Restschuldversicherung – Vertriebsskandal oder Dauerbrenner?

Die Verbraucherzentrale NRW antwortet

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Restschuldversicherungen werden aufgrund enormer Kosten und geringen Nutzens für den Verbraucher selbst von der BaFin kritisiert. Einzig die diese Versicherung vertreibenden Banken und Sparkassen samt Versicherungsunternehmen kämpfen für deren Erhalt

Hohe Kosten und zweifelhafter Nutzen von Restschuldversicherungen

Die Kosten und der Nutzen von Restschuldversicherungen stehen für Kunden in keinem vernünftigen Verhältnis.

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Während sich Restschuldversicherungen in Großbritannien als teurer Vertriebsskandal erwiesen haben, der hohe Rückstellungen bei den Banken erforderlich machte sind sie in Deutschland nach wie vor ein Dauerbrenner. Mit Erstaunen habe ich den Beitrag zur Restschuldversicherung von Herrn Furtwängler, Hauptbevollmächtigter und CEO von BNP Paribas Cardif in Deutschland, zur Kenntnis genommen, insbesondere die von Ihm so freimütig eingeräumten Folgen eines Provisionsdeckels und anderer Maßnahmen für seine Branche und die die Restschuldversicherung vertreibenden Banken und Sparkassen.

Wie der Autor zu Recht befürchtet, würden bei einer Deckelung der Provisionen in der Restschuldversicherung die Banken und Sparkassen einer wesentlichen Provisionsertragsquelle beraubt werden, wenn man sich angesichts von Provisionen von bis zu 70 Prozent den Neuzugang 2018 in Höhe von knapp 1,2 Mio Restschuldversicherungen (darin enthaltenen, zu vernachlässigenden Lebensversicherungen ohne Überschussbeteiligung) mit einem Prämienvolumen von 1.412.057.000 Euro (im Einmalbeitragsgeschäft) und 8.357.000 Euro (laufender Beitrag für ein Jahr) anschaut – so „Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2019″ des GDV.

Der Vorwurf des Autors: Der Behauptung der Bündnis90/Die Grünen-Bundestagsfraktion in ihrem Beschlussantrag vom 23.10.2019, die Restschuldversicherung habe teilweise extreme Kosten, fehle jegliche statistische Validität verbunden mit dem Appel, zu einer faktenorientierten Erörterung zu dem Thema zurückzukehren.

Weitere Zahlen zur  Restschuldversicherung

Im Jahr 2018 zahlten Neukunden für Restschuldversicherungen gegen Einmalbeitrag, die das Hauptgeschäft ausmachen, Prämien in Höhe von (gerundet) 75 Euro pro 1.000 Euro Versicherungssumme. Demgegenüber belief sich in der Risikolebensversicherung die Prämie pro 1.000 Euro Versicherungssumme auf 45 Euro (berechnet aus GDV – Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2019). Die Zahlen sprechen für sich. Dies gilt auch bei Berücksichtigung ggfs. miteingeschlossener Risiken Arbeitsunfähigkeit und/oder Arbeitslosigkeit, da für die letztgenannten Risiken nur eine zeitlich sehr beschränkte Risikoübernahme erfolgt.

Wie spielen Konsumkredit, Restschuldversicherung und Privatinsolvenz ineinander?

Dem Leser dürfte sich der vom Autor behauptete Zusammenhang zwischen dem Rückgang des kreditfinanzierten Konsums und dem Anstieg der Privatinsolvenzquote bei weiterer Regulierung der Restschuldversicherung nicht erschließen.

Es darf wohl angezweifelt werden, dass ein Zusammenhang zwischen der Regulierung der Restschuldversicherung und einem Rückgang des kreditfinanzierten Konsums besteht. Ebenso könnte das Gegenteil  der Fall sein, da bei unterlassener Mitfinanzierung der Restschuldversicherung durch den Kredit die monatlichen Kreditraten wesentlich günstiger wären.

Und inwiefern ein Rückgang des mit einer Restschuldversicherung versehenen kreditfinanzierten Konsums die Privatinsolvenzquote ansteigen lassen soll, erschließt sich auch nicht. Der aufgenommene Nettokreditbetrag wird aufgrund der mitfinanzierten Restschuldversicherung erhöht. Dadurch erhöhen sich auch der Effektivzins sowie die monatlichen Raten. Eine damit einhergehende höhere finanzielle Belastung dürfte eher die Insolvenzgefahr befeuern. Die dem gegenüberstehende geringe Absicherung vor Arbeitslosigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit steht schon aufgrund der vielen Ausschlüsse und der kurzen Leistungsdauer in keinem Verhältnis zu den hohen Kosten der Restschuldversicherung.

Beobachten und aus den vielen Verbraucherberatungsfällen der Verbraucherzentrale NRW belegen  lässt sich zweifelsohne eine Zunahme von mit einer Restschuldversicherung abgesicherten Krediten. Insbesondere Kreditaufstockungen verbunden mit dem Abschluss einer weiteren Restschuldversicherung, sog. Kettenkredite, ebnen den Weg in eine immer höhere Verschuldung. Nicht zuletzt stellt sich hier die Frage, inwieweit die noch heute gültigen Grundsätze zur Restschuldlebensversicherung vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, etwa in VerBAV 11/1991, 413 f., auch tatsächlich zur Anwendung gelangen. Danach gilt für Restschuldversicherungen gegen Einmalbeitrag folgendes: Wird für den aufgestockten Kredit der erforderliche Einmalbeitrag für die neue Versicherung aus der neuen Versicherungsdauer und dem neuen Eintrittsalter berechnet, ist dem Kreditnehmer der nicht verbrauchte Bruttoeinmalbeitrag zu vergüten.

Neuorientierung gefordert

Die Befürchtung des Autors eines „Vernichtungsversuchs einer ganzen Branche“ dürfte wohl nicht ganz ernst gemeint sein und wenn doch, ist die damit getätigte Aussage, dass nämlich eine ganze Branche von dem Vertrieb der Restschuldversicherung lebt, auch aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW tatsächlich besorgniserregend.

Eine Aufklärung der Verbraucher zur Restschuldversicherung ist richtig und wichtig, da diese viel Geld für ein überteuertes und schlechtes Produkt ausgeben.  Es wäre wünschenswert, wenn die BaFin sich zukünftig die britische Aufsicht Prudential Regulation Authority (PRA) ein wenig mehr zum Vorbild nimmt, die dem Vertrieb der teuren Restschuldversicherung schließlich Einhalt geboten hat.

Über den Autor

Rita Reichard

Rita Reichard ist Rechtsanwältin und Referentin für Versicherungsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Ihre Themenschwerpunkte liegen in der Durchführung von Verbandsklageverfahren sowie der Erarbeitung verbraucherpolitischer Positionen. Sie studierte an der Universität zu Köln Rechtswissenschaften und hat seit Studienabschluss eine Anwaltskanzlei in Köln. Darüber hinaus ist sie Autorin in versicherungsrechtlichen Fachkommentaren.

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