Schlüsselfaktoren erfolgreicher Fusionen von Regionalbanken

Aufbruch zu neuen Ufern

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In wirtschaftlich anspruchsvollen Zeiten gewinnen Fusionsüberlegungen bei Regionalbanken zunehmend an Bedeutung. Einfach nur zu wachsen, löst aber keine Probleme. Langfristig führen Fusionen nur zum Erfolg, wenn grundlegende Schlüsselfaktoren beachtet werden.

Erfolgsfaktoren für Fusionen von Banken und Sparkassen

Langfristig führen Fusionen nur dann zum Erfolg, wenn das neue Gesamthaus eine umfassende strategische Optimierung erfährt.

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Banken befinden sich aktuell in herausfordernden Zeiten. Zu den Dauerbrennern Niedrigzins und Regulatorik gesellte sich 2021 noch das BGH-Urteil zum AGB-Änderungsmechanismus bei Preisanpassungen. Zudem stiegen die Einlagen, insbesondere bei Regionalbanken, in der Pandemie weiter kräftig an. Geldhäuser geraten auch durch die an die EZB zu entrichtenden Verwahrentgelte und die von der Höhe der Einlagen abhängige Bankenabgabe weiter unter Druck und senken u.a. die Grenzen für Negativzinsen auf private Einlagen immer weiter ab.

Dieser Druck zeigt sich auch in den Jahresabschlüssen: Die Betriebsergebnisse in Relation zur (kräftig wachsenden) Bilanzsumme sind seit Jahren deutlich rückläufig. Dies ist die Folge eines stetigen Rückgangs des Zinsüberschusses, der durch steigende Provisionserträge und Einsparungen bei Verwaltungsaufwänden nicht kompensiert werden kann. Auch die Eigenkapitalrentabilität der Sparkassen nahm von 2016 auf 2020 von 10,4 Prozent auf 5,4Prozent ab, jene der Genossenschaftsbanken im Vergleichszeitraum von 11,5 Prozent auf 7,3 Prozent.

Zwar ist im Markt noch keine überproportionale Dynamik zu erkennen. Viele Regionalbanken ziehen dennoch eine Fusion immer ernsthafter in Erwägung, wenn es um die Frage geht, wie der Spirale entgegengewirkt werden kann.

Eine Fusion ist kein Selbstzweck

Unabhängig vom Planungshorizont einer Fusion und den konkreten Beweggründen: Stets gehören auch ökonomische Faktoren zu den Hauptzielen. Durch ein Mehr an Bilanzsumme, Kundengeschäftsvolumen und Mitarbeiter/innen soll das neue Gesamthaus an Substanz gewinnen und hebt auf Sicht Kostensynergien.

Eine Fusion ist aber ein sehr umfangreiches, arbeitsintensives Unterfangen, das zwei Organisationen für einen mehrjährigen Zeitraum beansprucht. Deshalb sollte eine Fusion als grundlegende Chance verstanden werden, ein Gesamthaus „vom Grunde auf“ neu aufzustellen und dabei teilweise längst fällige Optimierungsschritte anzugehen. Die rechtliche und regulatorische Konformität des Fusionsvorhabens bildet dabei eine wesentliche Säule. Zum „Tag 1“ müssen alle Hausaufgaben erledigt sein; dies umfasst auch alle relevanten politischen Eckpfeiler. Auch die technische Migration ist ein essenzieller, erfolgskritischer Arbeitsstrang mit hohem Aufwand. Dieser wird jedoch durch die IT-Dienstleister der Regionalbankengruppen eng begleitet. Beide gehören zu den „Pflichtthemen“.

1 + 1 = 3 gilt nur bei nachhaltiger strategischer Optimierung

Inhaltliche Schwerpunkte in Fusionsprojekten liegen indes häufig auf der Vereinheitlichung von Prozessen. Es wird intensiv diskutiert, ob der Prozess des einen oder jener des anderen Althauses der künftig passendere ist. In ohnehin immer stärker standardisierten Organisationen kommt dabei der strategische Weitblick bisweilen zu kurz.

Ziel einer Fusion darf es nicht sein, nach etwa zwei Jahren intensiver Arbeit dort zu stehen, wo beide Häuser schon vor der Fusion standen – nur eben als gemeinsames Institut. Dann würden weitreichende strategische Chancen vertan und die Fusionssynergien beliefen sich im Wesentlichen auf Kostensynergien aus Overhead in Stab und Sachkosten. Gleichzeitig wären aber bis zu zwei Jahre Entwicklung nahezu verloren, da die Konzentration auf die „Pflichtthemen“ echtem Fortschritt im Weg stand.

Klare Fusionsplanung als Voraussetzung für den Erfolg

Die ernsthafte strategische Optimierung sollte daher von Anfang an einen großen Stellenwert erhalten. Sie muss intern bereits tiefer gehen, als es in einem Fusionskonzept niedergeschrieben wird. Außerdem muss sie sich auch in der Zeitplanung der Fusion konkret widerspiegeln.

  • Am Anfang sollte ein umfassender strategischer Check stehen, wie sich das neue Haus in allen relevanten Geschäftsfeldern aufstellen möchte.
  • Dann sollte ein realistischer Plan für die Klärung der übergreifenden Fragen gefasst werden. Dieser sollte neben Muss-Themen wie gemeinsamer Mittelfristplanung, Risikotragfähigkeit/-profil, Steuerungskonzept, Standortkonzept und Ziel-Aufbauorganisation auch bereits einen strategischen Rahmen für Vertrieb, Stab und Produktion berücksichtigen. Auch für vermeintlich „weiche“ Themen wie die Führungskräfteauswahl, das Change-Vorgehen im Projekt und die Kommunikation in Richtung aller Stakeholder sollten frühzeitig die Weichen gestellt werden.
  • Entlang einer Priorisierung sollten dann alle Entwicklungsthemen auf eine Zeitleiste gelegt werden. Geeignete Zeitpunkte für rechtliche und technische Fusion sind in diesem Zuge zu finden.

Ein schlagkräftiges neues Haus stellt den Vertrieb in den Mittelpunkt

Häufig vernachlässigt werden dabei vertriebliche Ansatzpunkte, um auch auf der so wichtigen Ertragsseite zu wachsen. So schätzten 90 Prozent der in einer BLC-Studie befragten Regionalbankenvorstände eine Fusion als geeignet an, um Erträge zu steigern. Nur knapp die Hälfte hatte dieses Ziel nach vollzogener Fusion indes erreicht.

Dabei stellt die Fusion einen sehr guten Anlass dar, um die Betreuungskonzeption im privaten wie im gewerblichen Bereich auf den Prüfstand zu stellen. Werden neue Segmente durch das Kundenwachstum künftig attraktiv – etwa ein Private Banking, die dedizierte Beratung von Kunden aus freien und Heilberufen oder die Intensivierung des Leasing-, Factoring- oder Auslandsgeschäfts?

Auch in der detaillierten Auseinandersetzung mit Produkten liegen große Chancen. Eine reine Vereinheitlichung des Preis- und Leistungsverzeichnisses springt dabei zu kurz. Da ohnehin ein Neustart bevorsteht, ist die Fusion der richtige Zeitpunkt, etwa private wie gewerbliche Girokontomodelle neu zu gestalten, Regelungen für Verwahrentgelte zu überdenken sowie Pricing-Ansätze, insb. im Aktivgeschäft, grundlegend weiterzuentwickeln.

Zudem kann der Zusammenschluss den Startschuss für eine ganzheitliche Anpassung bei Vertriebsplanung, -steuerung und -verzielung bilden. Da bei der Zusammenführung der Planungen zweier Althäuser ohnehin ein Deep-Dive in Zahlenwerke nicht ausbleibt, wäre der Verzicht auf eine vielfach notwendige Optimierung eine vertane Gelegenheit, deren Ergreifen sich mittelfristig auszahlen wird. Durch die intensive strategische Beleuchtung dieser Chancen und Pflichten erhält der Vertrieb im Projekt die Bedeutung, die er für eine erfolgreiche Zukunft des Fusionshauses auch einnehmen muss: Eine schlagkräftige Regionalbank stellt den Vertrieb in den Mittelpunkt.

Auch Produktion und Stäbe können mehr als „nur“ Cost-Cutting

Produzierende Einheiten wachsen zunächst mit den steigenden Mengengerüsten. Im Rahmen der Fusion sollte aber auch hier die Prozessoptimierung im Vordergrund stehen. Eine End-to-End-Optimierung der Serviceprozesse kann neben dem Servicepersonal auch die Marktfolge passiv spürbar entlasten. Werden Kreditprozesse ganzheitlich überarbeitet, lassen sich mehr Synergien heben, als es nur durch steigende Risikorelevanz- und Ratinggrenzen der Fall ist.

Auch in den Stäben ist mehr möglich als reines Cost-Cutting auf Basis nur noch einmal anfallender Aufgaben. So können etwa in der Innenrevision Prüfungszyklen überarbeitet, die Gesamtbanksteuerung um eine gezielte RWA-Steuerung erweitert oder auch die Asset-Allocation-Strategie im Eigenhandel zukunftsgerichtet adaptiert werden. Zudem ergibt sich vielfach eine neue Ausgangsbasis für die Bewertung von Insourcing- und Outsourcing-Sachverhalten. Alte Business Cases, etwa zur Auslagerung bestimmter Aufgaben in Organisation, Compliance oder Beauftragtenwesen, könnten durch die Fusion zu anderen Ergebnissen gelangen.

Die Zukunft beginnt jetzt – und nimmt alle mit auf den Weg

Im Rahmen der Fusion wird die Zukunft des neuen Hauses gestaltet. Damit sind Zukunftsthemen geradezu prädestiniert dafür, im Fusionsprojekt gemeinsam erarbeitet zu werden. So könnte etwa eine Nachhaltigkeitsstrategie, die auf die Nutzung konkreter Chancen in den ESG-Kriterien und nicht nur auf die Erfüllung regulatorischer Mindestanforderungen ausgerichtet ist, Teil der Geschäftsstrategie werden.

Die kombinierte Standort- und Raumplanung könnte den Startschuss für ein modernes New Work-Konzept geben, das auch Home Office und mobiles Arbeiten angemessen regelt. Und der Weg zu einer agileren Organisation könnte damit beginnen, dass bestimmte Projektbestandteile in Sprints erarbeitet werden – und das Fusionshaus so „agil agiler wird“.

Ein projektbegleitendes Change Management begegnet den Sorgen und der Unsicherheit der Mitarbeiter/innen zudem aktiv. Diese müssen von Tag 1 an als wesentlicher Erfolgsfaktor verstanden und entsprechend für die Ziele begeistert werden – durch ein partizipatives und integratives Vorgehen im Projekt und eine transparente und motivierende Kommunikation.

Wenn Fusion, dann als echter Aufbruch zu neuen Ufern

Gründe für eine Fusion gibt es zahlreiche. Die wirtschaftliche Gesamtlage wird die Dynamik im Regionalbankenumfeld voraussichtlich weiter steigern. Damit die Fusion gelingt, müssen technische, politische, rechtliche und regulatorische Themen sorgfältig bearbeitet werden. Wirklich erfolgreiche Institute nutzen die Projektarbeiten indes dafür, das neue Gesamthaus umfassend inhaltlich weiterzuentwickeln und damit fit für die Zukunft zu machen. Die transparente Einbindung der Mitarbeiter/innen ist dafür ein Schlüssel.


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Über den Autor

Dr. André Krapat

Dr. André Krapat ist Partner/Gesellschafter bei Berg Lund & Company (BLC) und spezialisiert auf Regionalbanken und weitere Finanzdienstleister sowie vertriebsstrategische Fragestellungen, ganzheitliche Prozessoptimierung und Themen rund um die digitale Transformation. Zudem begleitet er strategische Reorganisationen, Fusionen und Post-Merger-Integrationen.

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