Künstliche Intelligenz hält Einzug in immer vielfältigere Bereiche unseres täglichen Lebens. In der Finanzbranche dagegen findet KI bisher quasi nicht statt. Dabei bieten sich gerade im Asset Management durch innovative Datenanalysen und Algorithmen zahlreiche Chancen.
Die Analyse von Unternehmen wurde in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich geprägt von Fundamentaldaten. Erst seit den 80er Jahren forschten insbesondere Naturwissenschaftler an quantitativen Modellen um den Markt auf Basis alternativer Daten zu schlagen.
Die heute verfügbare Rechenpower und Entwicklungen im Bereich Machine Learning ermöglichen eine komplett differente Herangehensweise. Gigantische Mengen an Informationen können in rasender Geschwindigkeit geordnet und analysiert werden. Nachfolgend werden einige Beispiele erläutert, wie KI im Asset Management angewendet werden kann und bereits eingesetzt wird.
Big Data und alternative Daten im Asset Management
Die Begrifflichkeiten Big Data, Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) schwirren derzeit häufig unklar definiert umher. Damit eine KI entwickelt werden kann, braucht es als Grundlage zunächst Daten. Big Data bezeichnet eine große Anzahl unstrukturierter Daten. Diese Daten müssen in eine strukturierte Form gebracht werden, um wiederkehrende Muster oder minimale Veränderungen über bestimmte Perioden zu erkennen. Dabei ist es sekundär, welcher Natur die Daten sind. Einige Hedgefunds arbeiten beispielsweise mit Daten auf Basis von Satellitenbildern. Anhand der Frequentierung von Kaufhäusern werden Absatzprognosen erstellt. Anhand der Bewegungen und der Anzahl an Öltankern werden Veränderungen der Rohölbestände und Nachfrageänderungen prognostiziert. Andere Hedgefunds durchforsten historische Kursbewegungen, um bisher unbekannte Trends und Modelle zu finden.
Zu alternativen Daten in der Finanzbranche gehören zwei weitere Quellen. Einerseits der nutzergenerierte Content in Social Media, Chatrooms, Blogs oder Foren, andererseits Nachrichten von Unternehmen, Redaktionen oder Marktdaten von den Volkswirtschaften. Der Mensch ist nicht in der Lage, diese Flut an Daten zu strukturieren, auszuwerten und für Anlageentscheidungen zu nutzen. Künstliche Intelligenz dagegen kann die Informationen selbständig gliedern und analysieren.
Künstliche Intelligenz im quantitativen Research
Gerade bei quantitativen Asset Managern kann KI bisher manuelle Researchprozesse automatisieren. Dabei muss zwischen vier Argumenten unterschieden werden.:
- KI kann durch das Lernen von historischen Preis- und Kursinformationen komplexe, nichtlineare Zusammenhänge besser erkennen als jede andere Methode.
- In der probabilistischen Analyse gibt es ebenfalls Vorteile gegenüber menschlicher Analyse. Große Datenmengen ermöglichen statistisch gesehen eine bessere Gesamtwahrscheinlichkeitsbewertung.
- Auch systematisch ist KI dem Menschen überlegen, denn sie leidet von Natur aus nicht unter Verhaltensverzerrungen, Bestätigungsvorurteilen und Gruppendenken. Stattdessen kann Künstliche Intelligenz solche irrationalen Phänomene erkennen und katalogisieren.
- In nicht perfekt funktionierenden Märkten kann KI auf Basis der statistischen Hintergründe Fehlbewertung sofort ausnutzen.
Auch fundamentalorientierte Analysten profitieren von der vereinfachten Sammlung und automatischen Ordnung von Daten durch KI, beispielsweise in Bezug auf Jahresabschlussberichte oder Unternehmensnachrichten.
Konkrete Chancen und Anwendungsmöglichkeiten
Auf dem deutschen Markt ist Künstliche Intelligenz im Asset Management ein Fremdbegriff. Zwar experimentieren größere Asset Manager wie Allianz Global Investors mit KI. Oftmals handelt es sich bei den aktuell aufgelegten sogenannten KI-Fonds aber lediglich um Themenfonds, bei denen Fondsmanager in KI-Unternehmen investieren anstatt KI im eigenen Anlageprozess einzusetzen. Tatsächlich sind kleinere Asset Manager häufig wesentlich innovativer. Catana Capital zum Beispiel bietet eine vollständig automatisierte Strategie mit Fokus auf deutsche Aktien.
KI ist die Basis, um die gesammelte digitale Kommunikation zu analysieren und interpretieren. Digitale Kommunikation im Finanzbereich umfasst beispielsweise Key Events von Notenbanken, Research durch Investmentbanken, usergenerierter Content zur Marktmeinung sowie editorielle Nachrichten von Medien wie The Economist oder dem Handelsblatt. Mit Hilfe von Natural Language Processing, kurz NLP, ist die Umwandlung von Wörtern in computerlesbaren Code möglich. KI kann diese vormals unstrukturierte menschliche Kommunikation strukturiert in Datenbanken abspeichern und mit quantitativen Ansätzen analysieren. Letztlich ergeben sich aus der Verschmelzung von Millionen von Meinungen diverse Sentimentwerte zu Einzelwerten und zu aktuellen Marktentwicklungen.
Auf Grundlage dieser Sentiments kann die KI rund um die Uhr aktuelle Daten mit historischen Entwicklungen abgleichen und Muster erkennen. Basierend auf den Mustern werden Prognosesignale entwickelt, die auf klassischen quantitativen Modellen wie SMA basieren können. Sie können aber auch komplett Sentiment getrieben sein, den wissenschaftlichen Hintergrund dazu liefern Theorien aus der Behavioural Finance. Aus den Prognosesignalen leitet die KI je nach Marktphase Handelssignale ab, die entsprechend in diversen Handelsstrategien umgesetzt werden.
Künstliche Intelligenz ist im Asset Management die Zukunft
Die Finanzbranche, explizit das Asset Management, kann Künstliche Intelligenz nicht ignorieren. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Diverse Researchtätigkeiten können sowohl bei quantitativen Analysten als auch bei fundamentalen Analysten mit einer wesentlich höheren Effizienz durchgeführt werden.
- KI „arbeitet“ durchgängig und kann mit dem richtigen Training Marktineffizienzen genauer aufspüren und ausnutzen.
- Die verfügbare Datenmenge ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. KI kann mit Big Data deutlich sinnvoller umgehen als der Mensch und dadurch Korrelationen und Trends entdecken, die bei klassischen Analysen unerkannt bleiben.