Kunden wollen Bankdienstleistungen am liebsten kostenlos in Anspruch nehmen. Um dem entgegenzuwirken, müssen Banken den Kundennutzen besser verdeutlichen und auch zum Bestandteil der Vertriebssteuerung machen. Interessante Erkenntnisse aus zwei Vorträgen.
Vor kurzem hatte ich ja ausgiebig Gelegenheit, mich beim Finance Forum Germany und dem FTD Bankentag auch über aktuelle Entwicklungen im Privatkundenbereich der Banken schlau zu machen.
Zwei Vorträge enthielten bemerkenswerte Aussagen zum hier angesprochenen Thema.
Kunden wollen nichts bezahlen
Da war zum einen der Vortrag von Johannes Schneebacher (Generaldirektor, Südtiroler Volksbank). Er machte in seinem Vortrag beim Finance Forum Germany über „Innovative Konzepte in einem wachsenden Markt“ zwei bemerkenswerte Aussagen zur Zukunft des Bankgeschäftes:
„Für die Leistungen, für die Kunden heute bezahlen, wollen sie morgen nichts mehr bezahlen.“
„Für die Leistungen, für die Kunden morgen bezahlen sollen, bezahlen sie heute nichts.“
Sicherlich sehr pointiert und zugespitzt, aber da ist viel dran, wie der fortschreitende Margenverfall bei Banken zeigt. Den Titel des Vortrags relativierte er übrigens mit vielen Fragezeichen dahingehend, dass er beim Wachstum des Marktes eher skeptisch ist.
Kundenutzen als Bestandteil des Vertriebscontrollings
Zum anderen war der Vortrag „Wachstumsmarkt Deutschland – das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank“ von Reiner Neske (Deutsche Bank Vorstand und CEO für das Privatkundengeschäft) beim FTD Bankentag ein Highlight. Er zeigte sich im Hinblick auf das zukünftige Potential des Privatkundengeschäftes eher optimistisch.
Wichtig, um das Potential auch für die Banken nutzbar zu machen, sei es jedoch, in Zukunft nicht mehr allein den Ertrag für die Bank zu sehen, sondern auch den Nutzen für den Kunden. Die Finanzkrise hat das Vertrauen vieler Bankkunden gestört, u.a. weil die Empfehlungen der Berater sich oft als falsch erwiesen hätten. Ein Grund für die schlechte Beratung sei das provisionsgetriebene Vertriebsmodell: Die Berater hätten vor allem die Produkte mit den höchsten Margen verkauft, die Bedürfnisse der Anleger oft eine geringere Rolle gespielt.
Neske zieht daraus den Schluss: „Wir können nicht diejenigen brauchen, die nur Aktionärsnutzen schaffen, aber auch nicht diejenigen, die ausschließlich den Kundennutzen im Blick haben“. Die Deutsche Bank sei daher dabei ein Modell zur Erfolgsmessung und Vertriebssteuerung einzuführen, das beide Aspekte berücksichtige.
Neske zeigte in einem Schaubild auf, wie das neue Modell im Anlagebereich funktionieren solle. Dabei wurden auf der Nutzenseite für den Kunden die Habenzinsen und der Ertrag aus Anlagen verbucht. Er machte aber auch deutlich, dass das Modell noch sowohl um andere Produktfelder als auch um qualitative Aspekte ergänzt werden müsse. Ziel des Vertriebs müsse es sein, „Fair Value“ zu schaffen.
Zusammenführung
Wenn man die Aussagen aus beiden Vorträgen übereinander legt, wird das Hauptdilemma der Banken deutlich: Kunden hinterfragen immer öfter den persönlichen Nutzen ihrer Bankverbindung und ihrer Bankgeschäfte. Kostenlos-Banking hat Hochkonjunktur, sei es im Giro- oder im Depotbereich. Dies führt zu einem Wettlauf der Brache um die besten „Billig“-oder Zusatzangebote mit der Folge, dass Qualität und Nutzen als Verkaufsargumente auf der Strecke bleiben. So war es u.a. auch möglich, dass in der Vor-Lehmann-Zeit viele Kunden dem verlockenden Zinsangebot der Kaupthing Bank blind gefolgt sind, ohne die Qualität der Bank zu hinterfragen. Einlagensicherung kostet eben auch Geld, um nur ein Beispiel zu nennen.
Nun würde fraglos kein Kunde statt eine Überweisung zu tätigen, das Geld persönlich von München nach Hamburg bringen wollen. Aber „Bezahlen“ möchte er dies nun auch nicht unbedingt, zumal neue Wettbewerber, wie PayPal die gleiche Überweisung, für die manch andere Banken immer noch 1-2 Tage benötigen in Minutenschnelle ausführt.
Insofern haben beide Referenten genau die richtigen Themen angesprochen:
Wie schaffe ich es als Bank, meine Leistungen angemessen zu bepreisen und wie verdeutliche ich meinen Kunden den Nutzen und damit den Wert dieser Leistungen.
Man darf gespannt sein, wie das endgültige neue Modell der Deutschen Bank hierzu aussehen wird und insbesondere, wie die Kundensicht dort abgebildet wird. Denn, diese These wage ich mal aufzustellen: Die Überleung, z.B. Zinserträge des Kunden als Nutzen darzustellen, mag zwar objektiv richtig sein, subjektiv wird der Kunde dies allerdings anders sehen. Schließlich ist es sein Geld, das er der Bank zur Verfügung stellt und wenn er 2% dafür erhält, die Bank aber auf dem Girokonto 12 % Sollzinsen verlangt, dann ist der subjektive geldwerte Nutzen aus den beiden Geschäften sicherlich aus Kundensicht eher negativ…
Wie würden Sie das als Kunde sehen? Was würden Sie als Kundenutzen in eine Bewertung des Vertriebserfolgs einfließen lassen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.