Management-Nachwuchs!

Vier Länder – Vier Banken - Vier Bewerberinterviews

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Der Management-Nachwuchs in Banken und Sparkassen erwartet heutzutage mehr als nur Geld. Themen wie Work-Life-Balance und soziale Einstellung sind manchen Kandidaten ebenfalls wichtig, wie ein nicht ganz ernstgemeinter Blick auf vier Bewerberinterviews zeigt.

Banking mit einem Augenzwinkern

Lustiges, Humorvolles und mitunter auch Nachdenkliches für Banker
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Frankfurt, 14 Uhr im Büro einer Großbank

„Na Alter, alles senkrecht?“ Der Vermummte wartet erst gar nicht auf eine Einladung und lässt sich in den freien Stuhl vor dem Schreibtisch des Personalchefs einer altehrwürdigen Privatbank fallen.

„Wie jetzt? Also unser jährliches Kostümfest ist erst in ein paar Monaten, da sind sie wohl etwas zu früh dran.“ Dr. Klaus Koppe schaut sich genau in seinem Büro um, denn er kennt die Sendung mit der versteckten Kamera.

„Nee nee, ich bin wegen der Führungsposition da. Und bevor ich mich euch imperialistischen Kapitalisten und eurer omnipräsenten Videoüberwachung zu erkennen gebe, stelle ich erst mal meine Forderungen!“

„Interessant.“, spielt Dr. Koppe mit, da er sich noch immer mitten in einer Klamauk-Sendung vermutet.

„Genau! Also erstens: ich will Freiheit für die unterdrückten Massen! Zweitens: 5000 Euro Grundsicherung für alle. Und zwar monatlich. Und drittens: Umverteilung der Vermögen durch eine Vermögensteuer von 80 Prozent jährlich.“

„Soso.“ Dem Personalchef entkommt ein flüchtiges Lächeln. Diese Kollegen denken sich doch immer wieder neue Scherze mit ihm aus. Natürlich ist er kein Spielverderber.

„Tja dann, schauen wir uns mal ihre Qualifikationen an. Was haben sie denn studiert?“

„Gerade habe ich einen Autonomen-Lehrgang vor Ort absolviert. Inklusive Motivationstraining für verwirrte Wohlstandskinder und einen Schnellkurs in Brandsatzbau.“

„Faszinierend. Aber was wollen sie denn mit ihren Qualifikationen in einer Bank?“

„Wir korrumpieren jetzt das System von innen heraus, Alter. Also, was ist mit der Kohle?“

„Na wenn das so ist,“ und Dr. Koppe lächelt telegen in ein Bohrloch in der Wand, welches er noch immer für eine Minikamera hält, “Willkommen an Bord.“

Management-Nachwuchs für Banken und Sparkassen

Der Management-Nachwuchs für Banken und Sparkassen erwartet mehr als nur Geld

Mumbai, 21 Uhr im Büro einer Regionalbank

„Namaste!“ Die junge Frau tritt selbstsicher vor den Arbeitsplatz der Personalreferentin.

„Namaste! Tut mir leid, dass sie so lange warten mussten!“

„Es waren nur zwei Stunden, kein Problem. Für die Karriere muss man eben auch etwas tun.“

„Mir gefällt ihre Einstellung. Ich gehe davon aus, dass sie nur Abschlüsse von den besten Universitäten haben?“, fragt die Personalistin.

„Selbstverständlich!“

„Gut, gut. Ich muss sie allerdings vorwarnen: wir erwarten sehr viel von unserem Management-Nachwuchs. Wir beginnen sehr früh und arbeiten lange. Sie werden wenig Zeit für ihre Familie haben.“

„Das ist mir bewusst. Dafür darf ich ja in einer internationalen Bank arbeiten.“

„Gut, dass sie das ansprechen. Sind sie auch bereit zu reisen? Unser Trainee-Programm sieht Aufenthalte in unseren Niederlassungen in Europa und den USA vor.“

„Kein Problem, ich freue mich schon darauf.“

„Das klingt ja hervorragend. Sie wissen, dass wir nur ein geringes Anfangsgehalt bezahlen und überdurchschnittlichen Einsatz erwarten?“

„Perfekt, das ist besser als jedes andere Jobangebot, das ich habe. Wo darf ich unterschreiben?“

Zürich, 10 Uhr morgens im Büro einer Schweizer Privatbank

„Das nenne ich brutal. Dürfen sie das überhaupt?“ Der Hipster mit dem kunstvoll gestutzten Vollbart wirft seinen Retro-City-Rucksack achtlos auf den Schreibtisch der Personalchefin.

„Um Himmels willen, was ist ihnen denn passiert?“ Die Personalistin ist im ganzen Unternehmen für ihre Feinfühligkeit bekannt.

„Na diese Uhrzeit. Wissen sie, wie spät es gestern bei mir war? 4 Uhr früh! Und dann soll ich um 10 Uhr bei ihnen antanzen. Das erwarten sie aber nicht jeden Tag von mir, oder?“

„Hmmm.“

„Also ich sage ihnen gleich: ich möchte nur für ein Unternehmen arbeiten, welches die Arbeitnehmer als Individuen voll akzeptiert. Wie schaut denn ihre Work-Life-Balance Policy aus? Gleich vorweg: die Abende ab 16 Uhr und die Wochenenden sind mir heilig! Und da bin ich auch nicht erreichbar. Für niemanden!“

„Aha?“

„Genau. Ich engagiere mich nämlich gegen Atomstrom, Fracking, SUV´s in der Großstadt und gegen die Globalisierung.“

„Sie wissen aber schon, dass wir ein amerikanisches Unternehmen sind, bei dem sie anheuern wollen?“

„Zu genau soll man die Dinge auch nicht hinterfragen. Wie schaut es denn mit den Sozialleistungen hier aus? Haben sie denn einen betriebsinternen Achtsamkeitsberater? Und wie halten sie es mit der Burn-Out Prävention? Ich fühle mich schon etwas unter Stress gesetzt durch diese profitgetriebenen Prozesse hier.“

„Tja, da kann ich …“

„Bevor sie weiterreden: ich mache natürlich auch keine Überstunden. Genauer gesagt habe ich mir vorgestellt, dass ich nur von zu Hause aus arbeiten möchte. Wir hippen Jungen sagen Homeworking dazu.“

„Ach, tun sie das?“

„Ja! Übrigens: habe sie schon die 30 Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich in ihrem Unternehmen umgesetzt? Sonst brauchen sie sich gar nicht um mich bemühen.“

„Ja, dann werden wir sie leider ziehen lassen müssen. Darf ich ihnen aber wenigstens die Adresse von einem unserer Mitbewerber geben?“

Wien, 19 Uhr im Büro eines Banking Headhunters

„Grüß Gott!“ Die sonore Stimme des hochgewachsenen älteren Herrn schallt eindringlich durch die Empfangshalle des Headhunters. Wie es sich für einen zielstrebigen Manager gehört, findet er ohne Umschweife das Chefzimmer.

„Herr Generaldirektor! Sie hier?“, der Berater staunt nicht schlecht, als der frühere CEO einer großen Regionalbank seinen Kopf in das Büro steckt.

„Was darf ich für sie tun? Ich dachte, sie wären erst vor kurzem in den wohlverdienten Ruhestand gegangen?“

Die beiden nehmen in der bequemen Besprechungsecke Platz.

„Tja, kurz heraus, ich bin an der Position der Nachwuchs-Führungskraft interessiert, für die sie gerade ein Talent suchen.“, beginnt der gerade einmal 68jährige und schnippt einen imaginären Fussel von seinem Hosenbein.

„Aber sie werden doch nicht wieder von ganz unten beginnen wollen? Nach ihrer tollen Karriere! Wollten sie sich nicht der Schriftstellerei widmen?“ Der Headhunter war ziemlich sicher, etwas Ähnliches in den Medien gelesen zu haben.

„Ja, schon.“, gesteht der nunmehrige Pensionist charmant ein, „Aber sind wir uns ehrlich, das ist ein bisserl fad.“

„Ob da ein Trainee-Job für sie das Richtige ist?“ Der Consultant hat seine Zweifel. „Was stellen sie sich denn für Aufgaben vor?“

„Das ist ganz einfach: ich brauche ja nur ein Büro. Fürs erste. Und eine Assistentin wäre auch nicht schlecht. Ach ja, und ein Budget für Dienstreisen und die Bewirtung von Gästen.“ Der ehemalige CEO nickt nachdenklich und fügt hinzu: „Ich habe viele Gäste!“

„Aber was wollen sie denn für ihren neuen Arbeitgeber tun?“

„Na, ihn beraten, natürlich.“

„Hauptberuflich?“

„Hauptberuflich!“

„Sie kennen aber schon das Einstiegsgehalt einer Nachwuchsführungskraft?“

„Guter Punkt. Wissen Sie, wieviel man als Schriftsteller verdient?“

„Stimmt auch wieder. Also, willkommen im Team.“

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Über den Autor

Michel Lemont

Michel Lemont ist seit mehr als 35 Jahren in Bankenwesen tätig. Er war in verschiedenen Bereichen der Finanzindustrie tätig, unter anderem im Vertrieb, im Marketing und zuletzt im Umfeld des Zahlungsverkehrs. In seinen Aufgabenbereich fallen unter anderem regulatorische Themen, das Management von Zahlungsverkehrs-Infrastrukturen sowie die Arbeit in nationalen und internationalen Gremien im Bereich Payments. Ein besonderes Anliegen sind ihm Innovationen im Bankenbereich und das "Querdenken". Michel Lemont ist Autor des Buches „Bankers have more fun“ und betrachtet das Bankwesen gerne von der humoristischen Seite. Er ist verheiratet und Vater einer Tochter.

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