Der Markt für nachhaltige Investments wächst seit Jahren und ist im Begriff, den Nischenmarkt zu verlassen. Schon heute ist es für Finanzinstitute riskant, ESG-Kriterien nicht zu berücksichtigen – und das Risiko steigt weiter an.
Der Markt für nachhaltige Investments wächst seit Jahren. Laut des Anfang Juni veröffentlichten Berichts des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) sind die Investments 2016 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent auf knapp 157 Milliarden Euro angewachsen. Nachhaltigkeit gewinnt im Finanzsektor zunehmend an Relevanz.
Doch was bedeutet Nachhaltigkeit für Banken überhaupt? Von nachhaltigen Finanzgeschäften spricht man dann, wenn neben den klassischen Kriterien Rendite, Sicherheit und Verfügbarkeit auch ökologische, soziale und Governance Aspekte berücksichtigt werden. Nachhaltigkeit in der Finanzindustrie wird oft mit der Anwendung der ESG-Kriterien (Environment Social Governance) gleich gesetzt.
Die spannende Frage für Banker ist in meinen Augen nicht, was passiert, wenn wir die ESG-Kriterien berücksichtigen, sondern ob wir es uns überhaupt leisten können, sie nicht zu berücksichtigen. Wie hoch sind die Risiken, wenn wir nicht nachhaltig agieren?
Nehmen wir etwa den Klimawandel: Welche ökonomischen, ökologischen und sozialen Krisen die Nichteinhaltung der Klimaziele für die gesamte Menschheit nach sich ziehen würde, ist kaum vorherzusehen. Das Risiko ist unkalkulierbar. Damit sind es auch Risiken für Banken. Somit geht bereits jetzt die Finanzierung von Öl- oder Kohleindustrie mit erheblichen Risiken einher. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass sich „Divesting“ immer stärker verbreitet.
Banken haben einen großen Hebel
Wie groß der Hebel ist, der Banken in diesem Zusammenhang zu Verfügung steht, zeigt ein Beispiel der Verbraucherzentrale Bremen: Die Verbraucherschützer haben vor kurzem Jahren den Klimafußabdruck von Aktienfonds untersucht. Schon bei einer Investition von 1.000 Euro waren die Unterschiede enorm: Zwischen dem klimaschädlichsten und dem klimafreundlichsten Fonds lagen 741 Kilogramm CO2. Die Differenz entspricht in etwa dem Ausstoß an Treibhausgasen, der bei einer Autofahrt über 4.600 Kilometer entsteht – also einer Fahrt vom Nordkap bis nach Neapel.
Abgesehen von den generellen Risiken, lauern in der Ignoranz von ökologischer Nachhaltigkeit auch Gefahren für einzelne Unternehmen. Ein Beispiel ist der Atomausstieg der Bundesregierung. Die großen Versorger wurden davon auf dem falschen Fuß erwischt. Das zentrale Geschäftsfeld der Energiekonzerne fiel dadurch weg. Die Versorger mussten sich neu ausrichten – mit den hinlänglich bekannten Folgen.
Nicht minder risikoreich als die Nichteinhaltung von ökologischen Kriterien, können für Unternehmen Verstöße gegen soziale Mindeststandards sein. Dies trifft auch dann zu, wenn die Verstöße nicht direkt von den Unternehmen begangen wurden, sondern bei Zulieferern auftraten. Als 2013 die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte und Tausende Menschen zu Tode kamen, stellte dies ein enormes Reputationsrisiko für die Textilkonzerne dar, die dort Teile ihrer Kollektionen produzieren ließen. Bis heute sind sie damit konfrontiert.
Ein ähnliches Reputationsrisiko sind die Berichte aus Südamerika über angebliche Arbeitsrechts- und Umweltverstöße von Bergbaukonzernen – aktuell betrifft dies etwa den Schweizer Bergbaugigant Glencore, über dessen Fall erst kürzlich das ZDF „Heute-Journal“ berichtete und so ein Millionenpublikum erreichte. Auch für die finanzierenden Banken können daraus erhebliche Reputationsrisiken entstehen.
Was heißt das alles nun für die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Bankstrategie? Die Gesellschaft erwartet, dass ESG-Kriterien bei jedem Unternehmen Berücksichtigung finden. Die Risiken, dies zu ignorieren, sind für Banken erheblich. Der Zuspruch für nachhaltige Finanzprodukte wächst. Nicht zuletzt zeigen dies Nachhaltigkeitsbanken wie die Triodos Bank, mit ihrem überdurchschnittlichen Wachstum.