Um die vom Gesetzgeber festgeschriebenen CO₂-Reduktionsziele im Gebäudesektor einzuhalten, steht eines ganz besonders im Fokus: die energetische Sanierung des gigantischen Altbaubestands. Der gesellschaftliche Auftrag ist ebenso klar wie ambitioniert.
Bereits bis 2030 sollen die CO₂-Emissionen im Gebäudesektor um knapp die Hälfte sinken, von derzeit rund 120 auf dann 67 Millionen Tonnen CO₂. Damit ist die Bundesrepublik noch etwas ehrgeiziger als die Europäische Union, die im Rahmen des „Green Deal“ Klimaneutralität bis 2050 als Ziel ausgegeben hat.
Als die Spezialisten für Immobilienfinanzierungen können und sollten die Bausparkassen eine wichtige Rolle bei der zügigen Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor spielen und diese Chance auch für die Weiterentwicklung ihres Geschäftsmodells nutzen.
Energetische Sanierung von Altbauten muss deutlich schneller voranschreiten
In der Klimabilanz ist der Gebäudesektor ein gewichtiger Posten und ein wesentliches Handlungsfeld. In Deutschland gehen etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und 30 Prozent der CO₂-Emissionen auf sein Konto.
Zwei Drittel des Energieverbrauchs entfallen dabei auf Wohngebäude. Mehr als 30 Millionen Wohnungen sind älter als 30 Jahre, hier klafft eine erhebliche Sanierungslücke. Die Sanierungsquote müsste zum Erreichen der Ziele im Gebäudesektor auf über 2 Prozent pro Jahr steigen, sie ist aber 2023 auf 0,83 von 0,88 im Vorjahr gefallen.
Riesiges Markpotenzial für die Baufinanzierung
Das Markpotenzial für Baufinanzierungen ist riesig. Der Fremdmittelbedarf für energetische Sanierungen von Privatpersonen liegt voraussichtlich bei mehr als 230 Milliarden Euro. Aber: die Kosten für Klimaschutz sind – trotz ihrer enormen Höhe – immer noch geringer als die Kosten für die Beseitigung der Folgen des Klimawandels, die auf die Immobilieneigentümer ebenfalls zukommen. Allein deswegen sollten wir den gesellschaftlichen Auftrag zur Erreichung der Klimaneutralität annehmen.
Knapp 80 Prozent der gut 41 Millionen Wohnungen gehören privaten Selbstnutzern oder Kleinvermietern. Diese Eigentümergruppen benötigen häufig Unterstützung, um energetische Sanierungsprojekte in Angriff zu nehmen. Fehlendes Wissen, sich ständig ändernde Förderbedingungen und fehlende Zeit sind wesentlich Hürden. Aber steigende Energiepreise, rechtliche Anforderungen und die Sorge vor Wertverlust erhöhen die Aufmerksamkeit für das Thema.
Sparkassen und Landesbausparkassen kommt eine wichtige Multiplikatorenrolle dabei zu, akute oder zukünftige energetische Sanierungsprojekte anzuregen und zu begleiten. Dabei geht es nicht nur um die Zielgruppe der Wohneigentümer. Auch Immobilienerben und die Käufer von Gebrauchtimmobilien sind betroffen. Diese Kunden können niedrigschwellig angesprochen und auf die guten Gründe für Sanierungsmaßnahmen hingewiesen werden, sei es Energie(kosten)sparpotenzial, Werterhalt, gesetzliche Pflichten oder die Erhöhung des Wohnkomforts.
Eine Investition in die Zukunft
Für gute Entscheidungen braucht man gute Informationen. Daher ist es fast schon tragisch, dass diese den privaten Immobilieneigentümern so oft fehlen. Beispielsweise berücksichtigen viele Personen bei ihrer Entscheidung, ob sich eine Sanierung lohnt, nur die heutigen Energiekosten. Der bereits heute gesetzte politische Rahmen wird aber für eine starke Kostenerhöhung beim Verheizen fossiler Brennstoffe sorgen.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht haben wir es mit einem unfassbar verzerrten Markt zu tun, da der Preis, den der Endabnehmer für fossile Brennstoffe zahlt, rund 800 Euro Kosten pro Tonne CO2 für die gesellschaftlichen Folgen des Verbrennens unterschlägt. Im Vergleich dazu ist der aktuelle CO2-Preis von 45 Euro je Tonne (2024) geradezu lächerlich gering.
Anhand dieser Diskrepanz lässt sich erahnen, wie groß der Spielraum für Preiserhöhungen ist, wenn der CO2-Preis ab 2027 nicht mehr national festgelegt wird, sondern Gebäude und Verkehr in den europäischen Zertifikatehandel EU-ETS II einbezogen werden. Auch wenn es hier anfänglich noch einen Cap gibt – dass die Preise steigen werden ist mehr als absehbar.
Nach Zahlen der Verbraucherzentrale NRW unterscheiden sich die Bewirtschaftungskosten zwischen den Energieeffizienzklassen heute schon stark. So liegen die jährlichen Energiekosten pro m² in der Effizienzklasse A bei 7 Euro jährlich, in der Effizienzklasse H dagegen bei 50 Euro/m². Das ist über sieben Mal mehr. Bewohnt eine Familie beispielsweise 150 m², dann ist das eine jährliche Differenz von 6.450 Euro.
Steigende Bewirtschaftungskosten wirken sich unmittelbar auf den Gebäudewert aus. Denn was der Bewohner – Mieter oder Eigentümer – an monatlichen Kosten verheizt, steht für eine Mietzahlung oder Kreditrate nicht zur Verfügung. Daher geben die Preise von unsanierten Immobilien derzeit besonders stark nach, während energieeffiziente Wohnungen und Häuser auch im rückläufigen Markt preisstabil bleiben.
Die Kunden begleiten: Ausbau der Customer Journey
Obwohl unübersehbar Handlungsbedarf besteht, ist nicht ausreichend, passiv auf den Finanzierungswunsch des Kunden zu warten. Denn dann nutzen wir weder die Marktchancen, noch werden wir unserer gesellschaftlichen Rolle als gemeinwohlorientiertes Unternehmen gerecht. Allerdings ist diese Ansprache kein Selbstläufer, es müssen neue Beratungsinhalte aufgebaut werden. Das im Alleingang zu stemmen, wird schwierig. Glücklicherweise ist Regionalität unsere Stärke, die wir beim Aufbau regionaler Netzwerke und Ökosysteme rund um die energetische Sanierung von Immobilien voll ausspielen können.
Für die Landesbausparkassen bedeutet das konkret, dass wir in den letzten zwei Jahren viel in den Aufbau und die Erweiterung von Kooperationen und in das Wissen der Beraterinnen und Berater im Außendienst und in den Sparkassen investiert haben.
Dabei nutzen wir die langjährige Kooperation mit dem Burda Verlag um Sachinformationen so aufzubereiten, dass sie Reichweite bekommen. Auf unserer Webseite stellen wir umfassende Informationen und auch einen Modernisierungskostenrechner bereit. Damit die persönliche Beratung hier nahtlos anschließt, können unsere zertifizierten Modernisierungsberater eine erste Einschätzung des Handlungsbedarfs geben.
Dann geht es weiter zum Energieeffizienzexperten. Die LBS-Gruppe hat Kooperationen mit Energieberatern aufgebaut, damit unsere Kunden schnell einen konkreten Plan erhalten. Mit einem individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) ausgestattet, können wir dann fundiert über den akuten und perspektivischen Finanzierungsbedarf sprechen und ihn mit unseren passenden Produkten bedienen. Unsere bestens vernetzten, kooperierenden Energieberater können Kunden dann bei Bedarf bei der Handwerkersuche oder der Umsetzungsbegleitung unterstützen.
Bausparen als nachhaltiges und resilienzsteigerndes Produkt
Wenn es das Bausparen nicht schon lange gäbe – zur Transformationsfinanzierung für private Immobilien müsste es glatt erfunden werden. Bausparen mit der LBS zahlt auf alle ESG-Ziele ein. Abgeleitet aus den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Social Development Goals, SDG) unterstützt das Bausparen sowohl die Erreichung von Umweltzielen als auch von sozialen Zielen – und das mit der einmaligen Governance der gegenseitigen, kapitalmarktzinsunabhängigen Finanzierung über ein Bausparkollektiv.
Unter ökologischen Aspekten zahlt das Bausparen über das Vorsparen und die Finanzierung von energetischen Sanierungen insbesondere auf die SDGs 7 „Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien“ und 13 „Reduktion von CO2-Emmissionen“ ein.
Als soziale Ziele, die durch das Bausparen unterstützt werden, sind insbesondere SDG 1 „Finanzielle Inklusion“ wegen des Zugangs zu staatlicher Förderung und zinsgünstigen und zinssicheren Darlehen für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen und SDG 11 „Zugang zu bezahlbarem Wohnraum“ einschlägig.
Darüber hinaus ist der Bausparvertrag ist ein „resilienzförderndes“ Produkt. Resilienz ist die Fähigkeit, sich an große, z. T. krisenhafte Veränderungen anzupassen. Die tiefgreifenden Verhaltensänderungen und Investitionen, die wir zum Erreichen der Klimaneutralität vollziehen müssen, kann man aus meiner Sicht durchaus dieser Kategorie zuordnen. Fehlende Resilienz führt zu emotionalen Stressreaktionen oder zu Rückzug.
Das könnte erklären, warum die Menschen auf all die emotional geführten Debatten um das GEG (Gebäudeenergiegesetz) und die sich ständig ändernden Förderbedingungen mit Rückzug reagieren. Sie sind verunsichert, warten erst einmal ab und die Sanierungsquote sinkt. Obwohl die Dringlichkeit steigt und die verbleibende Zeit bis 2045 abläuft.
Bausparer verhalten sich anders
Anders scheint es bei Menschen mit einem Bausparvertrag zu sein. Nach der Zinswende explodieren die Anträge für Bauspardarlehen geradezu. Viele davon werden für energetische Maßnahmen eingesetzt. Hier können wir keine sinkende Investitionsbereitschaft erkennen, was auch von Marktforschungen gestützt wird.
Warum verhalten sich Bausparer scheinbar anders? Einer der zentralen Einflussfaktoren auf die Resilienz ist die Selbstwirksamkeit und Handlungskontrolle. Genau hier haben Bausparer einen Vorteil gegenüber Immobilieneigentümern, die die jetzige Lage unvorbereitet trifft.
Bausparer waren sich schon bei Vertragsabschluss darüber im Klaren, dass sie in ihr Haus zum Werterhalt kontinuierlich investieren müssen. Dazu haben sie den Bausparvertrag als „Krankenversicherung fürs Haus“ abgeschlossen und regelmäßig Geld beiseitegelegt. Nun haben sie sich einen günstigen Zins gesichert, was sich nach der Zinswende besonders auszahlt. Rückblickend erleben sie sich selbst als smart, vorausschauend, handlungsfähig und selbstwirksam. Statt mit Wut auf „die da oben“ zu reagieren, packen sie die Sanierung an. Die Finanzierung ist ja schließlich bereits gesichert.