Wer heute bereits strategische Wettbewerbsvorteile von morgen sichern will, muss die Trends und Märkte von übermorgen erkennen und deuten können. Und so schwer ist das manchmal gar nicht. Mitunter muss man nur genau hinschauen.
Neue Technologien und Märkte frühzeitig erkennen? Innovativ sein? Das will wohl jedes Unternehmen. Prognosen sind jedoch besonders schwierig, vor allem dann, wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses Bonmot soll auf den Nobelpreisträger für Physik Niels Bohr zurückgehen, wird aber abwechselnd auch Karl Valentin, Mark Twain, Winston Churchill oder Kurt Tucholsky zugeschrieben.
Die Vergangenheit ist dagegen einfacher zu verstehen, zumindest die eigene. Je nach Lebensalter (oder formulieren wir es positiv: je nach vorhandener Lebenserfahrung) hat man eine Vielzahl von Veränderungen und Trendbrüchen selbst erleben dürfen. Dies sollte eigentlich helfen, den Blick für das, was kommt, zu schärfen. Vor allem aber zeigt einem das erlebte Leben gnadenlos die verpassten Trends und Gelegenheiten auf. Dabei wäre es so einfach gewesen, diese zu antizipieren. Beispiele gefällig?
Mobiltelefonie aus der Sicht der Dreißiger Jahre
Kennen Sie noch die schweren schwarzen Telefone, mit denen man seine Mitmenschen hätte erschlagen können. (Fragen Sie heute mal ein Kind, was eine Wählscheibe ist…) Es soll übrigens berühmte Bankvorstände gegeben haben, die mit den Dingern um sich geworfen haben.
Gar nicht so einfach, daraus die Entwicklung von Mobiltelefonen abzuleiten. Und dennoch, es gibt Menschen, die hatten diese Vision bereits in den 30er Jahren, z.B. Erich Kästner, der in seinem Kinderbuch „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“ schrieb
„Ein Herr, der vor ihnen auf dem Trottoir lang fuhr, trat plötzlich aufs Pflaster, zog einen Telefonhörer aus der Manteltasche, sprach eine Nummer hinein und rief: ‚Gertrud, hör mal, ich komme heute eine Stunde später zum Mittagessen. Ich will vorher noch ins Laboratorium. Wiedersehen, Schatz!‘ Dann steckte er sein Taschentelefon wieder weg...“
Damit hat Kästner nicht nur Handys, sondern auch die Spracherkennung in modernen Smartphones vorhergesehen. Ob Steve Jobs auch ein Kästner-Fan war und sich durch ihn zu Siri inspirieren ließ?
Raumschiff Enterprise macht’s möglich
Sind Sie auch ein Fan Star-Treck-Fan? Die ersten Folgen der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ mit Captain James T. Kirk und seinem ersten Offizier Commander Spock stammen aus den 60er Jahren und schon damals gab es (zumindest im Film) Videokonferenzen, Klapphandys, Computertomographie, Touchscreens, Sprachsteuerung von Computern und vieles mehr.
Eine meiner Lieblingsszenen entstammt dem 1986 nach der Fernsehserie entstandenen Kinofilm Startreck IV Zurück in die Gegenwart und zeigt Bordingenieur Scotty an einem Apple PC:
Das alles sollte es, so die damaligen Autoren, eigentlich erst im Jahr 2200 geben. Doch vieles ist bereits heute Realität geworden, während anderes, zumindest wenn man Wissenschaftlern glauben schenkt, nicht mal in 200 Jahren funktionieren wird, da es (zumindest nach den heute gängigen Theorien und Modellen) physikalisch unmöglich scheint.
Andererseits war die Erde früher einmal eine Scheibe und Theorien und Modelle entwickeln sich weiter. So experimentieren Wissenschaftler verschiedenster Fakultäten z.B. schon seit längerem damit herum, kleinste Partikel zu teleportieren. Wer weiß, vielleicht beamt uns Scotty eines fernen Tages wirklich an einen fernen anderen Ort.
Fünf Grundsätze zum Erkennen von Zukunftstrends
Um Zukunftstrends zu erkennen, muss man also einfach nur Kinderbücher aufmerksam lesen oder Science Fiction Filme schauen und die dort gezeigten Technologien extrapolieren und schon sieht man klar vor Augen, wie die Welt in 10, 20 oder 30 Jahren aussehen wird?
Leider ist es nicht ganz so einfach. Aber die Beispiele machen deutlich, dass dort wo wir heute noch von Science Fiction reden, sich bereits schon morgen neue Märkte eröffnen können. Die folgenden fünf Grundsätze können dabei helfen, vorhandene Chancen auch tatsächlich zu erkennen:
- Sind und bleiben Sie stets neugierig und hinterfragen Sie die Dinge und herrschende Regeln; vor allem die, die als unumstößlich gelten.
- Gehen Sie stets offen an neue Themen oder Vorschläge heran, egal, wie abstrus sie auf den ersten Blick aussehen und egal, von wem sie kommen mögen.
- Lassen Sie Querdenken (und Querdenker) und Kreativität im eigenen Institut nicht nur zu, sondern fördern Sie diese und zwar nicht nur im Innovations-Bereich (so es diesen überhaupt gibt).
- Betreiben Sie aktives Trend-Scouting und vergessen Sie dabei nicht, auch über die Grenzen der Finanzbranche und in wirtschaftsferne Bereiche hinauszublicken.
- Leisten Sie sich großzügige Budgets zum Ausprobieren neuer Ideen und Konzepte und erlauben Sie Trail & Error.
Damit alleine werden Sie noch nicht zum Propheten, rücken einer erfolgreichen Zukunft Ihrer Bank oder Sparkasse aber ein gutes Stück näher.