Der FC Bayern München ist nicht nur ein besonderer Fußballverein sondern auch ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen. Banken und Sparkassen sollten genau hinschauen. Sie können einiges über Multikanalvertrieb und den richtigen Einsatz sozialer Medien lernen.
Hintergrund
Was die Deutsche Bank fürs deutsche Banking ist, ist der FC Bayern für den deutschen Fußball: Mit einer klaren Strategie nachhaltig erfolgreich und dabei polarisierend und umstritten; von den einen geliebt und von den anderen gehasst.
Ehrlicherweise muss ich auch zugeben, leider noch nie ein Spiel des FCB live besucht zu haben, was wohl u.a. daran lag, dass München immer relativ weit weg von meinen Wohnorten lag und die Vereine meiner Wohnorte nie so erfolgreich waren, gegen die Bayern antreten zu müssen. Aber ich oute mich gerne als Fan des 1. FC Bayern München, schon von Kindesbeinen an. Sepp Maier, Gerd Müller, Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge waren Idole meiner Fußballerjugend. Besonders begeistert haben mich früher immer die Spiele der Bayern gegen Mönchengladbach. Das waren noch Zeiten. Leider war ich selbst in meiner „aktiven“ Zeit als Mittelstürmer und Linksaußen nicht ganz so erfolgreich und musste daher auf „Banker“ umschulen…
Bevor ich jetzt aber endgültig abschweife, schnell zum eigentlichen Thema. Ich berichtete ja neulich vom Bregenzer Business Engineering Forum 2011. In einem der Vorträge berichtete Stefan Mennerich, Direktor beim FC Bayern, über den Einsatz sozialer Medien und da gibt es schon einiges, worüber es sich – auch für eine Bank lohnt – nachzudenken. Ein herzliches Dankeschön geht an Herrn Lorenz Beringer vom FCB, der mir freundlicherweise einige Fragen im Nachgang der Tagung beantwortet hat.
Das Unternehmen
Für alle, die nur die Fußballer im Blick haben sei daran erinnert, dass der FC Bayern München auch ein für Deutschland typisches mittelständisches Unternehmen ist. Auch im Fußball muss solide gewirtschaftet werden und Vertrauen und Solvenz sind dort wie im Banking gefragt, will man langfristig und nachhaltig erfolgreich sein. Und auch ein Fußballverein hat Kunden, nur das diese dort „Fans“ genannt werden. Themen wie Kundenbindung, Kundenbedarf oder Verkauf gelten aber nicht anders als in Banken.
Die folgende Grafik zeigt die wesentlichen Daten und Fakten zum Verein:
Wie sehen im Vergleich Banken aus? Die Zahlen der Großbanken spare ich mir an dieser Stelle, sondern nenne die Werte unserer mittelständischen Banken:
Eine durchschnittliche Sparkasse hat eine Bilanzsumme von 2,5 Mrd. Euro, 578 Mitarbeiter und rd. 200.000 Kunden. Der durchschnittliche Vorsteuergewinn beträgt 10,7 und der durchschnittliche Personalaufwand 26,6 Mio. Euro.
Eine durchschnittliche Genossenschaftsbank kommt auf eine Bilanzsumme von 0,9 Mrd. Euro, 139 Mitarbeiter und rd. 26.500 Kunden. Der durchschnittliche Vorsteuergewinn beträgt 7,1 und der durchschnittliche Personalaufwand 8,2 Mio. Euro.
Mal abgesehen, dass solche Durchschnittswerte natürlich im Einzelfall zu hinterfragen sind, fällt doch auf, dass unsere mittelständischen Banken bei – gemessen an der Anzahl Mitarbeiter – gleicher (Sparkassen) oder kleinerer Größe (Volksbanken) ein deutlich höheres Geschäftsergebnis als der FCB ausweisen. Am notwendigen Geld sollten also Aktivitäten in sozialen Medien schon mal nicht scheitern können…
Neue Medien und Multikanalvertrieb
Hinsichtlich der Nutzung von Internet und sozialen Medien stand der FC Bayern vor den gleichen Überlegungen wie jedes andere Unternehmen auch. Letztlich ging es um die Beurteilung der Frage, wie die Ertragschancen der neuen Vertriebskanäle beurteilt werden und ebenso wie die Banken, hat auch der FC Bayern die Chancen des Multikanalvertriebs erkannt und konsequent genutzt.
Die Webseite des FC Bayern München ist inzwischen die meist frequentierte Website eines Fußballklubs weltweit. Pro Monat weist sie 80 Mio. Page Impressions auf und zieht 5 Mio. Unique Users an. Das sind Werte, von denen die meisten Finanzseiten nur träumen können. Inhalte auf der Webseite werden in 5 Sprachen produziert und – als besonderer Fanservice – vor bedeutenden Auslandsspielen ggf. sogar noch in weiteren Sprachen des jeweils gegnerischen Herkunftslandes.
Auf Inhalte kommt es an
Ach im Fußball muss den Fans was geboten werden und dabei geht es natürlich vor allem um Bilder und Videos. Wichtig: Damit man diese vermarkten kann, muss man Eigentümer der entsprechenden Rechte sein.
Der FC Bayern hat deshalb nicht nur eigene Fotografen im Einsatz sondern sogar sein eigenes Filmteam im Dauereinsatz, samt professionellem Fernsehstudio, eigenem Übertagungswagen und hauseigenem Technik- und Regieraum. An 365 Tagen im Jahr werden von rund 12 Personen exklusive Inhalte zu Spielhighlights, Interviews, Live Chats, Hintergrundberichte, etc. produziert und in mehr als 75 Länder weltweit auf eigenen und fremden Plattformen gezeigt und vermarktet.
Zwei Beispielvideos aus dem YouTube Kanal des FCB zeigen einen Blick auf Inhalte, die ankommen:
https://www.youtube.com/watch?v=Yl0se96_LII
Also, was können Banken lernen? Ich konnte Herrn Mennerich noch drei ergänzende Fragen zum Social Media Einsatz stellen und habe ihn dabei auch um seine Meinung zu einem Einsatz in Banken gebeten:
- Worin sehen Sie den größten Nutzen von sozialen Medien für den FC Bayern München?
Community Building, Kommunikation mit den Fans, weltweites Brand Building, Umsatzsteigerung (Merchandising, Sponsoring), Weiterleitung der Fans auf die eigenen FCB-Plattformen.
- Was sind Ihre Key-Learnings beim Einsatz von Social Media?
Die Inhalte müssen einen Mehrwert für die Zielgruppe darstellen und exklusiv, relevant und sehr aktuell sein.
- Welche Empfehlungen würden Sie anderen (speziell Banken und Sparkassen) mit auf den Weg geben?
Jedes Unternehmen kann im Bereich Social Media Mehrwerte für seine Zielgruppe bereitstellen, selbst wenn es keine Bilder und Videoclips von Schweinsteiger, Lahm und Ribéry zu bieten hat. Es müssen die richtigen Inhalte für die entsprechende Zielgruppe erarbeitet und eingestellt werden, damit sich ein konstanter Dialog zwischen Unternehmen und Usern ergibt. Dabei ist einerseits auf die Erstellung einer Strategie mit klaren Zielen zu achten, andererseits besteht die Verbesserung der Social Media Inhalte aus einem fortlaufenden Test- und Optimierungs-Prozess. Die zentrale Grundlage für unsere Social Media Auftritte ist es, die Meinung und die Kommentare unserer Fans ernst zu nehmen und in einem fortlaufenden Austausch mit den Anhängern des FCB zu stehen.
Diese zentralen Erfolgsfaktoren gelten für jede Branche und auch Finanzdienstleister bieten interessante Inhalte für ihre Zielgruppen.
Vier Thesen zum Abschluss
Dabeisein ist wichtig
Der Einwand, „Fußball ist secy – Banking nicht“, zählt in meinen Augen nicht. Zum einen ist der FC Bayern nicht gleichzusetzen mit Fußball insgesamt, sondern nur ein Teil davon und außerdem ist er ein sehr polarisierender und damit umstrittener Verein, der nicht bei allen Fußballfans gleichermaßen beliebt ist. Zum anderen (und das ist der entscheidende Aspekt) steht der FCB im Wettbewerb mit anderen Vereinen und muss genauso um Fans (=Kunden) kämpfen wie eine Bank.
Übrigens: Geld ist in den Augen vieler Menschen durchaus „sexy“, nur die Banken sind es (noch) nicht in gleichem Maße.
In (Vertriebs)Strategie einbinden
Der Einsatz Social Media ist kein Selbstzweck, sondern muss zielorientiert erfolgen. Dabei gibt die Strategie den Weg vor. Insbesondere der Auswahl der Kanäle ist die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen. Eine eigene Facebookseite als zentrale Anlaufstelle neben der eigenen Homepage ist wichtig, man sollte aber genau prüfen und abwägen, über welche Social Media Kanäle die eigene(n) Zielgruppe(n) am besten zu erreichen sind. Ziel muss es immer sein, die Kunden auf Plattformen zu leiten, die unter eigener Kontrolle stehen.
Aufwand ist überschaubar
Man muss nicht die Deutsche Bank sein, um im Bereich sozialer Medien etwas zu erreichen. Auch als vermeintlich kleine Bank (Mittelständler) ist es wichtig und richtig in soziale Medien zu investieren. Als Bank benötigt man dabei auch kein professionelles Fernsehteam, eine HD Videokamera mit Stativ reicht auch. Allerdings benötigt man auch in diesem Bereich begeisterte und engagierte Mitarbeiter und die Rückendeckung des Vorstandes, der meist erst überzeugt werden muss.
Inhalte sind entscheidend
Social Media ist kein Selbstzweck, darf aber auch nicht als reines Verkaufsinstrument gesehen werden. Es kommt auf die Inhalte an.
Zugegeben, ein Interview mit einem bekannten Fußballprofi ist vielleicht für viele spannender als mit einem Bankvorstand. Aber sicherlich interessieren sich mehr Kunden Ihrer Bank als Sie denken auch für die verantwortlichen Personen hinter den Kulissen. Und Banken, gerade regionale, verfügen über eine Vielfalt an relevanten Themen.
Diskutieren Sie mit
Also, worauf warten Banken eigentlich noch? Was meinen Sie? Was sollten sich Banken und Sparkassen vom FC Bayern München abschauen. Sie müssen kein Fan des FCB sein, um Ihren Kommentar zu hinterlassen…
8 Kommentare
Kann man denn die Social Media Aktivität eines Fußballvereins mit Fans mit der einer Bank vergleichen.
Ein ganz klares NEIN!
Während die Fans am Wochenende vor dem Fernseher sitzen und Ihre Mannschaft bejublen gehe ich als Kunde einer Bank oder Versicherung ganz bestimmt nicht hin und schreibe in mein Profil von fb: „Hurra, der Kredit wurde bewilligt“ oder „Heute hat meine Beraterin mir ein neues FDL Produkt aufgeschwatzt“!
Natürlich sollten auch Banken Social Media betreiben, aber bitte keine Vergleiche ziehen zwischen einem Fanclub und einem FDL.
Während die Positionierung einer Bank auch ganz anders ausschaut als die anderer Marken (sogar muss, um weiterhin eine gewisse Seriosität zu vermitteln) bleibt nicht viel Spielraum dafür, sich SEXY darzustellen.
Hallo Herr Knorr
danke für Ihren kritischen Kommentar.
Ganz sicher kann man nicht die Inhalte der Social Media Aktivitäten einer Bank mit denen eines Fußballvereins vergleichen. Die Strategiefindung und das Management jedoch durchaus. Es geht in beiden Fällen darum, die Fans zu begeistern und zur Interaktion anzuregen. Und da können Banken von anderen (nicht nur vom Fußball) noch viel lernen.
Beste Grüße
Hansjörg Leichsenring
Konträr zum ersten Kommentar finde ich es eher gelungen, dass Sie den FCB zur Ableitung von Handlungsempfehlungen gewählt haben. Ich bin allerdings auch kein Fan. Ich sehe derartige Diskussionen grundlegend im Spannungsfeld, inwieweit Sport für sich betrachtet wird oder als eine Dienstleistungsindustrie der Sportunterhaltung. Daraus ergeben sich dann unterschiedliche Sichtweisen auf Unternehmen vs. Vereine bzw. Kunden vs. Fans. Dies lässt sich wohl abstrakter erfassen als Orientierung an Erträgen vs. Beziehungen.
Der Clou liegt meiner Ansicht nach darin, dass es sowohl für Unternehmen als auch für Vereine um beides geht: Ohne Erträge kann dauerhaft kein Leistungsangebot aufrechterhalten (geschweige denn weiter entwickelt) werden. Umgekehrt lassen sich Erträge sowohl für Unternehmen als auch für Vereine mehr oder weniger nur erzielen durch (1) die effektive Berücksichtigung der Interessen von Menschen der Zielgruppe und (2) dem glaubhaft kommunizierten eigenen Interesse an diesen Menschen. Sprich: einer Orientierung an Beziehungen, die sich auf Erträge auswirken. Also erscheint die Gewinnung von Fans als eine proaktive Weiterentwicklung der Wahrnehmung von Kunden.
Unternehmen gelingt es bei etablierter Ausrichtung an Stakeholder Value und Kundenorientierung mittlerweile meist ganz gut, Kunden als solche wahrzunehmen. Es fällt ihnen aber ungleich schwerer, Kunden und weitere relevante Menschen im Unternehmensumfeld als (potentielle) Fans zu verstehen. Facebook legt diese Logik zwar durch seine Begrifflichkeiten mittlerweile schon sehr nahe. Dennoch ist vielen Unternehmen bisher wohl nicht klar, was „Fansein“ eigentlich ausmacht und wie es bei ausgewählten Menschen entwickelt werden kann.
Entsprechend gelungen erscheint mir die Ableitung von Handlungsempfehlungen für Unternehmen aus Analogien zu einem Profiverein, der wie ein Unternehmen geführt wird.
Vielen Dank!
Hallo Herr Leichsenring,
als Fußball Fan mit einer ausgesprochenen Antipathie gegen Bayern München, muss ich auf diesen Artikel natürlich reagieren. Ich mache das heute in meinem Blog. Wird im Verlaufe des Tages erscheinen und ist sicherlich nicht ganz so ernst gemeint. Vielleicht machen wir daraus auch mal eine Pro und Contra Serie.
Hier noch kurz 2 Sätze zu den abschließenden Thesen Ihres Artikels. Ich denke, dass die Liebe zu einem Fußball Verein eigentlich etwas mit der Region zu tun hat, aus der man kommt. Ich selber kann es gar nicht nachvollziehen, dass Menschen aus Hamburg Bayern München Fans sind. In Fußballer Kreisen nennt man das Erfolgsfans und ich würde das – ähnlich wie in der Bankenbranche das Investmentbanking – als eine falsche Entwicklung sehen.
Und genauso geht es mir mit dem Begriff „Sexy“. Natürlich gibt es Menschen die Geld sexy finden. Aber sind das in der Regel nicht genau die Menschen, welche die Finanzkrise mit verursacht haben. Man kann Finanzthemen spannend und interessant finden. Der Umgang mit Geld kann und darf aus Spaß machen. Aber wenn Geld „Sexy“ ist, ist dies eine Überhöhung, die immer auch einberechnen muss, dass Geld in falschen Händen auch ganz schön viel Schaden verursachen kann und Geld als überhöhter Wert, eben nicht in die für alle Menschen gleichsam richtige Richtung führt. Denn letztendlich ist doch „Niemand eine Insel“
mfg
Boris Janek
Hallo Herr Janek
ich bin gespannt.
Hier doch noch eine Anmerkung zum Thema „Lokalität“. Ich bin gebürtiger Wiesbadener und lebe erst seit rd. 10 Jahren in der Hamburger Region. Ich habe in der Jugend selbst Fussball gespielt und war da natürlich Fan von SG Germania Wiesbaden.
Überregional war ich schon immer Fan vom FCB, so wie Klassenkameraden von mir z.B. Fans vom 1. FC Köln waren.
Ich glaube nicht, dass dies nur was mit Erfolg zu tun hat sondern mit der Art und Weise wie eine Marke beim Kunden rüberkommt. Zumal in einer Zeit, wo es nicht jedem vergönnt ist, an seinem Geburtsort auch seine Rente erleben zu dürfen.
Das gleiche gilt für Banken. Es gibt durchaus Kunden, die eine Deutsche Bank als regionale Bank sehen. Letztlich sehen wohl alle Filialbankkunden Ihre Bank (auch) unter regionalen Aspekten.
In der Maslowschen Bedürfnispyramide steht Sex übrigens eher im oberen Teil (soziale Bedürfnisse). Klar kann man mit Geld auch Unheil anrichten, aber womit bitte nicht… ???
Beste Grüße
Hansjörg Leichsenring
Also ich mein warum nicht. Die DiBa hat es doch auch schon fast zum Kult geschafft. Ich meine natürlich kann man das nicht ganz mit einem berühmten deutschen Fußballclub vergleichen, aber ich würde niemals nie sagen. Lg DJ München
Es geht nicht um einen Fanclub sondern um den FCB als Ganzes. In seinen Handlungen des FCB sind schon Vergleiche möglich. Die Banken sitzen da leider auf einem viel zu hohem Roß, aber sie werden da schon dahinter kommen.