Auf das Spiel setzen!

Wie Banken mit Gaming die Finanzbildung und Kundenbindung steigern

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Vor einiger Zeit galt Gamification als wichtiger Trend im Banking. Der Hype hat sich schnell gelegt, das Problem jedoch nicht. Vielen Kunden fehlt Wissen und Spaß beim Umgang mit Finanzen. Spiele können dazu beitragen, dieses Problem zu lösen.

Gaming als neuer Ansatz für Banken und Sparkassen

Gaming als neuer Ansatz für Banken und Sparkassen.

Partner des Bank Blogs

Deloitte ist Partner des Bank Blogs

Als ich 1994 mit einigen Kollegen die Direkt Anlage Bank (den ersten europäischen Discount-Broker) gründete, war es unser Ziel, die Finanzmärkte zu demokratisieren, „Aktionärsbeteiligung“ einfach zu machen und eine breite „Aktionärskultur“ zu schaffen. Wir haben versagt. Nicht, weil wir keine Kunden hatten; wir hatten reichlich. Aber anstatt unsere Vision der Demokratisierung der Finanzmärkte zu teilen, wollten die Kunden die Märkte spielen bzw. „zocken“ und den Nervenkitzel schneller Gewinne und Verluste spüren, genau wie in einem Casino. Warum also sollten wir eine teure Banken- und Finanzdienstleistungen anbieten, wenn die Leute einfach nur legale Casinos wollen?

Risikoaufklärung und Finanzwissen

Wurden diese Kunden über den Handel aufgeklärt? Formal ja. Logisch. Haben die Kunden Risiko aber auch verstanden? Ganz sicher nicht. Wir haben gesehen, wie viele Menschen scheiterten und ihr hart verdientes Geld verloren. Aufgrund regulatorischer Vorgaben haben wir unseren Kunden Bücher über die Erfolgsgeheimnisse an den Finanzmärkten geschickt, aber ganz klar nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt. Meine Vermutung: 95 Prozent dieser Bücher landeten direkt im Papierkorb.

Die Situation hat sich seit den 1990er Jahren nicht wesentlich geändert. Im Gegenteil: Die letzten 25 Jahre kann man in dieser Hinsicht als verlorene Jahre betrachten. Während die Eingangs- Anekdote die Herausforderungen der Menschen beschreibt, die sich mit persönlichen Finanzen und Finanzmärkten wenn auch falsch aber zumindest beschäftigen, sind die Menschen ohne eigene Beschäftigung mit Finanzen sicherlich ein noch größeres Problem. Selbst in den entwickelten Märkten gelten etwa 40  Prozent der Bevölkerung in den USA und etwa 45  Prozent der EU-Bevölkerung als Finanz-Analphabeten. In den Schwellenländern Asien und Afrika haben etwa 50-60 Prozent der Bevölkerung nicht einmal Zugang zu Finanzdienstleistungen. In Teilen der Welt bedeutet die Auseinandersetzung mit Fragen der Finanzkompetenz und Inklusion zunächst, sich mit der Alphabetisierung zu befassen und die Herausforderungen für die Bereitstellung sinnvoller Finanzinhalte zu verdoppeln. Man mag Geld als „böse“ ansehen, aber eine stabile Gesellschaft gelingt nur, wenn es u. a. ein breites Mindestwissen zu Finanz-Themen gibt.

Förderung finanzieller Inklusion und Bildung

All diese Herausforderungen sind nicht neu. Verschiedene Initiativen der G20, der Weltbank, von Regulierungsbehörden und Regierungen auf der ganzen Welt zielen darauf ab, die finanzielle Inklusion und Bildung zu fördern, mit dem Ziel, die lokale Gesellschaft zu stabilisieren und zu verbessern. Aber es ist schwierig, Finanzwissen zu einem spannenden Thema zu machen, zu einem Thema zu machen, das die Leute interessiert, zumal das Thema meist in Form von Unterrichtstheorien, komplexen Diagrammen und langweiligen Zahlen präsentiert wird. Haben Sie schon einmal versucht, sich ohne Unterstützung über Hypotheken, Asset Allocation, Inflation, Kredite, Zinseszinsen und Kapitalgewinne etc. zu informieren? Das kann sehr frustrierend sein.

Gaming als Mittel der Finanzbildung

Hier nun die Preisfrage: Wie kann man Finanzkompetenz interessant und unterhaltsam einer breiten Masse präsentieren und vermitteln?

Gaming erscheint mir die Lösung für dieses Dilemma. Aus zweierlei Gründen:

  1. Spielbasiertes Lernen hat sich seit langem als ansprechende und produktive Möglichkeit erwiesen, Lernenden aller Niveaus Bildung zu vermitteln.
  2. Insbesondere Videospiele sind eine effektive Methode, um jeden Winkel der Welt zu erreichen. Zum Beispiel gibt es weltweit drei Milliarden Spieler, Tendenz steigend.

Es ist also die Kombination aus „Akzeptanz und Verbreitung“ sowie „didaktische Methodik“, die auch für Finanz-Themen zum Erfolg führen kann.

Die Vorteile von Spielen

Die Leute lieben Spiele, weil das ultimative Ziel eines Spiels darin besteht, die bestmögliche Nutzererfahrung zu bieten. Spiele unterstützen den Wunsch der Spieler, „besser“ zu werden, indem sie konkrete Aufgaben und erreichbare Ziele vorgeben, die zu den Fähigkeiten der Spieler passen. Zeitnahe Belohnungen und Feedbacks verhindern auf unterhaltsame und ansprechende Art und Weise Ablenkungen von außen. Die Spieler lernen und verbessern auf natürliche Weise ihre Fähigkeiten, ohne die offensichtliche pädagogische Erfahrung des „Lernens“. Darüber hinaus bieten Spiele ihrem Publikum Spaß, Leichtigkeit und Annehmlichkeiten. Damit werden die Besuche und die Verweildauer pro Besuch erhöht. Und letztendlich ist die Nutzererfahrung, die jedes Spiel bieten soll, „Flow“.

„Flow“ beschreibt einen Zustand in welchem eine Person, die eine Aktivität ausführt, vollkommen darin aufgeht. Diese Person ist voller Energie, voller Hingabe und Freude an der Aktivität selbst und voll und ganz in sie eingetaucht. Spiele dürfen daher nie zu einfach (und somit langweilig) oder zu kompliziert (und damit frustrierend) sein. Spiele sind immer im „Flow“.

Komplexes Finanzwissen zugänglich und unterhaltsam machen

In Anbetracht der großen Anzahl von finanziell unterqualifizierten oder unterversorgten Verbrauchern und der gleichzeitig weltweit verbreiteten hohen Akzeptanz von Videospielen haben wir Tradelite Solutions geschaffen. Die Vision ist es, komplexes Finanzwissen leicht zugänglich und unterhaltsam für Milliarden von Menschen zu machen, indem echte Finanzdaten in Finanzunterhaltungs-Videospiele integriert werden. Wenn Sie mir eine einfache Analogie erlauben: Vor dem ersten Start eines Piloten im wirklichen Leben wäre er gut beraten, viele Male in einem Flugsimulator geübt zu haben. So sollte es bei den eigenen Finanzen auch sein.

Tradelite Solutions hat von verschiedenen SaaS-Plattformen und Spieleentwicklungsunternehmen gelernt und eine Spieleentwicklungs-Plattform für Finanzunterhaltung geschaffen, die bestehende Plattformen wie Unity und Unreal ergänzt. Unser System wird mit Finanzinhalten und Finanzmarktdaten gefüttert und wandelt diese Daten in Spieltransaktionen, -mechanismen und mehr um, die wiederum von Spieleentwickler nutzen können, um eine Vielzahl von Videospielen aller Genres zu erstellen. Durch die Verwendung unserer Spieleentwicklungs-Plattform, beispielsweise in Kombination mit Unity, können Spieleentwickler hochwertige und unterhaltsame Spiele jedes Genres mit einzigartigen Finanzinhalten erstellen.

Genau wie beim Open Banking schafft Tradelite ein echtes Ökosystem dynamischer Stakeholder: Spieleentwickler erstellen Spiele; die Spiele werden auf dem Spielemarktplatz von Tradelite Distributoren aus allen Sektoren angeboten, die Finanzdienstleistungen, Finanzinformationen, Finanzbildung und Kundenbindung anbieten. Tradelite ermöglicht somit Finanzinstituten zu Distributoren von sinnvollen Finanzunterhaltungs-Videospielen zu werden.

Videospiele für Finanzinstitute

Warum sollten Finanzinstitute überhaupt daran denken, ihren Kunden Videospiele anzubieten? Wie in der Einleitung dieses Beitrags erwähnt, müssen die großen Herausforderungen der finanziellen Inklusion und der finanziellen Bildung angegangen werden. Finanzinstitute können Videospiele als Methode zur Kundenakquise, Kundenbindung, Bildung und Reaktivierung einsetzen. Videospiele bieten einen unterhaltsamen Kanal, um Kundenkontakt herzustellen und zu pflegen, den Customer Lifetime Value zu steigern und die Botschaften der Marke zu transportieren, ohne langweilig oder frustrierend zu sein. Und um den „Flow“ effektiv zu erreichen, muss man die Spieleentwicklung den Experten überlassen: den Spieleentwicklern.

Dabei ist es mir wichtig, den Unterschied zwischen Videospielen und Gamification hervorheben. Videospiele bieten keine bis risikoarme Bildung, Unterhaltung und etwas Nervenkitzel, während Gamification oft eine „Spaß-Tarnung“ für Produkte und Dienstleistungen mit realen materiellen Risiken ist. Die beiden, Spiele und Gamification, mögen ähnlich aussehen, sind aber sicherlich nicht gleich.

Versteht ein deutscher Banker diesen Ansatz?

Nun, Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn ein derartiger Ansatz wie oben beschrieben nicht kritisch aufgenommen würde. Ja, das Feedback ist international sehr positiv und um fair zu sein, auch in Deutschland gibt es Leute, die unsere Nachricht verstehen. Die erfolgreiche Durchführung unserer Business Angel Runde ist Beleg hierfür. Besonders wichtig war uns, dass wir als FinTech-Team Experten aus der Game-Welt gewinnen können. Mit Heiko Hubertz haben wir nicht irgendjemanden gewonnen, sondern den erfolgreichsten Game-Entrepreneur Deutschlands. Auszeichnung und Ansporn zugleich.

An dieser Stelle sei es mir gestattet, die kritischen Punkte zu beleuchten, die uns in diversen Gesprächen entgegengehalten werden. Der vorsichtige Banker tendiert sehr dazu immer erst die Frage „Darf man das?“, dann „Braucht man das?“ zu stellen. Die Fragen, „wie geht das?“, „Was kann ich damit machen?“ und „nutzt das meinen Kunden bzw. macht das womöglich Spaß“ existieren in seinem Sprachgebrauch so nicht. Kein Wunder, dass der vorsichtige Banker im Kontext der digitalen Innovation eigentlich abgehängt wurde und anderen das Feld kampflos überlassen hat. Dies sind die zentralen Punkte, die hinterfragt werden:

  1. „Wer spielt denn überhaupt?“
  2. „Was sind das denn für Spiele?“
  3. „Wen erreiche ich dann darüber?“

Alles berechtigte Fragen.

Hinter diesen Fragen steckt auch die Vermutung, dass Nutzer von Video Spielen grundsätzlich einkommensschwach und eher desozialisiert sind und mit roten Augen und blasser Haut ungewaschen im Keller oder unter dem Dach eines Hauses sitzen. So wie man sich das halt vorstellt, wenn man selbst nicht das Leben seiner Kunden lebt. Ein grundsätzliches Problem von Bankern, was letztlich dazu geführt hat, dass sich diese immer mehr von ihren Kunden entfernten, bzw. die sich von ihm.

Letztlich sind die Fragen einfach zu beantworten: Die Hälfte der Deutschen spielt Video Games., rechnet man die Alters-Ränder unserer Gesellschaft raus. Das Durchschnittsalter des deutschen Gamers ist ca. um die 38 Jahre. 48 Prozent der Gamer sind „Gamerinnen“, also Frauen. Angeblich nutzen 75 Prozent der Mütter Video-Spiele.

Der Ernst von Spielen

„Sind Spiele überhaupt ernst zu nehmen. Das sind ja letztlich Spiele und Spiele sind das Gegenteil von ernst.“ Und: „Die Spiele sehen ja auch so infantil aus. Ein Spiel über Finanzen muss ernst aussehen.“

Nun, darüber lässt sich trefflich streiten. Fakt ist, dass die mit erfolgreichsten Casual Games teilweise ein erschreckendes Design haben. Wie auch in der Gastronomie gilt hier: Das Essen muss dem Gast, nicht dem Koch schmecken. Um aber diesen Streit zu vermeiden, haben wir die Entscheidung getroffen, die Entwicklung der Spiele den Profis, also den Spiele-Entwicklern selbst zu überlassen. Würde ein Banker ein Spiel entwickeln, kann man davon ausgehen, dass es dann auch so aussieht. Und das wäre nicht gut. Das Gegenteil sollte also der Fall sein: Banker sollten lernen von Spielen zu lernen. Darüber hinaus nutzen wir die Daten-basierten Erkenntnisse aus der Nutzung der Spiele um zu wissen, was funktioniert und vom Spieler angenommen wird und was nicht. Ein Streit über Geschmack ist somit weder nötig noch hilfreich.

Kundenzentrierte Innovation durch Spiele

All dies ist wichtig, da die Nutzer von Spielen auch zu den Kunden und Mitarbeitern einer Bank gehört. Wie schwierig es jedoch ist, diese Brücke zu schlagen, zeigt eine abschließende Anekdote aus dem Jahr 2019: In einem asiatischen Projekt hatte ich die Chance mit einer renommierten Unternehmensberatung über die Einführung eines Community-Banking Ansatzes zu beraten. Die Mitarbeiter der Unternehmensberatung waren um die 30 Jahre alt. Auf meine Frage hin hatten sich 3 von den 5 als Gamer zu erkennen gegeben. Meine nächste Frage war, ob sie den Online-Zugang, den sie mir für die zu erstellende Community gebaut und vorgeschlagen hatten, auch als Gamer für ihr Spiel so akzeptieren würden. Die Antwort war klar: „nein“. Auf meine Frage, weswegen sie es mir dann so für eine Bank vorstellen würden, kam wiederum keine Antwort. Gemeinsam haben wir den vorgelegten Ansatz gekippt und uns darauf vereinbart, von den Besten zu lernen, also von Spielen zu lernen.

Ich war in den letzten 28 Jahren ein aufgeschlossener Banker, die Macht von Videospielen und ihre Bedeutung für die Finanzkompetenz habe ich aber erst heute verstanden. Folgen Sie mir auf diese Reise in eine neue Welt voller spannender Möglichkeiten, um Finanzdienstleistungen auf eine völlig neue Weise zu entdecken und zu erleben. Gemeinsam können wir kundenzentrierte Innovation wieder in den Mittelpunkt des FinTech-Bereichs rücken.

Über den Autor

Matthias Kröner

Matthias Kröner ist ausgewiesener Experte für Innovationen und „serial entrepreneur“ in der Finanzbranche. Seine jüngste Neugründung ist die Tradelite Solutions GmbH, die Videosspiele und die Finanzwelt zusammenführt. Zuvor war er Mitgründer und CEO der Fidor Bank. Er war Deutschlands jüngster Bankenvorstand bei der Direkt Anlage Bank AG und baute den ersten kontinentaleuropäischen Online-Broker mit auf. Der gelernte Hotelkaufmann studierte Betriebswirtschaftslehre in München und New York.

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