Banken droht Kompetenzlücke in der Arbeitswelt von morgen

Passen gesuchte Qualifikationen und Fachwissen in den Banken noch zusammen?

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Deutsche Finanzinstitute tun sich bislang schwer mit der digitalen Transformation. Das macht sich auch bei den Belegschaften bemerkbar: Sie decken zunehmend die falschen Qualifikationen ab. Noch ist es nicht zu spät, bei dieser Entwicklung gegenzusteuern.

Kompetenzentwicklung im Banking

Die Kompetenzen von Bankmitarbeitern müssen in den kommenden Jahren deutlich weiterentwickelt und ausgebaut werden.

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In der modernen Arbeitswelt klafft eine Lücke: eine zunehmende Diskrepanz zwischen dem Know-how der Fachkräfte und den von den Unternehmen benötigten Qualifikationen. Zu diesem Ergebnis kommt der Hays Global Skills Index 2018, der auf den Arbeitsmärkten in 33 Ländern untersucht hat, wie Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter gewinnen und binden können. Es ist keine branchenspezifische Analyse, aber die Eingangsaussage trifft leider auch auf die deutsche Bankenwelt zu. Das zeigen uns unter anderem Kundengespräche.

Digitaler Wandel trifft die Finanzbranche

Der digitale Wandel kennt keine Gnade. Er trifft die deutsche Finanzwelt sogar besonders hart, die eigentlich schon genug mit verschärfter Regulierung, der Erhöhung der Eigenkapitalquote, Zinstief, Eurokrise, veralteter IT-Infrastruktur und kostspieligen Filialnetzen zu tun hat. In den wenigsten Instituten gibt es heute bereits eine durchgängig kundenorientierte Gestaltung der Kundenreise, durchgängige Digitalisierung der Kernprozesse, kanalübergreifende Anreiz- und Steuerungsmechanismen, agile und kundenorientierte Organisationsstrukturen sowie eine konsolidierte, schlagkräftige IT-Landschaft.

Die Folgen? Jede Woche schließen in Deutschland im Schnitt 36 Bankfilialen und mindestens ein Kreditinstitut verabschiedet sich ganz vom Markt. Inzwischen gibt es Prognosen, dass es in zehn bis 15 Jahren statt heute 1.600 nur noch 150 bis 300 Banken Deutschland geben wird, die nachhaltig erfolgreiche Geschäftsmodelle betreiben. Vor wenigen Jahren waren es noch 2.000 Banken. Multikanalbanken, die in ihrer Transformation schon weiter sind, und FinTechs machen den hiesigen Instituten das Leben schwer. Die Führungskraft einer Großbank brachte die Situation wie folgt auf den Punkt: „Früher waren wir Großen eine Gefahr für die Kleinen, heute sind die Schnellen eine Gefahr für uns.“

Prozessautomatisierung ersetzt Menschen

Das hat auch Folgen für die Belegschaften. Monotone manuelle Arbeiten werden zunehmend durch automatisierte Prozesse ersetzt. Betroffen davon sind Bereiche wie Callcenter, Backoffice, aber auch administrative Tätigkeiten. Selbst über dem Wertpapiergeschäft ziehen für die Beschäftigten dunkle Wolken auf: Durch Robo-Advisors werden Banken sehr viel mehr Aufgaben rund ums Depot direkt in die Hand des Kunden legen, weshalb in diesem Bereich ebenfalls Stellen in den Instituten wegfallen dürften. Bei immer mehr Jobs ist zudem ein technisches Verständnis gefordert. Kontraproduktiv ist angesichts dieser Entwicklungen, dass in vielen Banken noch immer in Silos agiert wird: Statt schnittstellenübergreifendem Denken, konzentrieren sich die Mitarbeiter weiterhin nur auf ihre eigene Einheit.

Banken, wie Mitarbeiter sind gefordert

Hier sind natürlich zunächst die Arbeitgeber, respektive die Führungskräfte, gefordert. Sie müssen den digitalen Wandel im eigenen Institut erfahrbar machen. Sie müssen die erforderlichen internen und externen Weiterbildungen und Coachings auf den Weg bringen. Und sie müssen durch Training-on-the-job die Belegschaft qualifizieren. Zugegeben ist das kein leichtes Unterfangen, da manche technologische und strategische Entwicklung auch für das Management noch nicht einschätzbar ist. Es genügt aber auch nicht mehr, den Veränderungsbedarf zwar zu erkennen, aber keine griffige Strategie für die Umsetzung im eigenen Institut zu haben. Da rächen sich zudem Versäumnisse in der Vergangenheit. Bedingt durch die geringe Profitabilität haben Banken nämlich im Vergleich zu anderen Branchen relativ geringe Mittel für Innovation und Veränderungsthemen bereitgestellt: Ihre Investitionen pro Mitarbeiter liegen etwa 50 Prozent unter denen des Maschinenbaus und nur bei etwa 25 Prozent im Vergleich zur Chemieindustrie.

Doch auch die Arbeitnehmer können ihren Teil dazu beitragen, dass sie nicht Opfer des Transformationsprozesses werden. Eigeninitiative ist gefordert, Interesse an den Themen, die durch den digitalen Wandel nach oben gespült werden. Jeder sollte sich einen Gesamtüberblick über den Markt verschaffen, auch durch den Besuch einschlägiger Veranstaltungen. Parallel sollten Arbeitnehmer Weiterbildungsangebote verstärkt nutzen. Dies ist sicherlich nicht immer einfach, wenn die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie im eigenen Institut (noch) nicht so recht greift. Schließlich muss auch der Vorgesetzte die Weiterbildungswünsche unterstützen. Aber zumindest die Offenheit für die neuen Trends und die Bereitschaft zur Veränderung kann ein jeder Arbeitnehmer selbst entwickeln, im Unternehmen signalisieren – und damit seine Arbeitsmarktchancen steigern. Nicht zuletzt haben in so einer Situation Absolventen gute Chancen, sich in einem dynamischer werdenden Bankenumfeld zu etablieren, Fach- und Branchenwissen vorausgesetzt. Schließlich sind sie nicht durch die Vergangenheit geprägt, können sich also häufig rascher auf Neues einlassen.

Veränderungstempo hoch halten!

Auch wenn in der Branche insgesamt eine Verunsicherung zu spüren ist, sollten Kritiker nicht übersehen, dass sich hierzulande inzwischen etwas tut. Kooperationen zwischen FinTechs und etablierten Banken sind Beispiele dafür. Dass es in Deutschland nun möglich ist, innerhalb von Minuten ein Konto zu eröffnen, ohne eine Filiale betreten zu müssen, lässt ebenfalls hoffen. Nur in der Breite sind diese Entwicklungen eben noch nicht angekommen.

Wichtig ist, das Veränderungstempo auch bei der Belegschaft hoch zu halten. Sonst könnte ein künftiger Skills Index zu dem Ergebnis kommen, dass die Diskrepanz zwischen dem Know-how der Fachkräfte und den von den Unternehmen benötigten Qualifikationen gegenüber 2018 noch weiter zugenommen hat.

Über den Autor

Amra Ljaic

Amra Ljaic ist Bereichsleiterin Contracting IT Banking bei der Hays AG und vermittelt freiberufliche Fachkräfte auf Projektbasis an Banken. Zuvor war sie Key Account Managerin und Bereichsleiterin für den Bereich IT Banking in Deutschland. Sie begann ihre berufliche Karriere im Bereich Direktvertrieb Mittelstand bei IBM Deutschland.

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