Das Verschenken von Girokonten ist ein Relikt der Vergangenheit. Erodierende Erlösquellen zwingen Kreditinstitute dazu, auf diese Möglichkeit zur Kundengewinnung und -bindung zu verzichten. Doch wie können Tarife ausgestaltet werden, um trotzdem wettbewerbsfähig zu sein?
Wer Kunden mit kostenfreien Leistungen gewinnt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob über diesen Weg tatsächlich margenträchtige Zielgruppen erschlossen werden – oder eher illoyale Billigheimer. Dennoch war das kostenfreie Girokonto in den letzten Jahren eines der wichtigsten Marketingmittel in der Bankbranche, um Kunden von anderen Instituten abzuwerben. Dieses Modell ist bei den meisten Instituten mittlerweile gestorben, weil die sinkenden Erlöse in nahezu allen Geschäftsfeldern dazu zwingen, Gebühreneinnahmen aus dem laufenden Brot-und-Butter-Geschäft zu generieren.
Mit diesem Schwenk zu bezahlten Girokonten geht allerdings die Frage einher, wie die Girotarife ausgestaltet werden können, um trotzdem wettbewerbsfähig zu sein. Hier liefert eine Vergleichsstudie des IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung für den Großraum Hamburg Aufschluss. Für diese Studie wurden die Girokonto-Konditionen von 11 Filialbanken verdeckt per Mail oder telefonisch unter Vorgabe dreier festgelegter Kundengruppen – 24-jähriger Student, Ehepaar mit Kindern und Rentner-Ehepaar – ermittelt und verglichen. Bewertet wurden Kosten und Service, wobei die Gewichtung dieser beiden Entscheidungskriterien auf Basis einer Marktforschung festgelegt worden ist.
Ranking der Kreditinstitute
Hier ist das Ranking der Institute zielgruppenübergreifend:
- Haspa: 74,0 Punkte
- Sparkasse Holstein: 71,5 Punkte
- Sparkasse Harburg-Buxtehude: 63,1 Punkte
- Postbank; 60,7 Punkte
- Commerzbank: 59,7 Punkte
- Hamburger Volksbank: 53,9 Punkte
- HypoVereinsbank: 52,3 Punkte
- Deutsche Bank: 50,1 Punkte
- PSD Nord: 49,4 Punkte
- Sparda-Bank: 44,0 Punkte
- Targobank: 43,4 Punkte
Kundenorientierte Differenzierung von Tarifkonditionen
Es zeigt sich in der Detailanalyse, dass die Hamburger Sparkasse bei Studenten mit ihrem Tarif „HaspaJoker unicus“ und bei dem Ehepaar mit Kindern mit dem Tarif „HaspaJoker comfort“ im Wettbewerbsvergleich auf Platz 1 liegt. Beim Rentner-Ehepaar hat sich die Haspa der Sparkasse Holstein mit ihrem Tarif „Holstein Frischer Wind“ geschlagen geben müssen, aber immer noch Platz 2 mit dem Tarif „HaspaJoker smart“ erreicht.
Die Hamburger Sparkasse hat sehr lange Erfahrungen mit ihrem Joker-Programm und ist sicher als Best Practice für die Branche geeignet. Offensichtlich ist es der Haspa gelungen, ihr Joker-Tarifprogramm so klug auf Zielgruppen auszurichten, dass die Konditionen aus Kundensicht sehr attraktiv sind. Diese kundenorientierte Differenzierung von Tarifkonditionen ermöglicht es, Wettbewerbsfähigkeit mit dem besten Abschöpfen von Zahlungsbereitschaften zu verbinden.
Ende der Quersubventionierung
Wer die IMWF-Analyse liest, fragt sich möglicherweise, warum die Branche nicht viel früher zu kostenpflichtigen Girokonten zurückgekehrt ist. Die Kostenfrei-Angebote haben Banken und Sparkassen in einen Wettbewerb hineingeführt, bei dem die Kosten für Girokonten durch andere Dienstleistungen mitverdient werden mussten – wenn der Kunde erst einmal gewonnen ist. Gespräche mit selbstkritischen Instituten zeigen unterdessen, dass diese Quersubventionierung zwar gewünscht war, aber bei vielen Kunden letztlich nicht funktioniert hat. Insofern ist die erzwungene Rückkehr zum kostenpflichtigen Girokonto möglicherweise auch ein Baustein in der Rückbesinnung auf betriebswirtschaftlich sinnvolle Konditionen im Massengeschäft.
Die Branche tut sich einen riesigen Gefallen, wenn übermäßig kostensensitive Kunden nirgendwo mehr umsonst Bankservices in Anspruch nehmen können und dadurch gesunde Preise unterminiert werden. Hier trägt jedes Institut Verantwortung – für sich und für die gesamte Bankbranche. Die IMWF-Studie zeigt, dass man trotzdem wettbewerbsfähig sein kann.