Bausparen „reloaded“: Die Zinswende macht’s möglich

Herausforderungen und Chancen für ein bewährtes Konzept

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Totgesagte leben länger. Die steigenden Zinsen führen zu einem Revival des Bausparens. Für eine Bausparkasse wie Schwäbisch Hall ist das organisatorisch – insbesondere im Kundenservice – kein Selbstläufer. Die Herausforderungen liegen dabei auch im Kundenservice.

Bausparen erlebt durch die Zinswende ein Revival

Bausparen erlebt durch die aktuell Zinswende ein Revival.

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Die steigenden Zinsen erinnern viele Menschen wieder an die Vorteile des Bausparens. Auch wenn die Nachfrage nach Baufinanzierungen nicht nur zins-, sondern auch preisgetrieben deutlich zurückgeht: Der Traum von den eigenen vier Wänden bleibt für viele auf der Wunschliste ganz oben. Ebenso wie der Wunsch, sich eine günstige und flexible Finanzierung heute schon zu sichern.

Für Schwäbisch Hall zahlt sich das breit aufgestellte Geschäftsmodell einmal mehr aus: Baufinanzierung und Bauspargeschäft reagieren gegenläufig auf die Zinswende. In beiden Geschäftsfeldern spielt die Nutzung digitaler Chancen eine zunehmend große Rolle. Im Bausparneugeschäft sind die Prozesse bereits hoch digitalisiert. Nicht so im Bestandsgeschäft – hier ist die verstärkte Digitalisierung der Prozesse ein erfolgsentscheidender Stellhebel.

96 Prozent der Einreichungen im Neugeschäft erfolgen digital

Nahezu alle Neuanträge im Bauspargeschäft kommen auf digitalem Weg über eines der Frontoffice-Systeme herein, 80 Prozent der weiteren Verarbeitung im Neugeschäft erfolgen automatisiert. Das schlägt sich auch in der Ressourcenbindung nieder: 1 Mrd. € mehr Neugeschäft im Bausparen verursacht den Bedarf von weniger als einer Vollzeitarbeitskraft in der Bearbeitung.

Im Kreditneugeschäft ist diese Relation weitaus ungünstiger, hier gibt es immer noch einen hohen Manufakturanteil. Der zeitgleich erfolgende Wechsel auf ein SAP-basiertes Kernbankensystem für unser Kreditgeschäft bedeutet eine zusätzliche Herausforderung.

Die Demographie schlägt zu

Die Herausforderung liegt in den Serviceaufträgen aus dem Kundenbestands. 85 Prozent der Mitarbeitenden im Bauspar-Processing bearbeiten diese Bestandsprozesse, und hier gibt es noch erhebliches Automatisierungspotenzial. Klar: Personendaten- und Anschriftenänderungen oder Wohnungsbauprämien-Anträge können sehr weitgehend digital und automatisiert unter Einbindung der Kunden abgewickelt werden. Doch bei einem Großteil der Prozesse ist der manuelle Anteil noch sehr groß und muss reduziert werden.

Auch weil die Demographie erbarmungslos zuschlägt: In den nächsten Jahren gehen viele Mitarbeitende im Bauspar-Kundenservice bei uns in den Ruhestand. Diese Lücke kann nicht nur durch Menschen geschlossen werden; auch Prozesseffizienz und Prozessautomatisierung müssen einen Beitrag leisten.

Lernen von den Besten

Unter dem Motto „Kapieren statt Kopieren“ haben wir haben in den vergangenen Jahren viel unternommen, um von den Besten anderer Branchen zu lernen. Ein Beispiel dafür ist das Thema „Lean Management“ als Basis für effiziente Prozesse im Kundenservice. Die damit verbundenen Methoden nutzen wir seit Jahren für Fortschritte bei Prozessoptimierung und Standardisierung. Entscheidend ist hier die Reihenfolge: weglassen/vereinfachen, standardisieren/integrieren und automatisieren.

An Prozessdigitalisierung führt kein Weg vorbei

Um diesen Weg konsequent weiterzugehen, haben wir eine Digitalisierungsoffensive für unsere Prozesse im Bausparbestand gestartet. Wir wollen damit vor allem den geänderten Kundenanforderungen an die Digitalisierung gerecht werden – Stichwort Selfservice zu jeder Zeit über die vom Kunden gewünschten Kanäle – und so Kundennutzen und Zufriedenheit zu erhöhen. Auch vor dem Hintergrund der schon erwähnten demografischen Entwicklung ist klar, dass an einer automatisierten Verarbeitung – auch unter dem Blickwinkel der Profitabilität – kein Weg vorbeiführt. Dafür müssen Bausparaufträge digital und strukturiert vorliegen. Das erreichen wir durch die Einreichung über vordefinierte Kanäle durch Kunden, unseren Außendienst und die genossenschaftlichen Partnerbanken oder durch die nachträgliche Digitalisierung der Aufträge bei uns im Haus. Die Entwicklung und Bereitstellung der Technik, also QR-Codes auf Briefen, elektronische Formulare, Optische Texterkennung und Künstliche Intelligenz, ist dabei nur eine Seite der Medaille. Im anderen Teil dieses erfolgskritischen Transformationsprozesses geht es vor allem darum, Kunden und Vertriebspartner an die digitalen Prozesse heranzuführen.

Die Zukunft ist schon da: Robotic Process Automation

Bereits 33 „maschinelle Kollegen“ bearbeiten über 60.000 Vorgänge pro Monat – die Leistung eines Teams mit 26 Vollzeitarbeitskräften! Jedes Jahr kommen 12 neue dazu, laufend werden die hierfür geeigneten Prozesse komplexer. Natürlich hat das Grenzen. Für die robotergestützte Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) muss es sich um regelbasierte, digitale Tätigkeiten handeln, die maschinenlesbar in großer Menge vorhanden sind. RPA hilft also, die hohen Auftragseingänge auch mit sinkendem Personalbestand zu bewältigen und verschafft den Mitarbeitenden Freiräume für anspruchsvollere Tätigkeiten, für die es keine technischen Lösungen gibt.

Die Zukunft ist heute schon Realität: Eine aktive, flexible Steuerung, die Ressourcen bedarfsorientiert auf die jeweils kunden- oder zeitkritischen Prozesse umswitcht. Dazu ein Skill-Management mit dem klaren Ziel, einfache Prozesse maschinell erledigen zu lassen, so dass die Mitarbeitenden breiter und weiter für komplexere Prozesse qualifiziert werden können. Nach anfänglicher Skepsis wird dieses System inklusive der RPA heute durchgängig akzeptiert.

Der Mensch bleibt im Mittelpunkt

Entscheidend für ein positives Kundenerlebnis bleibt die persönliche Betreuung durch das Dialogcenter. Pro Tag gehen hier 6.000 – 8.000 Anrufe ein, werden rund 300 Live-Chats durchgeführt. Das gelingt nur mit der Unterstützung einer hochmodernen, cloudbasierten Telefonanlage, die verschiedene Eingangskanäle managt und eine zielgruppenorientierte Steuerung ermöglicht.

Skalierbarkeit gewährleisten, profitabel sein, Kundennutzen sichern

Das Bausparen ist zurück, weil der Kundennutzen wieder deutlich sichtbar ist. Das veränderte Kundenverhalten, die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung und die demografische Entwicklung setzen aber neue Rahmenbedingungen. Wir haben mit der Prozessdigitalisierung, der robotergestützten Prozessautomatisierung und der gezielten Ressourcensteuerung über aktives Skill-Management die wesentlichen Weichen für die Skalierbarkeit des Bauspargeschäfts gestellt, ohne dabei den Kunden aus den Augen zu verlieren.

Über den Autor

Kristin Seyboth

Kristin Seyboth ist Vorstandsmitglied der Bausparkasse Schwäbisch Hall und Mitglied der Geschäftsführung der Schwäbisch Hall Kreditservice GmbH. Zum Verantwortungsbereich der Diplom-Wirtschaftsinformatikerin gehören das Prozessmanagement, die IT und das Bauspar-Processing sowie die Steuerung der Einführung eines SAP-basierten Kernbankensystems.

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