielzahl von finanziellen und nicht-finanziellen Daten die sie ansammeln. Diese Informationen über Gewohnheiten, Vorlieben, Bedürfnisse und Sehnsüchte der Menschen müssten die Banken in Wissen verwandeln und dieses Wissen nutzen, um ihre Kunden genau das anzubieten, was sie wollen und zwar genau dann und so, wie sie es brauchen.
- Kunden wünschten sich zukünftig einfache, transparente Leistungen, die in Realtime maßgeschneidert bepreist werden und jederzeit, auch unterwegs, verfügbar sind.
- Mobile Bankleistungen hätten das Potential, die Kundenanzahl in den nächsten zehn Jahren weltweit zu verdoppeln oder sogar zu verdreifachen.
- Kunden erwarteten das gleiche Serviceangebot, ohne Unterschiede zwischen den Zugangskanälen, egal ob Filiale, PC oder Smartphone. Sie suchten nach innovativen Inhalten, Produkten und Serviceangeboten, die ihren Bedarf abdecken und sich nicht nur auf finanzielle Aspekte beschränken.
- Um dies zu gewährleisten, müssten Banken Technologien wie Big Data oder Cloud Computing aktiv nutzen und in ihren Entwicklungen offener werden. Der Einbezug möglichst vieler Stakeholder über Mechanismen wie Open Innovation sei geradezu zwingend.
- Die Finanzdienstleistungsbranche befinde sich in einer Entwicklung hin zu einer BIT Industrie (Banking, Information und Technolgie), die dazu beitragen müsse, Informationen durch Technologie in Wissen zu verwandeln. Ziel müsse es sein, die vorhandenen Daten zu nutzen, um den Kundenbedarf besser zu erfüllen.
- Dazu müssten sich die Institute zu digitalen Banken oder zu einer neuen Art Informationsdienstleistungsunternehmen hin entwickeln. Sie müssten u.a. ihre veralteten Kernbanksysteme erneuern und dem aktuellen Stand der technologischen Möglichkeiten anpassen. Für die alteingesessenen Institute, deren Kernbankensysteme aus den 60er und 70er Jahren stammen, eine fundamentale Aufgabe.
- In zwei Jahrzehnten gäbe es weltweit keine 20.000 „analogen“ Banken mehr sondern nur noch einige Dutzend digitale Banken. Viele der heutigen Banken seien nur noch Produktlieferanten für diejenigen Institute, welche das Wissen am Kunden vermarkten. Diese digitalen Kundenzugangskanäle seien zukünftig entscheidend für den Erfolg.
- Wenn die Banken sich nicht an Google & Co. anpassten, riskieren sie, ihr Monopol auf Banking zu verlieren.
Fazit
Zunächst einmal wird damit die Motivation zur Übernahme von Bank Simple als Beginn einer Transformation der BBVA zu einem digitalen Kundenportal mehr als deutlich.
Das Banken im Informationsgeschäft tätig sind, ist als Erkenntnis allerdings nicht neu, sondern weit über 20 Jahre alt. Neu sind allerdings die Möglichkeiten im Zuge der Digitalisierung.
Zweifellos werden die digitalen Kanäle die Vertriebskanäle der Zukunft sein. Bei der Entwicklung dorthin, wie auch bei der zukünftigen Rolle der Filialen wird es nationale Unterschiede geben. Allerdings gilt hier wie auch sonst der Grundsatz „wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, in diesem Fall der Kunde bzw. der Wettbewerb.
Ich frage mich ja schon seit längerem, warum nicht endlich mal jemand den Mut und das Kapital in die Hände nimmt, um in Deutschland damit anzufangen. Zur Mitarbeit und Unterstützung stehe ich gerne zur Verfügung.
3 Kommentare
Danke Hansjörg. Guter Artikel. Wir sind auch der Überzeugung, dass die Banken viel Spielraum haben die digitale Zukunft mitzugestalten. Hierzu muss man sich aber bewegen um die beschriebene Transformation zu beginnen. Auch wir würden gerne mithelfen die Banken in das digitale Zeitalter zu begleiten.
Sehr guter Artikel! Vielen Dank für den Beitrag – für meine Abschlussarbeit finde ich hier äußerst hilfreiche Anstöße…!
Gerne