Kostenlose Girokonten sterben aus. Als Folge der Niedrigzinsphase erhöhen Banken und Sparkassen ihre Kontoentgelte auf breiter Front. Die Institute sollten ihre Kunden aber nicht an der Nase herumführen, sondern auch bei Preisen auf Transparenz achten.
Die wenig schmeichelhafte Auszeichnung als „Mogelpackung des Jahres“ gewann kürzlich Evian, das Mineralwasser von Danone Waters. Danone hatte die Füllmenge der Evian-Flasche von 1,5 auf 1,25 Liter reduziert; zugleich hob der Handel den Preis an. Unter dem Strich betrug die teils versteckte Preiserhöhung in einigen Supermärkten bis zu 50 Prozent, rügte die Verbraucherzentrale Hamburg.
Neue Entgelte, geschickt kaschiert
Als Verbraucherschützerin kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch in der Kreditwirtschaft diverse Mogelpackungen auf dem Markt sind. Ja, viele Banken und Sparkassen brauchen dringend neue Erlösquellen, seit die Zinsen am Boden sind. Der Zahlungsverkehr und die damit verbundenen Dienstleistungen sind zum attraktiven Umsatzbringer geworden. Aber muss es sein, dass manche Institute dabei nicht mit offenen Karten spielen, sondern – so der Anschein – Entgelte lieber vor ihren Kunden verstecken?
Heimliche Qualitätsverschlechterung, sprich weniger Leistungen fürs gleiche oder sogar für mehr Geld, als „neu“ angepriesene, aber kaum veränderte Produkte, die dann teurer verkauft werden, versteckte Kostendetails, irreführende Werbung: Manche Tricks aus der Lebensmittelindustrie finden auch in der Finanzbranche Anwendung.
Das Alles-neu-Prinzip
Neue Kontomodelle mit anders zusammengestellten Leistungspaketen suggerieren Kunden einen Mehrwert. Bisweilen kaschieren sie aber auch Preiserhöhungen. So verabschiedete sich die HypoVereinsbank Mitte 2016 vom kostenlosen Girokonto und führte neue Modelle ein. Heute gibt es deren drei: ExklusivKonto (14,90 Euro/Monat), PlusKonto (7,90 Euro), Aktivkonto (2,90 Euro plus 5 Euro für die EC-Karte). Kunden können ihre Kontokosten um 25, 50 oder 100 Prozent reduzieren, wenn sie weitere Finanzprodukte der Bank kaufen wie Bausparverträge oder Fondsparpläne. Glückwunsch dem Kunden, der da bei der Kontowahl noch den vollen Durchblick hat.
Kostenlos – aber nur mit Sternchen
Obwohl die wirklich kostenlosen Girokonten inzwischen Seltenheitswert haben, werben noch immer einige Banken damit – aber an dem Wort „kostenlos“ hängt oft ein Sternchen, das Einschränkungen signalisiert. Das zeigt auch eine Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW Anfang März. So endet etwa bei der Aachener Bank die entgeltfreie Online-Kontoführung (Modell VR-Net) ab dem 51. Buchungsposten im Monat. Für jeden weiteren Posten wird kassiert, je nach Vorgang zwischen 0,40 bis 2,50 Euro.
Beim komplett kostenlosen Konto sollte natürlich auch die Bankkarte mit enthalten sein. Dies ist zum Beispiel bei der Sparda-Bank West nicht der Fall, die zehn Euro pro Jahr verlangt.
Auch die Commerzbank wirbt mit einem kostenlosen Girokonto. Aber nur wer die angehängte Fußnote liest, entdeckt den dafür erforderlichen Mindestgeldeingang von 1.200 Euro pro Monat. Zudem kostet jede beleghafte Überweisung 1,50 Euro extra. Die Verbraucherzentrale NRW hat die Commerzbank kürzlich abgemahnt, weil diese auf ihrer Webseite den Inhalt der Fußnote so weit unten erläuterte, dass der Kunde erst die Seite herunterscrollen musste.
Versteckte Entgelte
Viele Entgelte stehen häufig für den Kunden nicht klar erkennbar im Kleingedruckten und/oder sind sehr kleinteilig formuliert, so dass der Überblick verloren geht. So bewirbt eine nordrhein-westfälische Sparkasse ein Konto damit, dass die Kunden mit der Sparkassenkarte an tausenden Automaten der Sparkassengruppe kostenlos Geld abheben können. Blättert man im Preisverzeichnis weiter, ist dort jedoch ein Entgelt von 0,30 Euro genannt, wenn der Kunde an Automaten anderer Sparkassen Geld abhebt.
Angesichts der vielen Fälle ist es kein Wunder, dass bei der Verbraucherzentrale die Kundenanfragen zunehmen, sobald wieder eine Bank die Entgelte erhöht oder neue Kontomodelle einführt. Wir raten den Kunden trotz häufiger Intransparenz, mehrere Anbieter zu vergleichen, und – wenn es zu ihren Bedürfnissen passt – zum Mut zum Wechsel.
Weil diese früher kaum ausgeprägte Bereitschaft langsam, aber stetig zunimmt, dürften sich Mogelpackungen über kurz oder lang rächen. Kunden, die erst durch mühsame Recherchen oder per Zufall entdecken, wofür sie neuerdings zur Kasse gebeten, fühlen sich getäuscht. Ohnehin werden Verbraucher angesichts steigender Kontopreise kostensensibler. Und sie schrecken nicht mehr so stark vor der umständlichen Umstellung dutzender Daueraufträge und Lastschrift-Ermächtigungen zurück. Denn die ist einfacher geworden dank der nun gesetzlich vorgeschriebenen Kontowechselhilfe und FinTechs, die aus der Unterstützung beim Bankwechsel ein Geschäftsmodell machen. Langfristig sollte sich daher für die Kreditwirtschaft ein fairer, transparenter Umgang mit ihren Kunden in Sachen Entgelte auszahlen.