Innovationsmanagement ist im Zeitalter der digitalen Transformation eine wichtige Aufgabe in Banken. Über die Ziele und Aufgaben habe ich mich ausführlich mit Sven Möllmann, Innovationsmanager bei der ING DiBa, unterhalten.
Inzwischen gibt es wohl kaum noch Zweifler bei Banken, dass die Digitalisierung einen erheblichen Wandel mit sich bringt. Damit gewinnt das Management von Innovationen immer mehr Bedeutung. Immer mehr Institute gehen dazu über, dafür einen speziellen Bereich „Innovationsmanagement“ einzurichten, der spannende, zukunftsweisende Aufgaben übernehmen soll.
Über die dabei zutage tretenden Herausforderungen habe ich vor kurzem ein ausführliches Interview mit Remigiusz Smolinski, Innovationsmanager bei der comdirect bank AG geführt.
ING DiBa investiert in Innovationen
Auch die ING DiBa hat vor kurzem einen eigenen Bereich Digital Strategy & Innovation eingerichtet. Über die darin anfallenden Ziele und Aufgaben habe ich mich ausführlich mit dem Leiter dieses Bereichs, Sven Möllmann, unterhalten, den ich aus der gemeinsamen Zusammenarbeit bei OnVista kenne. Er ist im Bereich der digitalen Strategien seit über 10 Jahren erfolgreich unterwegs.
Banken müssen zu einem intelligenten Begleiter in Sachen Finanzen werden
Der Bank Blog: Wie lautet Ihre Vision für das Banking im Jahre 2025?
Sven Möllmann: Banking wird sich zukünftig noch viel stärker an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten und die Finanzen als einer Art intelligenter Begleiter optimieren. Schon heute haben Bankkunden dank Smartphone und Mobile Banking ihre Filiale in der Hosentasche. Diese Entwicklung – Anytime and Anywhere – seine Bankgeschäfte also immer und überall erledigen zu können, wird noch weiter gehen. Vielleicht sogar soweit, dass Bankgeschäfte mit nur noch einem Klick möglich sind.
Der Bank Blog: Was bedeutet Innovation für Sie und Ihr Institut?
Sven Möllmann: Innovation und die Bereitschaft neue Wege zu gehen sind zentrale Bestandteile unserer über 50jährigen Unternehmensgeschichte. Das sieht man auch daran, dass innovative Ideen aus nahezu allen Bereichen der Bank kommen. Wir haben Bankgeschäfte schon immer so komfortabel wie möglich für unsere Kunden gemacht – auch dank neuer Ideen und Innovationen.
Bei Innovationen kommt es auf Menschen und Strukturen an
Der Bank Blog: Welches sind für Sie die drei zentralen Faktoren für ein erfolgreiches Innovationsmanagement?
Sven Möllmann: Das sind für mich die folgenden:
- Der Mensch: Die Möglichkeit zur Veränderung des Mindsets und die Entwicklung neuer Skills.
- Die Organisation: Schnelle Entscheidungsprozesse und ggf. die Bereitschaft zur Veränderung. Mut und Offenheit zum Ausprobieren, auch wenn nicht jedes Projekt sofort vom Erfolg gekrönt sein wird.
- Angepasste Prozesse und Vorgehensmodelle: Agiles Arbeiten in kleinen, multidisziplinären Inkubator-Teams. Design Thinking und Lean Startup.
Der Bank Blog: Seit wann gibt es Ihr Innovations-Team? Wie viele Mitarbeiter umfasst es?
Sven Möllmann: Das Team besteht seit Oktober 2015, umfasst aktuell sieben feste Mitarbeiter und wird im Rahmen von Projekten punktuell aus weiteren Mitarbeitern der ING-DiBa, dem internationalen ING Netzwerk oder bei Bedarf durch externe Unterstützung verstärkt.
Der Bank Blog: Welche Aufgaben hat Ihr Innovations-Team?
Sven Möllmann: Primär sind wir auf die digitalen Kanäle und die digitale Customer Experience fokussiert. Grundsätzlich lässt sich die Aufgabe des Teams in drei Säulen beschreiben
- Analyse und Research:
Trends, Möglichkeiten und Kundenbedürfnisse identifizieren. - Knowledge Sharing und Inspiration:
Organisation und Förderung des Austauschs innovationsrelevanter Themen auf lokaler sowie internationaler Ebene der ING. - Entwicklung Validierung von Service und Produktideen (Value Propositions, MVP)
Der Bank Blog: Wo ist Ihr Innovations-Team angesiedelt? An wen wird berichtet? Wer im Vorstand ist zuständig? Wie kurz (oder lang) ist der Berichtsweg zum Vorstand?
Sven Möllmann: Das Team Digital Strategy & Innovation ist im Bereich Digital Channels angesiedelt. Tamara van den Ban, Leiterin Digital Channels, berichtet direkt an Vorstandsmitglied Katharina Herrmann. Dadurch sind die Kommunikations- und Abstimmungswege sehr kurz und schnell.
Der Bank Blog: Verfügt Ihr Innovationsteam über ein eigenes Investitions-Budget?
Sven Möllmann: Ja, haben wir.
Strukturierter mehrstufiger Innovationsprozess im Einsatz
Der Bank Blog: Haben Sie ein Standardvorgehen/eine Checkliste zur Analyse und Prüfung von neuen Entwicklungen, Produktideen, Innovationen etc.? Können Sie uns diese kurz beschreiben? Können Sie diese zur Verfügung stellen?
Sven Möllmann: Wir wenden einen strukturierten Innovationsprozess, „Pace“, an. Dieser beschreibt das Vorgehensmodell und enthält eine Toolbox.
Der Prozess besteht aus mehreren Phasen:
- Discover Phase: Ergebnis Validierte Definition der Idee/Vision
- Problem Fit: Ergebnis Validiertes Kundenproblem
- Solution Fit: Ergebnis Validiertes Lösungskonzept
- Market Fit: Ergebnis Validiertes Minimal Viable Product, validiertes Business Model
Die Validierung erfolgt immer mit dem Kunden bzw. Benutzer der Lösung.
Nach jeder Phase wird ein Entscheidungspfad durchlaufen.
Mögliche Ergebnisse: Weiter machen, anpassen oder stoppen.
Der Bank Blog: Testen Sie neue Ideen mit Kunden? Falls ja, wie?
Sven Möllmann: Ja, dies ist zentraler Bestandteil von „Pace“. Unter anderem Kundenbeobachtungen in realen Umgebungen und Fokus Gruppen. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Bestandteil für die Weiterentwicklung von Projekten.
Offenheit für Kooperationen ist wichtig bei Innovationen
Der Bank Blog: Arbeiten Sie bei Innovationen mit externen Unternehmen zusammen? Falls ja, mit welchen (Typen)?
Sven Möllmann: Um Innovationsführer im Bankenmarkt zu werden, nutzen wir alle verfügbaren Optionen. Das kann auch die Kooperation mit einem FinTech-Unternehmen oder eine Beteiligung daran sein. Wir müssen nicht alles selbst machen.
Grundsätzlich kommen vier Formen der Kooperation infrage:
- Die Bank kauft Services ein, die von einem FinTech-Unternehmen entwickelt wurden, und integriert sie in ihr eigenes Produktangebot.
- Die Bank verweist ihre Kunden gezielt auf das Produkt oder den Service eines FinTech-Anbieters, mit dem sie kooperiert.
- Die Bank und das FinTech-Unternehmen kooperieren, um ihre jeweiligen Produkte und Services gemeinsam im Markt zu platzieren, wie z.B. bei der Zusammenarbeit mit Online- Kreditvermittlungsplattformen.
- Die Bank entwickelt als Partner zusammen mit einem FinTech Unternehmen gemeinsame Ideen und Lösungen.
Der Bank Blog: Kaufen Sie White-Label-Lösungen ein? Haben Sie derzeit welche im Einsatz? Falls ja, welche?
Sven Möllmann: Das ist eine denkbare Alternative für uns, wenn der Service und das Produkt stimmen. Auch hier gilt, dass wir nicht immer alles selber machen müssen. Ein Beispiel ist die Videolegitimation von webID solutions.
Lernen für eine erfolgreiche Zukunft
Der Bank Blog: Ein wesentliches Element von Innovationen sind ja die damit verbunden Risiken. Gemeinhin wird ja gesagt, dass von 10 neuen Ideen 8-9 scheitern.
Wie würden Sie Ihr Risikomanagement beschreiben?
Sven Möllmann: „Scheitern“ ist aus meiner Sicht nicht der passende Begriff – denn aus einem vermeintlich gescheiterten Projekt können wir viel lernen. Wichtig ist es die Erkenntnis schnellstmöglich zu gewinnen, dass und vor allem warum ein Projekt nicht zielführend ist. Das wird bei uns durch „Pace“ sehr gut ermöglicht.
Der Bank Blog: Welches sind die entscheidenden Aufgaben in Ihrem Bereich für die kommenden 12 Monate?
Sven Möllmann: Das Team arbeitet unter anderem an konkreten Aufgaben, die sich in der Problem Fit und Solution Fit Phase befinden. Zusätzlich unterstützen wir aktuell dabei Pace in die Bank zu tragen.
Konkretere Projektthemen können wir leider noch nicht öffentlich kommunizieren. Was man im Moment aber sagen kann ist, dass wir uns aktuell unter anderem mit einer innovativen Lösung für das mobile Onboarding beschäftigen. Hier ist es das Ziel einen komplett digitalen und unterbrechungsfreien Prozess zu eröffnen.
Der Bank Blog: Vielen Dank für das Gespräch.