Stablecoins vor dem Durchbruch?

Das vergangene Jahr, Gegenwart und Zukunft von Stablecoins

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Ein Asset mit schon heute gewaltigen ausgewiesenen jährlichen Umsätzen, das aber in der Masse unbekannt ist: Stablecoins entwickeln sich rasant, sie kombinieren Krypto-Technologie mit höheren Sicherheiten. Damit könnten sie den Zahlungsalltag revolutionieren.

Stablecoins könnten den Zahlungsalltag revolutionieren

Stablecoins gewinnen an Bedeutung und könnten den Zahlungsalltag revolutionieren.

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Das Jahr 2023 brachte ein beeindruckendes Comeback der Kryptosphäre. In Mitteleuropa eher unter dem Radar sind derzeit die Entwicklungen im Bereich der Stableocoins. Dabei finden sich langsam erste Anwendungen im Alltag – und die Potentiale sind immens. Gerade für Händler und Dienstleister kann der Einsatz von Stablecoins ein neues Zeitalter der Effizienz einläuten.

Stablecoins gewinnen an Bedeutung

Auch wenn Zahlungen mit USDT, im Gegensatz zu den großen Kartenanbietern, (noch) nicht im Alltag angekommen sind, zeigt die Größenkategorie ihrer jährlichen Abwicklungen schon jetzt, dass Stablecoins im Payment-Sektor von zunehmender Bedeutung sind und ihre Implementierung in den Alltag durchaus ein attraktives Geschäft darstellen kann. So gab Moody’s im Januar 2023 bekannt, dass sie an einem Bewertungssystem für die 20 führenden Stablecoins arbeiten und im Februar startete Zahlungsriese Visa erste Test-Aktivitäten für Settlements mit Stablecoins.

Eine neue Entwicklung, die sich abzeichnet: Zunehmend sind es die Banken, statt wie bisher die FinTech-Startups, welche sich um die Lancierung von Stablecoins bemühen – und zwar weltweit. In Japan ist mit MUFG eine der größten Banken des Landes in Diskussionen einen globalen Stablecoin einzuführen, SG Forge (Subsidiär von Société Générale) startete einen Euro-Stablecoin auf der Ethereum-Blockchain und BTG Dol der brasilianischen Bank BTG Pactual ist der erste US-Dollar Stablecoin einer Bank. In Deutschland sorgte zuletzt die DWS mit Ankündigungen für Aufsehen, im Zeithorizont der kommenden 18 Monate ebenfalls ein Euro-Stablecoin-Projekt an den Start bringen zu wollen.

Banken wollen dabei sein

Auch wenn es sich bei den Plänen derzeit oft um reine Test-Transaktionen handelt oder solche mit sehr kleinem Handelsvolumen: Offenbar wollen die traditionellen Finanzinstitute – im Krypto-Slang gerne TradFi genannt – nicht außen vor bleiben bei der Krypto-Revolution. Und Stablecoins, mit den Vorteilen von Kryptowährungen, aber ohne deren Volatilitätsrisiken, werden oft als der ideale Kompromiss für Banken gesehen, um in den Sektor einzusteigen.

Zwar handelt es sich bei den derzeitigen Projekten und Plänen oft um reine Testtransaktionen oder solche mit sehr geringem Handelsvolumen, aber es deutet darauf hin, dass die traditionellen Finanzinstitutionen (TradFi) weiterhin entschlossen sind, die Möglichkeiten im neuen Feld auszuloten. Stablecoins, die Vorteile von Kryptowährungen versprechen, aber ohne deren Volatilitätsrisiken, werden oft als idealer Kompromiss für den Einstieg von Banken in den Sektor gesehen.

J.P. Morgan, schon längere Zeit ein Vorreiter im Stablecoin-Bereich für institutionelle Anleger, setzt die Blockchain seit diesem Jahr bereits erfolgreich für 24/7 Dollar-Trading in Indien ein. Und PayPal startete im vergangenen Sommer einen eigenen US-Dollar Stablecoin – den PYUSD.

Stablecoins auf dem Weg in den Alltag

Ein Schlachtfeld auf dem sich die Zukunft der Stablecoins entscheidet, wird unzweifelhaft unser Zahlungsalltag sein. Während die gegenwärtig größten Stablecoins USDT und USDC auf der Ethereum-Blockchain basieren, ist diese Technologie in der jetzigen Form kaum geeignet für die Masse und am Point of Sale (POS): Die Transaktionsgebühren können zeitweise auf über 30 US-Dollar pro Aktion steigen. Das mag für größere Trades funktionieren, stellt so aber kein Modell für das Bezahlen im Supermarkt oder an der Tankstelle dar. Erst mit verbesserten Technologien in Hintergrund wird sich der Use-Case am POS realisieren lassen. Doch wie können Anbieter und Kunden von neuen Anwendungen überhaupt überzeugt werden?

Es werden die spezifischen Use-Cases sein, welche dann auch einer Währung oder Technologie zum Durchbruch verhelfen – Anwendungen, die für eine konkrete Herausforderung eine Lösung bieten. So zum Beispiel beim zunehmenden Bedürfnis, das eigene Elektroauto aufzuladen: Ab 2035 werden in der EU nur noch E-Autos zugelassen – ein Standard fürs Bezahlen an der E-Zapfsäule ist aber noch in weiter Ferne. Aktuell sind Kunden vom unübersichtlichen Dschungel an Angeboten der diversen Ladeanbietern oft überfordert – und wollen dabei eigentlich vor allem eines: Das eigene E-Auto überall aufladen können, ohne sich über Zahlsysteme den Kopf zu zerbrechen und Zeit damit zu verbringen, sich bei einem weiteren Stromanbieter anzumelden.

Für den Anbieter liegt der Use-Case auf der Hand: Während herkömmliche Zahlungen im Zweifel nicht geleistet werden – oder häufig auch zurückgezogen werden, ist dieses Chaos beim Einsatz von Stablecoins nicht möglich! Das Risiko liegt nicht mehr länger beim Kartenherausgeber.

Satimoto sorgt in der Schweiz für Schlagzeilen

Ein Dickicht, in dem in der Schweiz nun Stablecoins einen publikumswirksamen Anwendungsfall finden könnten: Die Smartphone App Satimoto bietet hierfür eine elegante Lösung. Der User kann diese ohne Anmeldung bei einer Vielzahl von Elektro-Tankstellen einsetzen. Das Bezahlen erfolgt als ein Geldfluss aus dem eigenen Krypto-Wallet, nach dem Pay as you go-Prinzip. Der User streamt sozusagen Cent für Cent Geld, während Strom in das E-Auto fließt. Das System arbeitet mit Bitcoin Lightning: Die App funktioniert als Wallet, welches vorrangig mit Bitcoin aufgeladen wird. Die Satimoto App bezahlt den Strom an der Ladestation dann in kleinsten Bitcoin-Einheiten (sogenannten Satoshis, benannt nach dem Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto). Bedenken hinsichtlich des Zeitaufwands und der Kosten sind ausgeräumt.

Eine derartige Form der Abrechnung ist mit den gängigen Kreditkarten nicht möglich: Auch wenn eine vorherige Autorisierung stattfindet, der Gesamtbetrag wird erst am Ende des Auftankens der Karte belastet. Eine Bezahlung mit einem Geld-Fluss, wie bei Satimoto, würde eine Vielzahl von Transaktionen auslösen, was zu teuer und aufwendig wäre.

Bitcoin Lightning-Potential

Bei dieser in der Satimoto App eingesetzten Bitcoin Lightning-Technologie handelt es sich um eine Layer-2-Lösung auf der Bitcoin Blockchain. Wie andere Layer-2-Lösungen auf der Ethereum-Blockchain (z.B. Polygon) verfolgt sie u.a. das Ziel, die Transaktionsgebühren auf ein Minimum zu reduzieren – im Falle von Lightning bis zu hundertstel Eurocent pro Zahlung.

Die Verbreitung dieser Technologie ermöglicht neue Anwendungen, die auf dem Markt noch auszuloten sind. Erste Ansätze finden sich z.B. bei Bezahlmedien, die Inhalte hinter Paywalls verbergen. Es stellt sich dieselbe Problematik wie bei der E-Tankstelle: So gilt es derzeit zunächst Benutzerkonten anzulegen, ein Abo abzuschließen etc. – es entsteht erheblicher Aufwand. Hier entfaltet sich daher ein ähnlicher Lösungsansatz: Der User zahlt pro Artikel/Minute oder gibt ein Trinkgeld, direkt aus seinem Lightning-Wallet. Die pseudonyme Wallet-Adresse gilt als Identifizierung, eine Anmeldung entfällt.

Nach diesem Prinzip lassen sich bereits Kleinstzahlungen mit gewissen Tools (Alby, Nostr, Zap) tätigen. Aktuell meist noch mit reinen Kryptowährungen, also Bitcoin, Ether etc., doch erste Versuche, auch Stablecoins in Layer-2-Lösungen einzusetzen, finden bereits statt – wenn auch zunächst im experimentellen Rahmen. Aber die Technologie ist vorhanden, und die Anwendungsfälle ebenfalls. Es scheint somit naheliegend, erfolgreich die beiden Ansätze Stablecoin und schnelle, kostengünstige Layer-2 wie Bitcoin Lightning zu verbinden – und es eröffnet sich ein ganz neues Spektrum an Möglichkeiten – mit dem Potential, den Zahlungsverkehr zu revolutionieren.

Der Anfang eines Hypes?

Ähnlich wie bei der gegenwärtig heiß diskutierten Künstlichen Intelligenz, befinden sich Stablecoins in der Anfangsphase ihrer Kommerzialisierung – mit vielen Fehlschlägen, aber auch einigen zukünftigen Gewinnern. Die Branche steht vor der Herausforderung, die Auswirkungen der diversen Technologien abzuschätzen und daraus neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Stablecoins bilden technologisch gesehen eine Brücke zwischen Krypto- und Nationalstaats-währungen, indem sie die technischen Vorteile mit höheren Sicherheiten verbinden. Damit sind sie der ideale Anknüpfungspunkt für Banken im Digitalbereich. Deshalb lohnt es sich, bei den aktuellen Entwicklungen im Bereich der Stablecoins genau hinzuschauen. So gilt es doch gewappnet zu sein für Payment-Zukunft. Denn das Umfeld steht nicht still: Seien dies FinTech Start-Ups, große Tech-Konzerne (Meta, PayPal), oder Nationalbanken, welche ebenfalls mit Stablecoins experimentieren.

Über den Autor

Robin Bhattacharya

Robin Bhattacharya ist Consultant im Bereich Payments und Digital Assets bei der auf Finanzdienstleistungen spezialisierten Unternehmensberatung Capco und beschäftigt sich mit alternativen- und digitalen Währungen.

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