Generative KI, Wertewandel und Inflation läuten ein Jahrzehnt des Umbruchs ein. Eine Studie identifiziert fünf wichtige digitale Trends sowie Maßnahmen, die Unternehmen im Jahr 2024 beachten sollten.
Der fortlaufende technologische Fortschritt löst ein radikales Umdenken in der Gesellschaft aus. In einer Phase, in der Menschen ihre Lebensentwürfe hinterfragen und neu ausrichten, entsteht eine Atmosphäre der Unsicherheit und Fragilität, die auch für Unternehmen spürbar ist. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel.
Der Wertewandel der Verbraucher, die weitreichende Verbreitung von KI-basierten Anwendungen und die schnelle Veränderung grundlegender Paradigmen stellen Entscheidungsträger vor viele offene Fragen. Die zentrale Frage lautet: Wo sollte man am besten beginnen? Aktuell liegt die Antwort auf der Betonung von Spitzenleistungen, menschlichem Einfallsreichtum und Kreativität.
Veränderung in Leben und Alltag der Menschen
Jedes Jahr identifiziert Accenture digitale Trends, die Auswirkungen auf Leben und Alltag der Menschen haben. Die Prognosen wurden mithilfe eines globalen Netzwerks erarbeitet, das aus Designern, Kreativen, Technologen, Soziologen und Anthropologen besteht. Um die Trends zu validieren, wurden zudem über 15.000 Menschen in 21 Ländern befragt.
Die Trends geben einen Einblick in das Zusammenspiel zwischen Menschen, ihren Verhaltensweisen und ihren generellen Einstellungen gegenüber Veränderungen – sei es in der Wirtschaft, in der Technologie oder bei anderen gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie sollen Unternehmen dabei helfen, die Motivationen der Kunden besser zu verstehen, um daraus Wachstum zu erzielen.
5 digitale Trends für 2024
In der diesjährigen Studie werden die folgenden fünf Makrotrends identifiziert, mit deren Hilfe Unternehmen auch in unruhigen Fahrwassern für ihre Kunden relevant bleiben und wachsen können:
- Der Kunde hat immer recht – oder doch nicht?;
- Der große Interface-Shift;
- Steht uns die kreative Mittelmäßigkeit bevor?;
- Error 429: Limit menschlicher Anfragen erreicht;
- Jahrzehnt des Umbruchs.
1. Der Kunde hat immer recht – oder doch nicht?
Über viele Jahre hinweg hat die Korrelation zwischen Kundenerfahrung und Umsatzwachstum Unternehmen dazu veranlasst, die Bedürfnisse der Verbraucher in den Mittelpunkt jeder Entscheidung zu stellen. Allerdings zwingen wirtschaftliche Umstände Unternehmen dazu, Kosten zu reduzieren, was zu Spannungen zwischen Verbrauchern und Marken auf allen Kanälen führt. Fast die Hälfte der Konsumenten fühlt sich beim Kontakt mit Servicecentern weniger wertgeschätzt.
Preisanpassungen, Qualitätsabstriche, kleinere Produktgrößen, der Zwang zu unliebsamen Abonnements und schlechter Kundenservice tragen dazu bei, dass Konsumenten das Gefühl entwickeln, frühere Versprechen würden nicht mehr gelten. Im Zentrum dieses Trends steht ein kritisches Wahrnehmungsproblem: Während makroökonomische Entwicklungen Unternehmen zu überlebenswichtigen Anpassungen zwingen, vermuten einige Konsumenten dahinter reine Profitgier.
2. Der große Interface-Shift
Etwa 77 Prozent der Menschen kommen in Kontakt mit Conversational KI in Form von Chatbots, was diese Technologie zu einem Massenphänomen macht. Generative KI geht einen Schritt weiter und verändert die Erfahrung der Menschen: Der Austausch wird persönlicher und vermittelt das Gefühl, digital besser verstanden zu werden als je zuvor. Große Sprachmodelle (Large-Language-Models, LLM) ermöglichen eine intelligente Zwei-Wege-Kommunikation, die nicht mehr nur einfache Anfragen beantwortet, sondern eine breitere Palette von Lösungen bietet.
Fast die Hälfte (42 Prozent) der global befragten Personen gibt an, dass sie KI-basierte Lösungen wie ChatGPT für Produktempfehlungen nutzen würden, während 44 Prozent dies für Arbeitsaufgaben und 33 Prozent für Gesundheitsfragen tun würden. Unternehmen können mit diesem Verständnis hyperrelevante Produkte, Dienstleistungen und Erlebnisse gestalten – oder sogar noch weiter gehen und ihre Marke entsprechend weiterentwickeln.
3. Steht uns die kreative Mittelmäßigkeit bevor?
Früher war das Ziel der Kreativität, durch Vorstellungskraft und emotionale Verbindung eine Reaktion hervorzurufen. Mit dem Einzug von Technologie und Algorithmen zwischen Kreativschaffenden und Publikum müssen Unternehmen in diesem Spiel mitspielen, sonst laufen sie Gefahr, unentdeckt zu bleiben. Dies könnte im schlimmsten Fall sogar das Endprodukt negativ beeinflussen.
In der Unterhaltungsbranche wird das Publikum ständig mit neuen Franchises oder Fortsetzungen versorgt. Bei der Gestaltung von Apps verschiedener Marken erkennen 35 Prozent der Befragten keinen Unterschied mehr – unter den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar 40 Prozent. Es scheint, als würden wir in eine kulturelle Stagnation geraten.
Das Problem der Mittelmäßigkeit wird sich jedoch nicht von alleine lösen und könnte sich durch den Einsatz generativer KI in Kreativprozessen sogar verschlimmern. Kluge Unternehmen erkennen in dieser Situation ihre Chance: In einem Meer voll Vertrautem sticht Originalität genauso heraus wie das Investieren in kreative Köpfe.
4. Error 429: Limit menschlicher Anfragen erreicht
Die Beziehung zwischen Mensch und Maschine steht an einem Wendepunkt. Fast ein Drittel der Konsumenten gibt an, dass Technologie ihr Leben sowohl verkompliziert als auch vereinfacht hat. Bisher schien die Technologie den Menschen zu passieren, anstatt für sie da zu sein, und forderte zu viel, ohne dabei nennenswerte positive Folgen zu bringen.
31 Prozent geben an, dass ständige Benachrichtigungen ihren Umgang mit technischen Geräten steuern, während 27 Prozent dies den Algorithmen zuschreiben. Weitere 27 Prozent machen den Reiz des unendlichen Scrollens dafür verantwortlich. Als Reaktion darauf schränken Verbraucher ihre Nutzung von Technologie ein: Ein Drittel deaktiviert Benachrichtigungen, jeder fünfte begrenzt die Bildschirmzeit, und ein weiteres Viertel entfernt Apps oder Geräte. Dieses Spannungsfeld betont, dass Technologie an den Ressourcen und dem Wunsch nach Wohlbefinden der Menschen zehrt.
Unternehmen sollten sich im Gegenzug bewusst machen, wie ihre Technologie in den Alltag der Menschen passt und was sie von ihnen abverlangt. Zeit? Neue Fähigkeiten? Marken, die den Nutzer Wahlmöglichkeiten bei der (Nicht-)Nutzung von Technologie einräumen, werden zu vertrauenswürdigen Partnern. Dieses Verhalten vermittelt ihnen, ihre Selbstbestimmung zurückgewinnen zu können.
5. Jahrzehnt des Umbruchs
Traditionelle Lebensentwürfe befinden sich aufgrund neuer Einschränkungen, Bedürfnisse und Möglichkeiten in einem ständigen Wandel. Menschen hinterfragen herkömmliche Vorstellungen und entwickeln neue Denk-, Handels- und Lebenskonzepte. Dieser Wandel erscheint wie ein grundlegender Umbruch, und die Auswirkungen auf Systeme und Dienstleistungen sind weitreichend.
Ein Beispiel hierfür ist die deutliche Verkürzung des Planungshorizonts: 48 Prozent planen höchstens für die nächsten 12 Monate oder sogar überhaupt nicht. In den letzten drei Jahren wurde in Umfragen beobachtet, wie der Stellenwert traditioneller Meilensteine wie Hochzeit (von 30 Prozent auf 21 Prozent), Hochschulabschluss (von 30 Prozent auf 24 Prozent) oder Auszug aus dem Elternhaus (von 23 Prozent auf 17 Prozent) abnimmt.
Diese veränderte Mentalität bringt auch neue Perspektiven auf Produkte und Dienstleistungen mit sich. Unternehmen sollten flexibel reagieren und Erlebnisse schaffen, die sich von der Norm abheben und individuelle Lebensentwürfe unterstützen. Auf diese Weise bleiben sie auch in Phasen des Umbruchs relevant.
Herausforderung für Unternehmen
Die Verbraucher von heute verändern sich schneller, als die Unternehmen es können. Schritt zu halten wird für Unternehmen zu einer ständigen Herausforderung. Um langfristig eine relevante Rolle im Leben ihrer Kunden zu spielen, braucht es eine sorgfältige Orchestrierung.
Infografik: Fünf wichtige Alltagstrends für 2024
Die folgende Infografik fasst wichtige Studienergebnisse zusammen und stellt die fünf wichtigen Alltagstrends für 2024 vor:
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