Arbeitssucht ist eine Sucht und damit eine Erkrankung. Einer aktuellen Studie zufolge sind vor allem Führungskräfte gefährdet. Kein Wunder: Input statt Output zu messen ist immer noch weit verbreitet und Workaholic zu sein, befördert vielerorts die Karriere.
Eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hat Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ausgewertet, für die gut 8.000 Erwerbstätige zu ihrem Arbeitsverhalten und ihrem Wohlbefinden befragt wurden.
10 Prozent der Erwerbstätigen sind durch Arbeitssucht gefährdet
In Deutschland gibt es demnach einen Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und schlechterer Gesundheit. Sowohl die subjektive Selbsteinschätzung des allgemeinen Gesundheitszustands als auch die Anzahl berichteter psychosomatischer und körperlicher Beschwerden lassen diesen Schluss zu.
Etwa zehn Prozent der Befragten wurden von den Forschern als suchthaft arbeitend eingestuft. Das bedeutet, dass diese Beschäftigten nicht nur exzessiv, sondern auch zwanghaft arbeiten, wobei exzessives Arbeiten weit verbreiteter ist als zwanghaftes. Sie neigen dazu, sehr lange, schnell und parallel an verschiedenen Aufgaben zu arbeiten, haben oft ein schlechtes Gewissen, wenn sie freinehmen und fühlen sich unfähig, am Feierabend abzuschalten und zu entspannen.
Dies hat Auswirkungen auf ihre Gesundheit: Sie bewerten ihren Gesundheitszustand etwa doppelt so häufig als weniger gut oder schlecht im Vergleich zu nicht betroffenen Erwerbstätigen. Sie haben auch häufiger körperliche oder psychosomatische Beschwerden, suchen jedoch seltener ärztliche Hilfe.
Vielfältige Symptome von Arbeitssucht
Die Forscher haben auch einen signifikanten Unterschied bei den Fehltagen zwischen den Gruppen festgestellt. Fast die Hälfte (45 Prozent) der suchthaft Arbeitenden meldete sich vor der Befragung an keinem einzigen Tag krank, im Vergleich zu nur 36 Prozent der Gelassenen. Dies lässt vermuten, dass suchthaft Arbeitende der Behandlung und Genesung ihrer Beschwerden weniger Beachtung schenken als Gelassene.
Darüber hinaus gaben 28 Prozent der suchthaft Arbeitenden an, dass ihr allgemeiner Gesundheitszustand weniger gut oder schlecht sei, verglichen mit nur 14 Prozent der Gelassenen, die in der Mehrheit der Erwerbstätigen sind.
Personen, die exzessiv, aber nicht zwanghaft arbeiten, schätzten ihren Gesundheitszustand ähnlich gut ein wie Gelassene. Ähnliche Unterschiede zeigen sich auch bei den abgefragten Einzelbeschwerden. Nur 8 Prozent der suchthaft Arbeitenden gaben an, in den letzten zwölf Monaten keine Beschwerden gehabt zu haben, im Vergleich zu 20 Prozent der Gelassenen. Die erste Gruppe nannte im Durchschnitt 7,1 Beschwerden, während die zweite Gruppe 4,3 angab. Alle Arten von Beschwerden sind bei den suchthaft Arbeitenden häufiger, insbesondere psychosomatische Beschwerden wie Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit sowie Muskel- und Skelettbeschwerden wie Rückenschmerzen.
Es zeigt sich auch, dass suchthaft Arbeitende seltener wegen ihrer Beschwerden ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Rund 30 Prozent von ihnen haben mehr als sechs unbehandelte Beschwerden, während es bei den Gelassenen nur 15 Prozent sind.
Führungskräfte stärker von Arbeitssucht gefährdet
Es gibt einen deutlichen und statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen suchthaftem Arbeiten und Führungsverantwortung. Forschungsergebnisse zeigen, dass unter den Erwerbstätigen mit Führungsverantwortung etwa 12 Prozent suchthaft arbeiten, während es bei Führungskräften auf der oberen Ebene sogar 17 Prozent sind.
Einer der Gründe dafür könnte sein, dass Führungskräfte aufgrund ihrer Verantwortung für ihre Mitarbeiter einem erhöhten Arbeitsdruck ausgesetzt sind. Es wird oft erwartet, dass sie als Erste den Arbeitstag beginnen und/oder als Letzte den Arbeitstag beenden, was Anreize für suchthaftes Arbeiten schafft.
Arbeitssucht schadet Mitarbeitern und Unternehmen
Basierend auf den Ergebnissen und dem aktuellen Forschungsstand ist anzunehmen, dass Personen, die suchthaft arbeiten, ein erhöhtes Risiko für Burnout und depressive Verstimmungen haben. Dies stellt nicht nur für die betroffenen Personen, sondern auch für Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt ein Problem dar.
Vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sind Arbeitskräfte bereits in vielen Branchen knapp. Langfristige Auswirkungen von exzessivem und zwanghaftem Arbeiten können zu langwierigen Arbeitsausfällen führen. Die Forscher betonen daher, dass Präventionsmaßnahmen wie Gesundheitsförderung, Änderungen der Betriebskultur und die Einbindung von Betriebsräten notwendig sind, um solchen Risiken entgegenzuwirken.
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