Eine Studie belegt, dass europäische Privatkundenbanken auf ein Rekordjahr zurückblicken. Trotz Gewinnanstiegs müssen sie sich jedoch auf schwierigere Zeiten vorbereiten, um ihr Wachstum langfristig abzusichern. Dabei gilt es fünf Prioritäten zu beachten.
Das vergangene Jahr verlief für Europas Retailbanken außerordentlich erfolgreich. Laut einer Studie von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC, stiegen die Erträge um 14 Prozent, während die Kosten lediglich um 4 Prozent zunahmen. Dadurch erhöhte sich der Betriebsgewinn der Privatkundenbanken im Vergleich zum Vorjahr um beeindruckende 30 Prozent.
Der Gewinnsprung wurde vor allem durch das hohe Zinsniveau begünstigt, das den Banken attraktive Margen bescherte. Auch im international bedeutenden US-Markt zeigte sich ein ähnlich positives Bild: Hier wuchsen die Umsätze um 15 Prozent, während die Kosten nur um 1 Prozent stiegen. In Deutschland war der Kostenanstieg mit 7 Prozent höher als im europäischen Durchschnitt, übertroffen nur von den Niederlanden mit einem Anstieg von 9 Prozent.
Ertrag pro Kunde im internationalen Vergleich
Im europäischen Vergleich verzeichnen niederländische, österreichische und italienische Banken mit einem Ertragswachstum pro Kunde von über 30 Prozent den größten Zuwachs. In absoluten Zahlen führt Belgien das europäische Ranking an, mit einem Anstieg des durchschnittlichen Ertrags pro Kunde von 933 Euro im Jahr 2022 auf 1.042 Euro im vergangenen Jahr. Die deutschen Banken steigerten ihren Ertrag pro Kunde um knapp 19 Prozent auf 671 Euro und belegen damit Platz 5.
Die großen Verlierer im aktuellen Zinsumfeld sind die französischen Banken, die aufgrund ihres hohen Anteils an Festzinskrediten und regulierten Einlagenzinsen einen Rückgang von fast 14 Prozent beim Ertrag pro Kunde verzeichneten. Dennoch stehen sie bei der Kosteneffizienz an der Spitze, da sie ihre Ausgaben um 4 Prozent senken konnten. Auch die spanischen und italienischen Banken agieren effizient, mit einem moderaten Kostenanstieg von nur 2 Prozent. In den übrigen europäischen Ländern stiegen die Kosten hingegen deutlich stärker.
Ertragsrisiken für Retail Banking
Nach zwei Rekordjahren und günstigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen kommen auf das Retail Banking wieder vermehrte Ertragsrisiken zu. So prognostiziert die Studie für 2024 einen erneuten Anstieg der Kosten um 3 Prozent, bedingt durch die anhaltende Inflation, notwendige Investitionen in Technologie und den intensiver werdenden Wettbewerb um Fachkräfte. Zudem könnte sich das Zinsumfeld bald verändern. Niedrigere Zinsen würden die aktuell hohen Margen schmälern und die Ergebnisse belasten.
Ein weiteres Risiko für die Zukunft ist der Rückgang bei Kundeneinlagen und Kreditvergaben, die 2023 aufgrund von Inflation und hohen Zinsen um jeweils 1 Prozent zurückgingen.
5 Handlungsfelder für Privatkundenbanken
Angesichts der ungünstigeren makroökonomischen Entwicklungen und des zunehmenden Kostendrucks sollten Retailbanken ihre Aufmerksamkeit auf die folgenden fünf Prioritäten richten:
- Kostendisziplin,
- Ertragswachstum,
- Talentmanagement,
- Einsatz digitaler Technologien,
- Embedded Finance.
1. Kostendisziplin
Zwar haben die meisten Privatkundenbanken ihre Kosten im letzten Jahr unter Kontrolle gehalten, aber nur weniger als 20 Prozent konnten ihre Kostenbasis tatsächlich senken. Die Banken sollten die Gunst der Stunde nutzen, um Kostenmaßnahmen zu einem echten Wettbewerbsvorteil umzuwandeln.
Laut Studie liegen die größten Effizienzpotenziale in den Bereichen IT sowie Dienstleistungen und Produkte, wo Einsparungen von 20 bis 25 Prozent möglich sind. In den Bereichen Kundengewinnung und Operations wird ein Potenzial von 15 bis 20 Prozent erwartet, während es bei Overhead-Funktionen wie Onboarding mit 3 bis 8 Prozent am geringsten ist.
2. Ertragswachstum
In einer Welt zunehmender Unsicherheit und länger anhaltender (wenn auch erwarteter) sinkender Zinssätze müssen die Banken ein aktives Bilanz- und (Gebühren-)Ertragsmanagement betreiben.
Um ihr zukünftiges Wachstum abzusichern, sollten Privatkundenbanken zudem verstärkt auf zinsunabhängige Ertragsquellen setzen. Potenziale bieten sich beispielsweise im Geschäft mit Karten und Konten sowie in der Neukundenakquise, wobei der Fokus auf Provisionen und der Monetarisierung liegen sollte.
Durch intelligente Preisstrategien für Konten und Dienstleistungen können Einlagen zudem effektiver monetarisiert und die Erträge aus Gebühren und Provisionen erhöht werden.
3. Talentmanagement
Der Fachkräftemangel trifft auch die Finanzbranche. Bei der Suche nach den besten Talenten stehen Finanzinstitute zudem im Wettbewerb mit anderen Branchen. Angesichts des fortschreitenden demografischen Wandels und der sich deutlich verändernden Anforderungen an die Fähigkeiten und Fertigkeiten müssen die Banken ihre Talentstrategie überarbeiten.
Die Erweiterung der eigenen Services und die Einführung neuer Geschäftsmodelle verändern auch die Anforderungen an das Personal. Besonders die zunehmende Knappheit und der dringende Bedarf an Expertise in digitalen Technologien stellen eine Herausforderung für die Front- und Back-Office-Bereiche der Banken dar: Bereits heute mangelt es an ausreichend Kundenbetreuern für die Filialen und Online-Servicekanäle. Zudem steht eine alternde Belegschaft jüngeren, technikaffinen Kundengruppen gegenüber. Daher wird die Rekrutierung von Schlüsseltalenten wie Data Scientists sowie die Durchführung interner Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme immer wichtiger.
Im hart umkämpften Arbeitsmarkt sollten Banken auch in Betracht ziehen, qualifizierte Fachkräfte aus anderen Sektoren zu gewinnen, beispielsweise Mitarbeiter mit ausgeprägten sozialen Fähigkeiten aus dem Bildungsbereich für die Kundenbetreuung.
4. Einsatz digitaler Technologien
An oberster Stelle der Transformationsagenda vieler Privatkundenbanken steht die Optimierung der Kundenbetreuung. Diese befindet sich derzeit in einer Umbruchphase, die durch den Abbau physischer Filialen und die Einführung neuer digitaler Services geprägt ist.
Ein wichtiger Hebel zur Optimierung ist die Automatisierung und Standardisierung operativer Prozesse, wie zum Beispiel bei der Kontoeröffnung. Neue Technologien wie generative Künstliche Intelligenz bieten vielfältiges Anwendungspotenzial in der gesamten Wertschöpfungskette. Sie bieten großes Potenzial zur Effizienzsteigerung, zur Verbesserung der Kundenerfahrung und zur Erschließung neuer Kundengruppen. Um die Vorteile zu nutzen, müssen die Banken organisatorisch und technologisch darauf vorbereitet sein.
5. Embedded Finance
Angesichts der aufkommenden API-Programme und der immer häufigeren Partnerschaften und Ökosysteme müssen die Banken sicherstellen, dass sie relevante Rollen und Positionen beibehalten
Neue „Embedded Finance“-Funktionen, wie Brokerage- oder Tradingangebote, auch in Zusammenarbeit mit FinTechs und Anbietern aus anderen Branchen, eröffnen zusätzliche Ertragsquellen, die weniger von Zinseffekten abhängig sind. Gleichzeitig erlebt der Bereich der Lebensversicherungen bei vielen Banken eine Wiederbelebung.
Premium Abonnenten des Bank Blogs haben direkten kostenfreien Zugriff auf die Bezugsinformationen zu Studien und Whitepapern.
Noch kein Premium-Leser?
Premium Abonnenten des Bank Blogs haben direkten Zugriff auf alle kostenpflichtigen Inhalte des Bank Blogs (Studienquellen, E-Books etc.) und viele weitere Vorteile.
>>> Hier anmelden <<<
Neu: Tagespass Studien
Sie wollen direkten Zugriff auf einzelne Studien, aber nicht gleich ein Premium-Abonnement abschließen? Dann ist der neue Tagespass Studien genau das richtige für Sie. Mit ihm erhalten Sie für 24 Stunden direkten Zugriff auf sämtliche Studienquellen.
>>> Tagespass Studien kaufen <<<
Ein Service des Bank Blogs
Der Bank Blog prüft für Sie regelmäßig eine Vielzahl von Studien/Whitepapern und stellt die relevanten hier vor. Als besonderer Service wird Ihnen die Suche nach Bezugs- und Downloadmöglichkeiten abgenommen und Sie werden direkt zur Anbieterseite weitergeleitet. Als Premium Abonnent unterstützen Sie diesen Service und die Berichterstattung im Bank Blog.