Gegenwärtig ist London der größte Finanzplatz Europas. Infolge des Brexit könnte sich das ändern. Doch welche Folgen hat ein harter Brexit für Banken in Großbritannien und der EU?
Großbritannien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zum größten Standort für Banken und Finanzdienstleistungen in Europa entwickelt: Allein in London arbeiten mehrere Hunderttausend Menschen im Finanzgewerbe; der Finanzsektor im ganzen Vereinigten Königreich hat einen Anteil von 12 Prozent an der britischen Wirtschaftsleistung.
Finanzplätze London und Frankfurt im Vergleich
Die folgende Grafik vergleicht einzelne Dimensionen der Finanzplätze London und Frankfurt und zeigt die Größenunterschiede auf.
Brexit Der Finanzplatz London
Viele außereuropäische Banken aus den USA und Asien haben ihre europäische Hauptniederlassung in London. Solange das Vereinigte Königreich Mitglied der Europäischen Union ist, bedeutet dies, dass die Institute in der ganzen EU grenzüberschreitende Geldgeschäfte tätigen können. Grundlage hierfür ist der sogenannte Finanzpass. Er gewährleistet, dass eine Bank, die in einem EU-Mitgliedstaat ihren Hauptsitz oder eine große Niederlassung hat und dort der Finanzaufsicht unterliegt, ihre Dienste auch in allen anderen Mitgliedstaaten anbieten darf – ohne dort ebenfalls große Niederlassungen unterhalten zu müssen und ohne eine Doppel-Beaufsichtigung durch die dortigen Behörden.
Sollte das Vereinigte Königreich den Zugang zum Binnenmarkt verlieren, hätte das weitreichende Folgen, nicht nur für den Finanzsektor Londons, sondern auch für die Banken in der übrigen EU. Den mit dem Brexit steht auch der Finanzpass auf dem Spiel.
Die britische Interessenvereinigung der Finanzbranche „City UK“ drängt zwar darauf, dass die Regierung in den bevorstehenden Verhandlungen die bisherigen Vorteile rettet. Wenn Großbritannien nach Ende der Austrittsverhandlungen nicht mehr Teil des Europäischen Binnenmarktes sein wird, spricht allerdings alles dafür, dass in London beheimatete Finanzhäuser den ungehinderten Zugang zum Finanzmarkt der Europäischen Union mit dem Brexit verlieren werden.
In dem Falle müssten sich die Finanzdienstleister einen zusätzlichen Sitz in der EU suchen, wobei die Europäische Zentralbank obendrein betont hat, dass zentrale Funktionen wie das regionale Management oder die interne Revision auch tatsächlich in der EU angesiedelt sein müssten. Inzwischen haben verschieden Banken angekündigt, ihre Präsenz im Euro-Raum auf Kosten des Standorts London zu stärken, und diesbezüglich erste Schritte eingeleitet.
Folgen eines harten Brexits für die Banken
Der Bankenverband hat die möglichen Auswirkungen und Handlungserfordernisse für Banken bei einem harten Brexit in der folgenden Präsentation zusammengefasst:
Der Bankenverband geht grundsätzlich davon aus, dass die Finanzplätze innerhalb der EU27 mittelfristig an Bedeutung gewinnen werden. Dabei werden sich heute in London erbrachte Aktivitäten voraussichtlich auf verschiedene nationale Finanzplätze verlagern und sich abhängig von der Finanzdienstleistung unterschiedliche Zentren entwickeln.
Ungeachtet dessen dürfte London aber der wichtigste Finanzplatz in Europa bleiben. Für die deutschen Banken ist wichtig: Auch nach einem Brexit muss es ein Level playing field geben. Unterschiedliche Regulierungsstandards wären der Finanzstabilität nicht förderlich. Davon abgesehen gilt es, die enge Verknüpfung der Märkte möglichst aufrechtzuerhalten.