Die digitale Gesellschaft

Neue Wege zu mehr Transparenz, Beteiligung und Innovation

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Digitale Gesellschaft und Technik in Banken und Sparkassen

Pixeliuo.de / Gerd Altmann

Dank moderner Netzwerktechnologien entsteht der souveräne Internetbürger und wird Kommunikation und Entwicklungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend verändern. Spannende Ergebnisse einer aktuellen Studie.

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Hintergrund

Das Netz ist ja voll von Studien zum Netz und zum Web 2.0. Leider ist nicht jede wirklich interessant, aber die Aufgabe eines Bloggers ist es ja auch, für seine Leser die Rosinen herauszupicken. So präsentiere ich heute nicht nur wesentliche Inhalte einer hochgradig spannenden und informativen Studie von DB Research sondern habe zudem mit dem Autor der Studie, Herrn Thomas F. Dapp auch ein ergänzendes Gespräch geführt, das in Kürze ebenfalls hier im Blog veröffentlicht wird.

Digitale Strukturen und mündiger Konsument

Der Digitale Strukturwandel spiegelt sich im steigenden Einsatz moderner Netzwerktechnologien wieder und verändert den sozialen und wirtschaftlichen Alltag der Menschen. Das Internet wird zur technischen und sozialen Plattform für jedermann.

Damit unterstützt der digitale und kulturelle Strukturwandel die Machtverschiebung von Produzent zu Konsument. Man spricht auch vom souveränen (Internet-)Bürger. Diese Machtverschiebung hebelt die Kräfte des marktwirtschaftlichen Systems nicht aus, sorgt aber für eine neue Machtbalance. Der vernetzte Internet-Bürger kann sich im digitalen Zeitalter interaktiv und kooperativ an sozialen und kulturellen Entwicklungen sowie an Wertschöpfungsprozessen beteiligen. Dadurch entstehen neue Produktions- und Kooperationsmuster mit flexibleren und transparenteren Arbeitsabläufen in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Politik, Gesellschaft und Kultur.

Dieser Wandel bedeutet einerseits mehr Souveränität sowie neue Möglichkeiten, sich zu engagieren. Andererseits verpflichtet er aber auch zu mehr Verantwortung für jeden Einzelnen.

Soziale Medien erobern die Welt

Soziale Medien dienen als Kommunikationsinfrastruktur für die Internet-Nutzer und verstärken die o.g. Machtverschiebung. Immer mehr Deutsche nutzen das Internet. Im Durchschnitt surfte 2010 jeder Deutsche ab 14 Jahren täglich ca. 100 Minuten im Web.

Nutzung sozialer Medien durch Konsumenten in Deutschland

Nutzung sozialer Medien durch Konsumenten im Zeitvergleich

Die technischen Mittel, digitale Inhalte selbst zu erstellen, werden immer nutzerfreundlicher. Digitale Inhalte werden daher nicht mehr nur von professionellen Unternehmen angeboten sondern auch von den Konsumenten selbst. Allerdings besitzt längst nicht jeder digitale Content auch einen (ökonomischen) Wert. Auch wird die Deutung von Content immer schwieriger, da er oft aus dem Zusammenhang gerissen ist. Umso wichtiger werden damit Communities, in denen Menschen gezielt und gemeinsam an Informationen arbeiten. Die Reaktion auf eine bestimmte Information ist dabei mitunter wichtiger als die Information selbst. Soziale Plattformen wie Twitter, YouTube, LinkedIn, Facebook oder Xing spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.

Soziale Medien sind kein Hype sondern eine Konsequenz des technischen Fortschritts  Es gibt keine klare Trennung mehr zwischen der On- und Offlinewelt. Der souveräne Umgang mit digitalen Gütern kann gerade für das rohstoffarme, dafür wissensintensive Deutschland eine wertvolle Ressource darstellen.

Corporate Social Media – Wie Unternehmen virale Kommunikationsdienste nutzen

Welches Potenzial hinter kollektiven Netzwerken steckt, zeigte u.a. die vergangene US-Präsidentschaftskampagne von Barack Obama. Aus Unternehmenssicht ist vor allem die virale Komponente des Webs von Bedeutung. Social Media bietet zurzeit die mächtigste Empfehlungsplattform der Welt. Empfehlungen oder Bewertungen werden zum wirkungsvollen Druckmittel von Konsumenten gegenüber Unternehmen. Die Menschen vertrauen den Empfehlungen ihrer Netzwerkgemeinde in stärkerem Maße als den (professionellen) Kommentaren auf kommerziellen Empfehlungsplattformen. Und: Sie vertrauen nicht nur ihren eigenen Freunden mehr, sondern auch den Freunden ihrer Freunde.

 

Nutzung sozialer Medien durch Unternehmen und Banken

Nutzung sozialer Medien durch Unternehmen und Branchen

Die sozialen Medien drängen viele Unternehmen beinahe dazu, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken. Branchenübergreifend sind vermehrt Strategiewechsel in Richtung größerer Transparenz und höherer Beteiligung von Stakeholdern zu erkennen. 25 Prozent der hundert größten deutschen Marken nutzen mindestens eine soziale Plattform. Aber nur 5 Prozent der untersuchten Unternehmen in Deutschland twittert, youtubed, facebooked und blogged regelmäßig. Unternehmen setzen soziale Medien derzeit hauptsächlich im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Werbung ein, gefolgt von Vertrieb und Personalwesen.

Marketing, bislang eher ein Push-Kanal, wird zu einem Pull-Kanal, mit dem Vorteil, dass Unternehmen relevante Informationen interaktiv in Internetforen behutsam erfragen oder einfach mitlesen, um dazuzulernen. Nicht selten sind aber in den Unternehmen die Zuständigkeiten ungeklärt. Darüber hinaus fehlen oft noch die notwendigen Qualifikationen, Strategien sowie Führungsrichtlinien und – nicht zuletzt – die Mitarbeiter für die interne und externe Kommunikation. Die Einführung einer Social Media-Strategie beziehungsweise von Kommunikationsrichtlinien reduziert Unsicherheit und verankert langfristig die partizipative Online-Kommunikation in Unternehmen.

Herausforderungen der Digitalisierung

Bei allen Vorteilen des digitalen Strukturwandels dürfen die Risiken und vielgepriesenen Netzwerkeffekte der sozialen Medien nicht außer Acht gelassen werden: Einmal hochgeladener digitaler Content lässt sich im Internet nicht mehr kontrollieren. Auch die Nutzung und Sicherheit persönlicher Daten durch Unternehmen lässt manche Frage offen.

Auch finden zunehmend Urheberrechtsverletzungen statt, weil zunehmend die Sensibilisierung dafür fehlt, dass digitaler Content nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis haben kann.

Zudem wird durch die vermeintlich notwendige 24 Stunden Präsenz in sozialen Medien die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit immer fließender und dem Plus an sozialen Netzkontakten steht vielfach ein deutliches Minus an persönlichen Kontakten gegenüber.

Open Innovation – Nutzung externer Wissensquellen

Innovationsprozesse sind Problemlösungsprozesse, d.h. über Trial and Error, die gezielte Entwicklung von neuem Wissen und/oder die (Re-)Kombination vorhandenen Wissens entstehen Innovationen.

Indem sich Innovations- und Wertschöpfungsprozesse öffnen, wird es möglich das Wissen sowie die Fähig- und Fertigkeiten von Millionen von Menschen zu nutzen (Stichwort „Crowds“). Innovationsakteure haben somit unabhängig von Branche und Organisationsform ein zusätzliches Instrument an der Hand, um neue Ideen zu generieren. Außerdem verbessern die Öffnungsprozesse den öffentlichen Zugang zu neuem Wissen und fördern somit den Technologietransfer.

Die Netzwerkaffinität jüngerer Generationen sowie deren Bedürfnisse innerhalb ihres Netzwerkes Wissen, Ideen, Fähig-, und Fertigkeiten unter Beweis zu stellen, bietet Unternehmen einen wertvollen Pool an.

Es wird verstärkt mit neuen Kooperationsformen experimentiert, weil sich Unternehmen dadurch flexibler an sich rasch ändernde Markt- und Wettbewerbsbedingungen anpassen können. Internes und externes Wissen verschmelzen, das Generieren von Wissen wird interdisziplinär, neue Problemlösungskapazitäten entstehen.

Mit der jungen technologiebegeisterten Generation gibt es nun erstmals die Möglichkeit, das bisher eher spielerische „Netzwerken“ in volkswirtschaftlich relevante Wertschöpfung umzuwandeln. Die oben beschriebene Öffnung beschränkt sich aber nicht ausschließlich auf die Unternehmensebene. Sie gewinnt in allen technischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen der Gesellschaft an Bedeutung. Dabei ist hervorzuheben, dass allen digitalen Öffnungsprozessen dieselben Charakteristika zu Grunde liegen: Die beteiligten Menschen pflegen eine relativ hierarchiefreie Kommunikation und sie interagieren und partizipieren aus freien Stücken. Die sozialen Medien bieten dabei die Kommunikationsinfrastruktur.

Allerdings werden die vorhandenen Kommunikationsplattformen aufgrund des (noch) vielfach befürchteten Kontrollverlusts noch sehr zaghaft von den Unternehmen als zusätzliches Instrument für eine aktive Beteiligung externer Wissensträger genutzt.

Weitere bedeutende Aspekte

Open/Free Culture

Auch im kreativen Bereich bringt die Digitalisierung viele Vorteile: Vermehrt wird Know-how in virtuellen Räumen angeboten, zur Beteiligung eingeladen und die Interaktion mit anderen (Peers) gesucht. Die diversen Projekte, Konstruktionspläne, Werke oder Blaupausen werden einseh- und veränderbar. Dadurch eröffnet sich Raum für positive Übertragungseffekte im Innovationsprozess.

Open Government

Auch politische Institutionen und Verwaltungsbehörden öffnen sich für eine verstärkte Bürgerbeteiligung. Durch die zur Verfügung gestellten öffentlichen Daten können neue Verwendungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle entstehen. Durch die Interaktion zwischen Bürgern und Verwaltung können sich neue Kooperations- und Partizipationsmodelle zwischen Verwaltung und Bevölkerung entwickeln.

Fazit

Die Veränderungen durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft sind vielschichtig und nicht immer sind Gewinner und Verlierer eindeutig auszumachen. Der zunehmenden Macht der Konsumenten steht der Versuch der Unternehmen gegenüber, die neuen Möglichkeiten zu nutzen, um den Konsumenten in der neuen Umgebung „aufzugreifen“ und „mitzunehmen“. Dabei werden noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft und nicht immer wird den kritischen Aspekten die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet.

Für ein Land der Denker wie es Deutschland immer war und ist, eröffnen sich unter dem Strich mehr Chancen als Risiken. Sie (richtig) zu ergreifen und zu nutzen stellt für alle Beteiligten die wohl größte Herausforderung dar.

Über die Ergebnisse der Studie und vor allem über die Auswirkungen für die Finanzindustrie spreche ich im nächsten Teil des Beitrags mit dem Autor der Studie, Thomas F. Dapp.

Die vollständige Studie „Die digitale Gesellschaft“ gibt es bei DB Research zum kostenlosen Download.

Lesen Sie auch den zweiten Teil des Artikels

Klicken Sie hier für den zweiten Teil des Artikels „Neue Wege zu mehr Transparenz, Beteiligung und Innovation“, das exklusive Gespräch mit Thomas F. Dapp von DB Research, über die Auswirkungen auf die Banken.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


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4 Kommentare

  1. Avatar

    Tolle Zusammenfassung der Studie, die wirklich tiefe Einblicke das Thema „Digitale Gesellschaft“ gibt. Die Themen Social Media und Open (Culture|Innovation|Government|Access) werden die Welt und damit viele Industrien nachhaltig verändern. Auch ich bin überzeugt, das es dabei mehr Chance als Risiken gibt, allerdings sind wir in Deutschland nicht wirklich gut diese zu erkennen und nutzen. Stattdessen werden wir hier noch lange ausführlich über die Risiken wie Kontrollverlust, Urheberrechte und vor allem dem Datenschutz streiten, anstatt offensiv zu versuchen unsere Expertise in diesen Bereichen in die Diskussionen mit ein zu bringen. Vermutlich wird auch diese Episode der Globalisierung auf unsere lokalen Befindlichkeiten wenig Rücksicht nehmen…

  2. Avatar

    Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die sozialen Medien noch nicht voll ausgeschöpft werden, aber ich glaube ebenfalls, dass dies nur geschehen kann, indem das Wissen um diese Medien weiter ausgebaut wird. Ich glaube, dass die Zurückhaltung viel mit der Angst vor Kontrollverlust hat. Aber eine Person, die das ausreichende Wissen um das Internet und seine potentiellen Gefahren hat, kann sich dementsprechend auch frei bewegen.

    Ich bin sehr froh über diesen Artikel, da er genau diese Fragen anschneidet. In Zukunft werden wir uns noch häufiger darüber Gedanken machen müssen, was es in der heutigen Zeit mit ihrer „digitalen Gesellschaft“ bedeutet, ein „mündiger Bürger“ zu sein.

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