Von der Schockstarre zur Aufbruchsstimmung

Perspektiven für die digitale Bank

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Die Abwicklung von Bankgeschäften erfolgt schon lange rein digital. Dennoch tun sich Geldinstitute mit der Digitalisierung scheinbar schwer. Dabei eröffnen innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz und Machine Learning völlig neue Möglichkeiten.

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Immer wieder werde ich darauf angesprochen, was die Digitalisierung für das Bankenwesen bedeutet. Häufig wird in Frage gestellt, ob Banken innovativ genug sind, oder ob sich das Geschäftsmodell nicht schon lange überlebt hat. Ist es nicht paradox, dass gerade die Bankenindustrie – eine Branche, die quasi rein digital stattfindet – bei der Diskussion um die Digitalisierung so in Frage gestellt wird? Mich wundert es schon, da gerade die Banken über enorme Datenmengen verfügen. Wie kann in einer Zeit wie heute, in der Daten als das Öl des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden, in Bezug auf Banken eine so große Skepsis entstehen?

IT-Altlasten behindern neue Technologien und Innovation

Beim genauen Betrachten der Branche erkennt man schnell, dass die lange Erfahrung und der Einsatz von Informationstechnologie in der Bankwirtschaft neben enormen Datenmengen natürlich auch jede Menge Altlasten – sprich Legacy – mit sich gebracht haben. Große Teile der Budgets fließen somit in den Betrieb, die „Run the Company“-Aufgaben der Banken. Dazu kommt, dass man bedingt durch die Regulierung der Branche vor allem damit beschäftigt ist, seine Ressourcen für Regulierungsanforderungen einzusetzen und „neue Themen“ der Fach- und Innovationsbereiche zu kurz kommen. Die Banken und IT-Abteilungen würden schon gerne „Change the Company“-Aktivitäten starten, aber leider fließt der Großteil der Ressourcen in die weniger spannenden Themen. Verständlicherweise stellt sich unter den Kollegen aus den Fachbereichen eine gewisse Frustration ein, dass so wenig Innovationskraft für ihr eigentliches Kerngeschäft übrig bleibt.

Befeuert wird die ganze Diskussion noch dadurch, dass die zahlreichen FinTechs am Markt mit breiter Brust demonstrieren, was im Bankensegment mit neuen digitalen Technologien so alles möglich ist. Schnell, agil, benutzerfreundlich, modern – so schön kann Banking sein. Bei aller Euphorie wird dabei oftmals vergessen, dass man hier Äpfel mit Birnen vergleicht, nämlich einen Miniaturausschnitt mit einem Gesamtapparat samt zahlreicher Abhängigkeiten und Vorgaben. So ist eine sachliche Auseinandersetzung nur bedingt möglich. Zweifelsfrei lässt sich aber beobachten, dass die gewachsenen Strukturen und Prozesse zum Teil verhindern, die Potenziale neuer Technologien oder Herangehensweisen zu heben.

„Daten“, „Informationen“ und „Wissen“ als wertvollstes Asset der Banken

In diesem Umfeld wäre man allerdings durchaus in der Lage, Wissen und neue Erkenntnisse für neue Dienstleistungen und Dienste zu schaffen. Banken besitzen ein unschätzbar wertvolles Wissen, das sich aus dem zu korrelierenden Datenmaterial über Mittelströme, Kundenverhalten und Unternehmensverhalten generieren lässt. Der Rohstoff ist also vorhanden – und das über einen unschätzbaren Zeitraum. Das, was dank Machine Learning und Artificial Intelligence eine ganz neue Ära an Automatisierung und Entscheidungsfindung einläuten wird, könnte genährt werden. Womit? Mit den vorhandenen Daten und am Markt verfügbaren Technologien. Die Banken haben die große Chance, ihre Branche durch den Einsatz moderner Technologie-Plattformen neu zu denken. Die neue Formel zur Digitalisierung unserer Lebenswelten lautet: „Intelligently connecting People, Things and Businesses“. Und dafür sind alle Bestandteile vorhanden. Die vorhandenen physischen Dinge in ihrer Bewertung als Mittel, welche durch Vernetzung in beliebigen Strömen unter den beteiligten Akteuren fließen, stellt die Verschmelzung der realen Welt mit der digitalen Welt dar. Und alle damit verbundenen Dienstleistungen der Wertflüsse bilden die Grundlage für die Bankenindustrie.

Beginn einer neuen Epoche in der Bankenwelt

Natürlich darf dabei nicht die genaue Analyse des Bedarfs an Dienstleistung von Einzelpersonen und Firmen vernachlässigt werden. Ebenso gilt es zu beachten, dass neue Technologien auch neue Methoden und Verhaltensweisen mit sich bringen und etablierte Abläufe verändern oder gar ersetzen können. Hat man dieses verstanden und erkennt auch, was der Markt/Kunde benötigt, steht man am Anfang einer neuen Epoche in der Bankenwelt. Viele Menschen würden das klassische Bankgeschäft auch gerne auf die nächste Ebene heben – einfacher, bequemer, sicherer – man muss nur damit beginnen, es zu tun.

So wie sich die Banken verändern können, können sich auch die Kunden verändern – und genau das werden sie tun. Darin steckt die große Chance für alle Beteiligten. Vom Kunden bis zu den Banken. Technisch wäre das Feld bestellt… jetzt geht es nur noch darum, alle daran teilhaben zu lassen.

Über den Autor

Rolf Schumann

Rolf Schumann ist bei SAP als General Manager Platform and Innovation global für alle Go-to-Market Aktivitäten für den Geschäftsbereich SAP Cloud Platform zuständig. Er berät Vorstände und Führungskräfte in Unternehmen hinsichtlich Innovationen, neusten SAP Entwicklungen und Konzepten, um sie bei ihrer digitalen Transformation zu unterstützen. Zu seiner Rolle gehört es auch, die Kunden- und Marktperspektive als Mitglied im internationalen Führungsteam der SAP zu vertreten. Davor leitete er als Chief Technology Officer den Bereich Platform und Innovationen in Europa. Schumann hat ein Diplom in Wirtschaftsinformatik der Universität Mannheim und einen Master of IT Management der ZfU International Business School in der Schweiz. Zudem ist er Autor der Bücher „Simplify your IT” und „Update – Warum die Datenrevolution uns alle betrifft”.

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