Anleger aus der Schweiz und Österreich bleiben risikoscheu wollen aber höhere Renditen. Die Zufriedenheit der Schweizer mit den Banken sinkt.
Im Auftrag der LGT Group erstellte die Abteilung für Asset Management der Johannes Kepler Universität Linz unter der Leitung von Prof. Dr. Teodoro D. Cocca nach 2010 und 2012 die dritte umfassende Studie zum Anlageverhalten von Private-Banking-Kunden in der Schweiz und Österreich.
Schweizer Anleger bleiben risikoscheu
Bei ihrer Vermögenszusammensetzung haben Schweizer Anleger seit der letzten Befragung wenig verändert. Auch nach zweijähriger Börsenhausse beträgt der Cash-Anteil in den Portfolios nach wie vor hohe 29 Prozent. Allerdings planen bis zum Jahresende 29 Prozent der Befragten, ihren Cash-Anteil zugunsten anderer Anlageklassen zu reduzieren. Die Portfolios sind immer noch ungenügend diversifiziert. Vor allem Rohstoffe und alternative Anlagen (4 Prozent bzw. 5 Prozent der durchschnittlichen Asset Allocation in der Schweiz und 6 Prozent bzw. 1 Prozent in Österreich) werden wenig zur Verbesserung der Rendite-/Risikoeigenschaften der Portfolios genutzt. Durchschnittlich erwirtschafteten die Schweizer Befragten 2013 eine Performance von +8.9 Prozent, in Österreich waren es +5.1 Prozent. Mit der erreichten Rendite zufrieden waren in der Schweiz 56 Prozent, in Österreich 30 Prozent der Befragen. Dies entspricht einer markanten Steigerung gegenüber 2012, als nur 15 Prozent der Schweizer bzw. 16 Prozent der Österreicher mit der Rendite zufrieden waren.
Zufriedenheit mit der eigenen Bank sinkt
Die Kundenzufriedenheit von Schweizer Bankkunden ist in den letzten beiden Jahren gesunken, bleibt aber auf recht hohem Niveau: 81 Prozent der Befragten erklärten sich mit ihrer Hauptbank zufrieden oder sehr zufrieden, 2012 waren es noch 88 Prozent. In Österreich hingegen blieb der Zufriedenheitswert stabil: Wie 2012 erklärten sich erneut 73 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer Hauptbank. Die Leistung der Privatbanken (75 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden) wird nach wie vor besser beurteilt als jene der Grossbanken (73 Prozent). Die abnehmende bzw. stagnierende Kundenzufriedenheit widerspiegelt sich in einer tieferen Kundenloyalität: Während die Schweizer Anleger im Jahr 2010 im Schnitt noch 26.3 Jahre ihrer Bank die Treue hielten (Österreich 24.5 Jahre), sind es mittlerweile nur noch 20.6 Jahre (21.4 Jahre in Österreich).
Höhere Rendite bleibt wichtigstes Kundenbedürfnis
Ob die Kunden mit der Beratung zufrieden sind, hängt nach wie vor stark von der erzielten Rendite ab – und das unabhängig von der Marktphase. Denn seit dem ersten LGT Private Banking Report aus dem Jahr 2010 ist der Wunsch, dank der Beratung eine bessere Anlagerendite zu erzielen, eines der wichtigsten Beratungsbedürfnisse – das nach Ansicht der Private-Banking-Kunden allerdings weiterhin ungenügend erfüllt wird.
Die Renditeentwicklung der Anlagen ist auch der Bereich, der in den Kundengesprächen am häufigsten thematisiert wird, gefolgt von der langfristig-strategischen Ausrichtung des Anlageportfolios und den kurzfristig-taktischen Anlageentscheidungen.
Im Durchschnitt haben Berater und Kunde 15 Kontakte pro Jahr. Etwa die Hälfte davon sind Telefonate, gefolgt von E-Mail-Kontakten. Zwei- (Schweiz) bzw. dreimal (Österreich) im Jahr finden persönliche Treffen statt. Dabei zeigen sich enorme Unterschiede zwischen den Bankengruppen: Privatbanken weisen sowohl bei allen Interaktionskanälen und Kommunikationsmitteln als auch bezüglich der Gesprächsinhalte eine höhere Intensität auf (31 vs. 18 Kontakte pro Jahr).
Private-Banking-Kunden beschäftigen sich früh und detailliert mit der Nachfolgeplanung
Substanzielle Vermögenssummen werden in naher Zukunft an die nächste Generation vererbt werden. Das Private Banking steht damit vor der strategischen Herausforderung, das Geschäft an die Bedürfnisse und Verhaltensmuster der neuen Kundengeneration anzupassen. Schwierig gestalten könnte sich dies vor dem Hintergrund, dass oftmals keine aktive Beziehung des Kundenberaters zur Erbengeneration besteht. In der Schweiz kennt in rund der Hälfte der Fälle der Bankberater die erwachsenen Kinder des Kunden nicht, in Österreich in 30 Prozent der Fälle. Auffallend ist, dass Erbfragen in den Familien grundsätzlich früh und detailliert thematisiert werden – in der Schweiz in 35 Prozent und in Österreich in 29 Prozent der Fälle. Immerhin rund die Hälfte der Private-Banking-Kunden haben bereits in allgemeiner Form über Erbfragen gesprochen.
Nutzung Sozialer Medien bei Finanzthemen eher gering
Durch eine veränderte Kundenstruktur dürften künftig neue Technologien im Private Banking an Relevanz gewinnen. Grundsätzlich weisen Private-Banking-Kunden unter 49 Jahren eine höhere Affinität gegenüber neuen technologischen Möglichkeiten auf. Allerdings ist das «Alters-Gap» vergleichsweise moderat: Lediglich beim Einsatz von mobilen Telekommunikationsmitteln zeigt sich eine sehr grosse Differenz zwischen den bis 49-Jährigen und den über 69-Jährigen (5.4 vs. 2.5 auf einer Skala von 0 bis 10). Gar kein Unterschied zwischen den Altersgruppen ergibt sich bei der Verwendung von E-Mails – für rund zwei Drittel der Befragten ist die Kommunikation mit dem Kundenberater per Mail wichtig oder sehr wichtig. Zum Standard gehören mittlerweile auch E-Banking-Services: Ebenfalls zwei Drittel der Private-Banking-Kunden nutzen das E-Banking, um Depotinformationen abzufragen und um Aufträge an die Bank zu übermitteln.
Noch wenig Bedeutung im Zusammenhang mit Finanzthemen haben Social-Media-Dienste. Obwohl rund 40 Prozent der Befragten angeben, Social Media zu nutzen, werden diese Dienste in der Hälfte der Fälle nicht im Zusammenhang mit Finanzthemen eingesetzt. Wenn sie genutzt werden, dann meist nur, um sich allgemeine Informationen zu Wirtschafts- und Finanzfragen zu beschaffen. Eine aktive Interaktion mit der Community dieser Sozialen Dienste geschieht nur selten: Rund 15 Prozent der Befragten geben an, über Social Media Kontakte im Finanzbereich zu pflegen, und nur rund 10 Prozent tauschen sich mit anderen über Wirtschafts-, Finanz- und Anlagethemen aus.
Schweizer Private-Banking-Kunden mehrheitlich für die Einführung des automatischen Informationsaustauschs
Ein Thema, das seit längerem sowohl die Schweizer als auch die Österreicher Öffentlichkeit beschäftigt, ist die Einführung des automatischen Informationsaustauschs. Die im Zuge des LGT Private Banking Reports befragten Private-Banking-Kunden sind mehrheitlich für dessen Einführung gegenüber dem Ausland. In der Schweiz stimmten 10 Prozent auf jeden Fall zu, 51 Prozent unter bestimmten Bedingungen – wie der fairen Lösung für bisher unversteuerte Vermögen und der Involvierung sämtlicher wichtiger Finanzplätze. In Österreich stimmten 15 Prozent auf jeden Fall zu und 62 Prozent unter bestimmten Voraussetzungen.
Für Inländer hingegen lehnen die Schweizer Befragten eine Lockerung des Bankgeheimnisses ab: 56 Prozent sind gegen einen automatischen Informationsaustausch zwischen inländischen Behörden, nur 15 Prozent befürworten eine Lockerung des Bankgeheimnisses und 27 Prozent befürworten ihn unter bestimmten Bedingungen. In Österreich sind 40 Prozent der Befragten gegen eine Lockerung des Bankgeheimnisses gegenüber Inländern, 12 Prozent befürworten einen automatischen Informationsaustausch voll und ganz und 47 Prozent unter bestimmten Bedingungen. Die klare Mehrheit der Befragten betrachtet das systematische Sammeln von Informationen über unbescholtene Bürger durch den Staat als inakzeptable Verletzung der Privatsphäre. Vor allem in der Schweiz sind Anleger der Meinung, dass sich hinter der Kritik am Bankgeheimnis vor allem wirtschaftliche Interessen anderer Finanzplätze verbergen (77 Prozent der Befragten).
Quelle: LGT
Der „LGT Private Banking Report 2014“ kann hier direkt heruntergeladen werden.
Eine Präsentation mit den wichtigsten Ergebnissen finden Sie hier.