Nur noch 40 Tage Zeit zum Handeln

Frist zu Umsetzung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes läuft

Abonnieren Sie den kostenlosen Bank Blog Newsletter

Die Zeit ist knapp. Nachweislich sind 90 Prozent der bisherigen Umsetzungen zum BRSG-Zuschuss fehlerhaft. Arbeitgeber müssen oft trotz freiwilligem Zuschuss ab 1.1.22 gemäß Betriebsrentenstärkungsgesetz zusätzlich einen Pflichtzuschuss bezahlen.

Betriebsrentenstärkungsgesetz zwingt Arbeitgeber zum Handeln

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz zwingt Arbeitgeber im Bereich bAV zum Handeln.

Partner des Bank Blogs

Berg Lund & Company ist Partner des Bank Blogs

Der Gesetzgeber hat zum 01.01.2022 mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz erstmals auch für Bestandsverträge eine Verpflichtung des Arbeitgebers geschaffen, die betriebliche Altersversorgung des Arbeitnehmers zu unterstützen. Es gilt, dass Arbeitgeber einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 Prozent des Umwandlungsbetrags zahlen müssen, soweit sie durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeitrage einsparen.

Das ist in der bAV-Branche seit langem bekannt

Die Übergangsvorschrift ist seit langem bekannt; denn der Gesetzgeber wollte die Arbeitgeber nicht so-gleich belasten und hat daher mit § 26a BetrAVG eine Übergangsvorschrift geschaffen, nach der Entgeltumwandlungen, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen wurden, erst ab dem 01.01.2022 mit 15 Prozent bezuschusst werden müssen.

Dieser Arbeitgeberzuschuss muss in den Versorgungsvertrag (in der Regel „die“ Direktversicherung oder „die“ Pensionskasse) eingezahlt werden, in den auch das umgewandelte Entgelt fließt. Dazu musste der alte Versorgungsvertrag erhöht werden.

Fakt ist, ca. 90 Prozent der bisherigen bAV-Umsetzungen wurden im Markt fehlerhaft ausgeführt und umgesetzt. Zudem glaubt die Mehrheit der Arbeitgeber, dass wenn Sie bereits freiwillig 20 Prozent oder einen Fixbetrag  an den Arbeitnehmer bezahlt haben, sie dann nicht mehr zusätzlich den Pflichtzuschuss bezahlen müssen. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Ganz oft hat der Arbeitgeber keinen Querverweis auf die Sozialversicherungsersparnis gemacht und genau dann gilt keine Anrechnung.

Erstens – Dokumentation

Wenn der Gesetzgeber verlangt, dass der Arbeitgeberzuschuss in eine bestimmte Direktversicherung eingezahlt wird und dies nicht möglich ist, sollte der Arbeitgeber diese Ablehnung der Erhöhung dokumentieren. Erst diese Ablehnung rechtfertigt, dass der Arbeitgeber andere, weitere Maßnahmen ergreifen darf. Die Ablehnung ist sorgfältig zu archivieren.

Empfehlung: Bitte nicht in der Personalakte. Mit dem Ausscheiden eines Arbeitnehmers fällt der primäre Zweck der Datenverarbeitung – Begründung und Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses – weg. Die Personalakten sind folglich nach einer angemessenen Frist datenschutzkonform zu löschen bzw. zu vernichten. Die Verjährungsfrist in der betrieblichen Altersversorgung beträgt aber 30 Jahre, beginnend ab Renteneintritt des Arbeitnehmers. Also: Ablage in einem separaten Ordner, zulässig nach Art. 17 Abs. 3 b) DSGVO. 

Zweitens – Abschluss eines neuen Versorgungsvertrages:

Kann ein Altvertrag nicht erhöht werden, sollte der Arbeitgeberzuschuss in einen neuen Versorgungsvertrag fließen. Denn der Gesetzgeber will durch den Arbeitgeberzuschuss erreichen, dass der Arbeitnehmer im Ruhestand ein „Mehr“ an Versorgung hat. Daher muss der Arbeitgeberzuschuss auch dafür genutzt werden. Nun kommt es aber nicht selten vor, dass mit dem Arbeitgeberzuschuss eine neue Direktversicherung gar nicht abgeschlossen werden kann:

Beispiel: Bei einer Entgeltumwandlung von EUR 25,00 monatlich beträgt der Arbeitgeberzuschuss lediglich EUR 3,75 monatlich.

Die Annahmerichtlinien der Versicherungsgesellschaften lassen die Einrichtung einer Direktversicherung mit einem derart geringen Betrag gar nicht zu. Das ist auch nachvollziehbar, weil selbst der Gesetzgeber einen Mindestumwandlungsbetrag von EUR 20,56 monatlich (Stand 2021), vgl. § 1a Abs. 1 Satz 4 BetrAVG vorgegeben hat.

Sofern der Arbeitnehmer sich jetzt nicht zu einer weiteren Entgeltumwandlung entschließt und damit ein erhöhter Gesamtbetrag in eine neue Direktversicherung eingezahlt werden kann, ist das Problem des Arbeitgebers nicht gelöst.

Drittens – Verzicht des Arbeitnehmers?

Ein Verzicht des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeberzuschuss ist nicht zulässig. Selbst wenn er damit einverstanden wäre, stünde das ausdrückliche Verbot nach § 19 Abs. 3 BetrAVG entgegen. Ein Verzicht wäre nichtig!

Viertens – Reduzierung der Entgeltumwandlung

Möglich ist dann noch eine Reduzierung der bisherigen Entgeltumwandlung in der Höhe, dass die verbleibende Entgeltumwandlung zuzüglich des Arbeitgeberzuschusses wieder den Beitrag des Altvertrags ergibt.

Dies widerspricht zwar dem Willen des Gesetzgebers, weil der Arbeitnehmer dadurch den Vorteil des Arbeitgeberzuschusses nicht erst im Ruhestand, sondern bereits sofort durch den geringeren Eigenanteil erhalt. Da aber der Gesetzgeber den Fall, dass sich der Alt-Vertrag nicht erhöhen lässt, offensichtlich nicht bedacht hat, und der Arbeitnehmer seine Entgeltumwandlung ohnehin verändern und reduzieren darf, ist dieses Vorgehen vertretbar. Dann wird in der Regel nach der sog. „im Hundert“-Methode berechnet, was das folgende fehlerhafte Beispiel zeigt:

  • Entgeltumwandlung bisher: 100 €
  • Entgeltumwandlung neu: 86,96 EUR
  • Arbeitgeberzuschuss (15 Prozent) neu: 86,96 EUR
  • Summe: EUR 100,00 EUR

Aber ist das korrekt? Diese Frage ist berechtigt, denn der Arbeitnehmer hat eigentlich Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von EUR 15,00 (15 Prozent auf EUR 100,00). Er ist schließlich nicht verantwortlich dafür, dass sich der Alt-Vertrag nicht erhöhen lässt.

Folgendermaßen ist die Berechnung korrekt:

  • Entgeltumwandlung bisher: EUR 100,00
  • Entgeltumwandlung neu: Summe: EUR 85,00
  • Zuschuss (15 Prozent auf EUR 100,00) neu: EUR 15,00
  • Summe: EUR 100,00

Arbeitgeber, die eine spätere Haftung sicher vermeiden möchten, sollten den Arbeitgeberzuschuss daher auf diese Weise berechnen.

Weiter ist eine neue Entgeltumwandlungsvereinbarung zu vereinbaren, welche die neue Aufteilung zwischen Arbeitnehmerbeitrag und Arbeitgeberzuschuss dokumentiert. Diese Vereinbarung ergänzt oder ersetzt die bisherige Vereinbarung. Es muss also deutlich dokumentiert werden, dass nur eine arbeitsrechtliche Zusage im Raum steht und nicht auf einmal zwei.

Im schlimmsten Fall bucht der Arbeitgeber nur die neuen Beträge – lässt die bisherige Dokumentation jedoch ohne Änderung stehen. Ein fataler Fehler.

Fünftens – zeitnaher Handlungsbedarf

Im Jahr 2020 gab es in Deutschland rund 8,6 Mio. Direktversicherungen. Die bAV ist zu 71 Prozent zumindest teilweise arbeitnehmerfinanziert, also durch Entgeltumwandlung.

Daraus kann geschlossen werden, dass Millionen von Direktversicherungen zu bezuschussen sind. Es wird höchste Zeit, das Thema anzugehen. Die oben beschriebene Dokumentation ist dabei nicht der erste Schritt.

Der Arbeitgeber muss sich fragen, wie er das Thema angehen mochte:

  • Arbeitgeberzuschuss in gesetzlicher Höhe? Das bedeutet „spitzes“ Abrechnen in der genauen Höhe der SV-Ersparnis und ist daher nicht zu empfehlen.
  • Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 Prozent, begrenzt auf eine Entgeltumwandlung bis 4 Prozent – der Beitragsbemessungsgrenze? Ab dem 01.01.2022 haben wir erstmals eine Senkung der BBG. (von 284 € auf 282 € Förderbetrag)
  • Arbeitgeberzuschuss in Höhe von mehr als 15 Prozent, z.B. 20 Prozent?

Oftmals sind weitere Fragen zu klären, wie die – unbedingt zu empfehlende – Einrichtung einer Versorgungordnung zur Erfüllung der Pflichten des Arbeitgebers, die sich z.B. aus § 4a BetrAVG ergeben.


Dokument als PDF herunterladenDie  vollständigen Empfehlungen können als Leitfaden hier kostenlos heruntergeladen werden.


Andreas Hofmann – Vorstandsmitglied, Pension Benefit AG

Andreas Hofmann

Andreas Hofmann ist Koautor des Beitrags. Er ist Vorstandsmitglied der Pension Benefit AG. Gestartet nach einer  Ausbildung als Versicherungskaufmann als Firmenkundenberater im Bankenvertrieb waren weitere Stationen Direktor für betriebliches Vorsorgemanagement, Dozent, und Geschäftsführer der Finum-Pension-Consulting.

Über den Autor

Bernd Steinhart

Bernd Steinhart ist Vorstandsmitglied der Pension Benefit AG Er ist nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann im Bereich bAV tätig, u.a. als Vertriebsleiter der WWK-Versicherung.

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


Mit dem kostenlosen Bank Blog Newsletter immer informiert bleiben:

Anzeige

Get Abstract: Zusammenfassungen interessanter Businessbücher

Kommentare sind geschlossen

Bank Blog Newsletter abonnieren

Bank Blog Newsletter abonnieren