Immer mehr Banken in Deutschland setzen auf das vermeintlich wachstums- und gewinnträchtige Firmenkundengeschäft. Die Folge ist ein stark zunehmender Wettbewerb mit entsprechendem Druck auf die Erträge und rückläufigem Wachstum.
Lange Zeit galt das Geschäft mit Firmenkunden als stabiler Ertragsanker der deutschen Banken und Sparkassen. Das hat dazu geführt, dass immer mehr Banken auf die vermeintlich attraktive Kundengruppe setzen. Bis 2020 wollen viele Institute ihre Erträge deutlich steigern und das auf ein Niveau, das klar über dem Gesamtmarktwachstum liegt.
Die internationale Managementberatung Bain & Company hat in einer Studie erstmals die Profitabilität der wichtigsten Produkte im Firmenkundengeschäft deutscher Banken unter Berücksichtigung aller Kosten ermittelt. Die Analyse zeigt, dass die Pläne der Kreditinstitute nicht in jedem Fall aufgehen werden.
Schwaches Wachstum des Firmenkundenmarktes
Der Corporate-Banking-Markt im Durchschnitt wird demzufolge bis 2020 um rund einem Prozent pro Jahr auf dann rund 28 Milliarden Euro wachsen. Bei Erträgen von rund 27 Milliarden Euro verdienen die Banken in Deutschland derzeit rund neun Milliarden Euro pro Jahr. Das Profitpotenzial wird nur langsam auf etwa 9,2 Milliarden Euro ansteigen, bei einer schwächeren Konjunktur ist sogar ein Einbruch auf rund acht Milliarden Euro denkbar.
Margen im Kreditgeschäft liegen dicht am Zehnjahrestief
Diese schwache Entwicklung liegt zum einen an den anhaltend niedrigen Zinsen, der Regulierung und neuen digitalen Angeboten. Zum anderen wird der Wettbewerb durch die expansive Geschäftspolitik der Institute härter und die Margen sinken. Der Analyse zufolge befinden sich die Margen im Kreditgeschäft nahe dem Zehnjahrestief. Dennoch bleiben Kredite das Brot- und-Butter-Geschäft im Firmenkundengeschäft. Je nach Kundensegment machen sie bis zu zwei Drittel der Erträge aus. Die Hoffnungsträger Transaction-Banking und Corporate Finance werden bis 2020 auf etwa ein Viertel des Corporate-Banking-Marktvolumens kommen.
Die Studie analysiert zudem die Ertragschancen nach Kundengruppen und Regionen. Das größte Potenzial bietet mit etwa 7,4 Milliarden Euro der gehobene Mittelstand, Unternehmen also mit einem Jahresumsatz von 25 bis 250 Millionen Euro. Auch deshalb bemühen sich die Banken um diese Kundengruppe wie um keine andere. Regional betrachtet werden die höchsten Erträge in den drei einwohnerstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg erzielt.
Kurzfristige Kredite und Hypothekardarlehen als Gewinnbringer
Erstmals untersuchte Bain die Profitabilität der wichtigsten Produkte im Corporate-Banking. In die umfassende Vollkostenrechnung flossen neben den direkten auch alle indirekten Kosten ein, beispielsweise für Produktexperten oder Relationship-Manager.
Die Unterschiede sind enorm: Zwischen der Profitabilität der gewinnträchtigsten Produkte, das sind kurzfristige Kredite und Hypothekardarlehen, und des schwächsten Produkts, der Betriebsmittelfinanzierung, liegen 23 Prozentpunkte. Während die Banken mit Krediten und Hypothekardarlehen im Durchschnitt eine Marge von 43 Prozent vor Kapitalkosten erzielen, sind es bei der Betriebsmittelfinanzierung nur 20 Prozent.
Noch gravierender sind die Unterschiede auf Einzelinstitutsebene. Auf mehr als 50 Prozentpunkte summiert sich die Differenz bei ausgewählten Produkten. So kommt die profitabelste Bank bei allen Produkten auf Margen von über 50 Prozent. Die Schlechtesten schaffen es dagegen gerade einmal, ihre Eigenkapitalkosten zu verdienen – wenn überhaupt. Bei vereinzelten Produkten wie Cash Management rutschen die schwächsten Institute sogar in die Verlustzone.
Schlanke, digitale Prozesse ermöglichen höhere Gewinne
Ursächlich für die Unterschiede in der Produktprofitabilität ist das Kostenmanagement. Einige Banken erzielen mit schlanken, oft digitalen Prozessen hohe Gewinne, während andere noch mit alten Strukturen und manuellen Abläufen kämpfen.
„Ertragswachstum setzt ein systematisches Vertriebsmanagement voraus, um den bestehenden Kundenstamm besser zu durchdringen und Neukunden zu gewinnen“ – Dr. Jan-Alexander Huber, Bain & Company
Da der harte Wettbewerb auch in den kommenden Jahren kaum Preiserhöhungen erlauben wird, gilt es Kosten und Produktportfolio weiter zu optimieren. So sind z.B. die Möglichkeiten beispielsweise einer konsequenten Ende-zu-Ende-Prozessautomatisierung zügig zu realisieren, denn Banken, die Frontend sehr gut mit der übrigen Organisation verzahnen und Abstimmungsprozesse automatisieren, können Entscheidungswege erheblich verkürzen und näher an ihre Kunden heranrücken.