„Dating“ für Banken

Europäische Banken auf Konsolidierungskurs

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Europäische Banken sind derzeit bei Investoren wenig beliebt. Das liegt vor allem an der fehlenden Profitabilität, die vor dem Hintergrund immer höherer regulatorischer Anforderungen immer kritischer wird. Eine Konsolidierungswelle könnte bevorstehen. 

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Profitabilität bleibt für europäische Banken seit Jahren ein wunder Punkt: Die im Stoxx 600 vertretenen Banken haben 2016 einen ökonomischen Verlust von 130 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dementsprechend waren Banktitel am Aktienmarkt unbeliebt. Auch wenn die Kursentwicklung europäischer Bankaktien seit Jahresbeginn positiv ist, spiegelt sie in erster Linie die wirtschaftliche Entwicklung und die (Hoffnung auf) Abschwächung zukünftiger regulatorische Reformen wider. Zahlreiche Kostensenkungsprogramme und strategische Neuausrichtungen haben für die meisten Banken noch nicht zur gewünschten Zielprofitabilität geführt. Daher stellt sich für viele die Frage, ob die Überwindung der aktuellen strukturellen Effizienzschwäche „standalone“ möglich ist.

Transaktionen zum Erreichen von Kostensynergien

Die Profitabilitätssteigerung ist für Banken auch notwendig, damit sie wieder zu einem attraktiven, langfristigen Anlageziel für Investoren werden. Aktuell tun sie sich aber mit entsprechenden Lösungen schwer: Beispielsweise können manche Institute eine spürbare Effizienzsteigerung in ihren Middle- und Backoffices nur bei höherer Geschäftsaktivität erreichen. Fehlt das marktseitige Wachstum, bleibt noch die Möglichkeit, Skaleneffekte „jenseits“ der eigenen Größe zu erreichen. M&A stellt hierbei zwar nicht den einzigen, jedoch den strategisch naheliegenden Hebel dar.

Vor diesem Hintergrund ist ein Anstieg der Transaktionen im Bankenmarkt wahrscheinlich – auch wenn sich die M&A-Aktivität in der Branche derzeit noch nahe ihrem Allzeittief bewegt. Unsere aktuelle Analyse prognostiziert eine signifikante Zunahme der M&As unter oder mit Beteiligung deutscher Institute. Innerhalb der nächsten fünf Jahre könnten Transaktionen im Gesamtwert von insgesamt 35 bis 50 Milliarden Euro erfolgen. Ziel dieser M&As ist vor allem das Erreichen von Kostensynergien, um notwendige Effizienzsteigerungen zu realisieren und ökonomische Profitabilitätslücken einzudämmen. Weitere Deal-Rationale umfassen die (kurzfristige) Entlastung von Kapitalquoten durch strategische Divestments, das Erlangen neuer digitaler Fähigkeiten und das Expandieren in profitablere Länder oder Geschäftsfelder. Diese Beweggründe waren in den vergangenen 18 Monaten bei Transaktionsprozessen zu beobachten.

Potenzielle Heilsbringer bergen Gefahren

Einige Marktteilnehmer und -beobachter drängen öffentlich auf eine Konsolidierung des Sektors. Auch wenn Zusammenschlüsse strategisch attraktiv scheinen mögen, müssen beteiligte Institute frühzeitig alle Werthebel einer Transaktion identifizieren und analysieren. Unsere Projekterfahrung zeigt, dass gerade bewertungstechnische, steuerliche und regulatorische Effekte einer Transaktion die strategische Attraktivität eines Deals vollständig nivellieren können. Wenn diese Auswirkungen erst in einem fortgeschrittenen Stadium des Transaktionsprozesses vollständig erkannt werden, ist die Gefahr für beteiligte Institute groß, sich mangels Wirtschaftlichkeit aus dem Deal zurückziehen zu müssen. Angesichts der erheblichen Kraftanstrengungen im Zusammenhang mit einer Transaktion und von deren politischer Signalwirkung ist es wichtig, sich von vornherein nur auf „Flirts“ einzulassen, die auch unter Einbeziehung technischer Faktoren haben eine hinreichende Erfolgsaussicht.

Kritische Faktoren für eine erfolgreiche Transaktion

Für eine erfolgreiche Transaktion lassen sich drei erfolgskritische Faktoren identifizieren:

  1. Geschäftsstrategische Rentabilität.
  2. Durchführung der Transaktion.
  3. Erreichen des Transaktionswerts.

1. Geschäftsstrategische Rentabilität

Nahezu jede M&A Transaktion soll Synergieeffekte ermöglichen – sei es durch Kostenreduzierung, Umsatzsteigerung, neue Fähigkeiten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit oder durch eine Kombination dieser drei Faktoren. Kostensynergien gilt es vor jeder potenziellen Transaktion gründlich zu analysieren, damit sie tatsächlich erreicht werden können. Hierfür ist das Abschätzen potenzieller Kostenreduzierungen durch Zusammenlegen von Middle- und Backoffice-Aktivitäten sowie von Zentralfunktionen und dem Filialnetzwerk essentiell. Europäische Banken rechnen normalerweise mit Kostensynergien von 30 bis 40% (gemessen an der Kostenbasis des Zielobjekts), was die durchschnittlichen Erwartungen von US-Banken bei Transaktionen übersteigt.

2. Durchführung der Transaktion

Eine Transaktion ist durch vielseitige finanzielle Auswirkungen, welche die geschäftsstrategische Rentabilität eines Deals empfindlich reduzieren oder gar ausgleichen können, hochkomplex. Insbesondere sind hierbei hervorzuheben:

  • Acquisition Accounting: Die „Aufnahme“ der Bilanz des (nach den Regeln von IFRS definierten) Akquisitionsziels in die Bilanz des Erwerbers kann sich stark eigenkapitalmindernd auswirken.
  • Steuern: Der Verlust steuerlicher Verlustvorträge / aktiver latenter Steuern kann ebenfalls die ökonomische Attraktivität eines Deals beeinträchtigen. In Deutschland stellt die Grunderwerbssteuer, die bei einer Eigentumsübertragung im Rahmen einer Transaktion anfallen kann, ein zusätzliches Risiko dar. Häufig können solche Effekte durch innovative Transaktionsstrukturen abgefedert werden.
  • Bewertungs- und Risikomodelle: Bewertungsmodelle für besonders illiquide Assets (Level-3-Assets) und die (internen) Modelle zur Bestimmung risikogewichteter Aktiva müssen im Zuge eines Zusammenschlusses harmonisiert werden. Auch hier sind empfindliche Effekte in Bezug auf die Kapitalquoten des fusionierten Instituts möglich.

Auch auf die kartellrechtliche Untersuchung, die bei Beteiligung europäischer Institute fällig wird, müssen sich Institute vorbereiten. Es ist nicht immer klar, wie die Regulatoren große Transaktionen bewerten. Momentan scheinen sie eher unterstützend zu handeln. Dennoch muss die Vorbereitung auf einen Deal möglichst umfangreich erfolgen, um für unumgängliche Diskussionen mit Aufsichtsgremien gerüstet zu sein.

3. Erreichen des Transaktionswerts

Wie realistisch Synergien und Dissynergien in einer frühen Transaktionsphase eingeschätzt wurden, zeigt letztendlich nur die Zeit. Dies setzt eine stringente Erfolgsmessung während und nach der Integration voraus. Um Risiken zu reduzieren, ist es unerlässlich, frühzeitig die neue Governance, das Führungsteam und die kulturelle Kompatibilität beider Institute realistisch zu bewerten. Nicht zuletzt können anhaltende Unsicherheit oder schlechte Kommunikation das Erreichen von Synergieeffekten gefährden.

Fazit: Anstieg von Akquisitionen zu erwarten

Die trotz Abschwächung deutlich spürbaren Effekte der Basel-IV-Reformen auf Kapitalquoten und Eigenkapitalrenditen verstärken zukünftig den Druck auf die bereits heute bestehende Profitabilitätsschwäche. Bei den vielfältigen Herausforderungen, die europäische Banken derzeit bewältigen müssen, ist ein Anstieg von Akquisitionen zu erwarten, die zu substantiellen Kostensynergien, Entlastungen in den Kapitalquoten und einer gestärkten Wettbewerbsfähigkeit durch die Erlangung neuer Fähigkeiten führen.

Jede Entscheidung für eine Transaktion setzt jedoch eine vollständige Analyse der finanziellen Auswirkungen auf die Kapitalisierung und Bewertung der Bank voraus. Hierbei muss auch eine ehrliche und detaillierte Beurteilung des gegenwärtigen Status sowie der Zukunftsaussichten der Bank als eigenständige Institution erfolgen.

Erhöhte Rentabilität, die richtigen Fähigkeiten und eine stärkere Wettbewerbsposition sind für jede große europäische Bank ein Muss, und bei richtiger Umsetzung bietet eine Fusion oder Übernahme diese drei Potenziale. Aber die Anzahl der geeigneten Partner für jede Bank ist begrenzt, so dass die günstigsten Angebote an jene Banken gehen werden, die bereit sind, eher früher als später Maßnahmen zu ergreifen.

Über den Autor

Dr. Philipp Wackerbeck

Dr. Philipp Wackerbeck ist Partner bei Strategy& Deutschland und leitet den Bereich Financial Services in Europa. Vom Münchener Büro aus berät er Banken und Finanzinstitute schwerpunktmäßig bei strategischen Transformationen, regulatorischen Veränderungen, Fusionen sowie Kostensenkungsprogrammen.

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