Durch niedrige Renditen bei Spar- und Sichteinlagen erweitert sich das Anlageuniversum deutscher Privatkunden. U.a. durch die zunehmende Kapitalmarktaffinität werden auch Kryptowährungen nachgefragt. Dabei spielt Facebooks Diem eine wichtige Rolle.
Spätestens seit dem Allzeithoch des Bitcoins im Frühjahr 2021 sowie der Möglichkeit bei dem Pionier der E-Mobilität, Tesla, ein Elektroauto per Bitcoin zu bezahlen, sind Kryptowährungen auch bei zahlreichen Privatinvestoren bekannt und beliebt.
Der Archecoin, Bitcoin, gilt heute als erste und noch größte Kryptowährung gemessen an der Marktkapitalisierung. Dieser wurde 2009 von Satoshi Nakamoto, einem Pseudonym, ins Leben gerufen, um Zahlungsvorgänge über ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu sichern. Mit dem Ziel das Geldsystem, ohne die Mitwirkung eines Intermediärs, zu demokratisieren und sicherzustellen, dass Transaktionen anonym sind. Insgesamt hat der bzw. haben die mysteriösen Bitcoin-Erfinder, Satoshi Nakamoto, die Anzahl der Bitcoins auf 21 Millionen Einheiten begrenzt.
Neben dem Platzhirsch Bitcoin gibt es zahlreiche weitere digitale Währungen, die sich ebenfalls großer Beliebtheit bei Privatinvestoren erfreuen. Um nur ein paar Beispiele weiterer Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung zu nennen. Es gibt zurzeit neben Bitcoin (607.49 Mrd.), die Kryptowährungen: Etherum (225,81 Mrd.), Tether (62,19 Mrd.), Binance Coin (47,07 Mrd.), Caardano (40,43 Mrd.), Ripple (28,65 Mrd.), Dogecoin (26.35), Litecoin (8.76 Mrd.). Laut coinmarketcap.com sind aktuell rund 2.000 Kryptowährungen an einer Börse gelistet.
Entwicklung der Kryptomärkte
Wie bereits eingangs erwähnt, sind die Kryptomärkte durch hohe Volatilitäten gekennzeichnet. Während zu Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 der Kurs eines Bitcoins bei rund 8.000 EUR lag, stieg dieser bis Mai 2021 auf etwa 52.000 EUR an. Nach dem Allzeithoch sank der Kurs jedoch auf etwa 28.000 EUR. Anhand dieser enormen Kursentwicklungen wird die aus Privatkundensicht durchaus hohe Anziehungskraft deutlich. Weitere Kryptowährungen weisen ähnliche Kursentwicklungen auf. Trotz hoher Volatilitäten überlegen auch immer mehr institutionelle Investoren, diese Assetklasse ihren Depots beizumischen.
Trotz hoher Renditechancen dürfen die ebenso hohen Risiken aus Verbrauchersicht nicht außer Acht gelassen werden. So sind grundsätzlich sämtliche digitale Währungen stark von der Entwicklung des Bitcoins sowie der allgemeinen Akzeptanz von digitalen Währungen abhängig. Folglich besteht auch eine starke Abhängigkeit der Kursentwicklung von öffentlichen Statements, welche sich in starken Kursanstiegen wie auch -einbrüchen als Reaktion auf Tweets des CEOs von Tesla, Elon Musk, zeigte. Gleichwohl sind diese Entwicklungen nicht vollständig auf derartige Statements zurückzuführen.
Unabhängig von den oben genannten Nachteilen gehen neben etwaigen Renditechancen weitere Vorteile für Verbraucher mit digitalen Währungen einher. So verweisen die zugrundeliegende Blockchain-Technologie und die potenziellen Unabhängigkeit zu Zentralbanken auf beständige Vorteile gegenüber analogen Währungen. Vor allem die natürliche Begrenzung der Bitcoin-Anzahl sowie die Unabhängigkeit zu Staaten und Zentralbanken stoßen bei Privatkunden auf großen Anklang. Hintergrund ist vor allem auch die Angst vor der Geldentwertung, beeinflusst durch die Notenbanken und deren „ultralockeren Geldpolitik“, wie so oft in den Medien diskutiert.
Einsatzpotentiale von Facebooks Diem
Unter anderem aufgrund hoher Verbraucherbeliebtheit sowie damit einhergehenden Ertragspotentialen hat ebenfalls der Tech-Gigant, Facebook 2019 überlegt eine eigene Kryptowährung namens Libra einzuführen, welche nun als Diem tituliert wird. Bis dato ist Facebook wohl das prominenteste Unternehmensbeispiel für eine eigene Kryptowährung.
Insbesondere die Popularität von Facebook, welche durch die hohe Nutzeranzahl (vor allem in der Altersgruppe 30 bis 39-jähriger) gegeben ist, könnte grundsätzlich zu einem starken Wachstum der unternehmenseigenen Kryptowährung Diem führen. (Stichwort „Netzwerkeffekt“). So könnten Verbraucher sowohl bei Facebook als auch über Whatsapp Bezahlungen per Diem tätigen. Da der Facebook-Konzern in Summe über mehr als 2,7 Milliarden Nutzer hat, wird das allgemeine Potential von Diem deutlich.
Wie anhand der allgemeinen Marktentwicklung der Kryptowährungen unverkennbar wurde, kann die hohe Volatilität ein großes Risiko für die Entwicklung von sämtlichen Kryptowährungen darstellen. Diem verfolgt hierbei einen differentiellen Ansatz, da diese digitale Währung an einzelne analoge Währungen gekoppelt sein soll. Infolgedessen kann der hohen Volatilität entgegengewirkt werden. Andererseits verringert diese Währungskoppelung allerdings die (gewünschte) Unabhängigkeit zu analogen Währungssystemen, sodass einzelne Zielgruppen von Investoren Diem womöglich als Investitionsalternative ausschließen.
Wachstumshemmnisse für Diem
Der Wirtschaftsdient berichtet: „Diem ist eine Herausforderung für Europa“. Hierbei handelt es sich um nur eine von vielen Schlagzeilen, die Wachstumshindernisse vermuten lässt. Die Opposition, die aus Geschäftsbanken, Zentralbanken, Lobbyisten und Politikern besteht, ist ein knallharter und ebenso mächtiger Gegner der Kryptowährungen.
Einige Bedenken sind zweifellos berechtigt, da die Einführung einer neuen Währung auch Funktionen von Zentralbanken tangieren z. B. die Konjunktur-/ Stabilisierungspolitik. Weitere zeitgemäße Themen betreffen in diesem Zusammenhang natürlich den Datenschutz sowie der zunehmende Einfluss und die Abhängigkeit von Tech-Giganten.
Ausblick & mögliche Handlungsempfehlungen
Die Tatsache, dass ein Tech-Konzern wie Facebook, welcher über etliche Kundendaten verfügt, eine eigene kryptografische Währung anbietet, stößt wie beschrieben aus diversen Perspektiven auf scharfe Kritik. Trotz der vorgestellten Bedenken könnte Facebook durch seine hohe Strahlkraft einen wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung des Zahlungsverkehrs beitragen.
Insbesondere in Ländern, in denen die Bürger unregelmäßig auf Girokonten zurückgreifen, würde ein innovatives, demokratisches Bezahlsystem via Messenger auf großen Anklang finden. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob Diem sich sowohl im Kryptomarkt als auch bei den Verbrauchern als Alternative zum klassischen Bankkonto bzw. Bargeld durchsetzen kann. Die Entwicklung hängt dabei maßgeblich von den regulatorischen Bestimmungen sowie der Entwicklung des Kryptomarktes ab.
Gianfranco Marotta, M. Sc. ist Koautor des Beitrags und als Finanzplaner & Analyst für ein globales Pharmaunternehmen tätig, sowie als Research Fellow an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management aktiv. Er befindet sich in den letzten Zügen seines zweiten berufsbegleitenden Masterstudiums an der französischen PPA Business School.