Instant Payments müssen zur Normalität werden

Herausforderungen für die Banken im Zahlungsverkehr

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Die Banken sind zugleich Zeuge und Gestalter des digitalen Wandels, der die Finanzindustrie und besonders den Zahlungsverkehr radikal verändert. App statt analog scheint die Formel für die Zukunft des Bezahlens zu sein. Der nächste logische Schritt geht in die Echtzeitökonomie.

Instant Payments für die Zukunft des Zahlungsverkehrs

In der Zukunft des Zahlungsverkehrs werden Instant Payments zur Normalität.

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Die wachsende Leistungsfähigkeit von Computerchips beschleunigt stetig den Herzschlag unserer Wirtschaft. Nullen und Einsen sind zum Taktgeber unseres Alltags geworden. Informationen und Nachrichten erreichen in Sekundenschnelle ihre Adressaten. Nur die Abwicklung von Zahlungen ist teilweise noch im vorigen Jahrhundert stecken geblieben.

Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass es in Europa Institute gibt, die noch beherzter die Chancen der Digitalisierung ausloten und sich den Herausforderungen stellen. So können sie ihren Kunden nicht nur modernere, passendere Produkte und Leistungen anbieten. Sondern sie positionieren sich damit im zunehmenden Wettbewerb mit internationalen Technologieanbietern.

Das Bezahlen verändert sich

Bezahlen hat jedoch immer weniger mit Papier zu tun: Nicht nur zahlen die Menschen seltener mit Bargeld, wie unter anderem die jüngste Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten gezeigt hat. Auch beleghafte Überweisungen auf Papier sind inzwischen selten geworden.

Stattdessen wird an der Ladenkasse deutlich häufiger die Karte gezückt. Im Internet zahlen Käufer selbstverständlich digital. Die App auf dem Smartphone ergänzt und ersetzt vorhandene elektronische Zahlungswege. Und die Zahlung auf Zuruf über Voice-Anwendungen ist in Vorbereitung.

Außerhalb von geschlossenen E-Geld-Kreisläufen und dem Individualzahlungsverkehr müssen Zahlungsempfänger teilweise jedoch weiterhin auf den nächsten Geschäftstag warten, bis ihnen ihr Geld gutgeschrieben wird. Zwar hat die Einführung von SEPA-Überweisungen und -Lastschriften den europäischen Zahlungsverkehr erheblich beschleunigt und vereinfacht. Im digitalen Zeitalter reicht dies jedoch nicht aus. Nun muss der nächste Schritt folgen – der in die Echtzeitökonomie.

Rahmenbedingungen für Instant Payments stehen

Um einer erneuten Fragmentierung des Euro-Zahlungsverkehrsraums durch verschiedene nationale Lösungen vorzubeugen, haben die Europäische Zentralbank und nationale Notenbanken zusammen mit den Marktteilnehmern im Euro Retail Payments Board (ERPB) beschlossen, die Grundlage für pan-europäische Echtzeitzahlungen zu legen. Seit einem Jahr können Echtzeitzahlungen nach dem Regelwerk für SEPA Instant Überweisungen des European Payments Council (EPC) abgewickelt werden – innerhalb von zehn Sekunden, rund-um-die Uhr, an 365 Tagen im Jahr. Der Begünstigte kann demnach sofort, final über den Zahlbetrag verfügen.

Zur Abwicklung von Instant Payments in Euro stehen seit einem Jahr mit IberPay (Spanien), STET (Frankreich) und ICBPI (Italien) einige nationale und mit RT1 der EBA Clearing ein europäischer Anbieter bereit. Um die pan-europäische Erreichbarkeit aller Institute sicherzustellen, nimmt das Eurosystem ergänzend dazu Ende des Monats das TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) System in Betrieb. Die Bundesbank unterstützt als National Service Desk für die TARGET Services die deutschen Banken in allen Aspekten der Anbindung an TIPS. Unser Ziel ist es, möglichst schnell möglichst viele Teilnehmer für TIPS zu gewinnen und so Instant Payment als europaweites Basisverfahren für die Digitalisierung im Zahlungsverkehr zu etablieren.

Zahlreiche Vorteile schneller Zahlungen

Jeder Einzelne und die europäische Wirtschaft insgesamt können von schnelleren, einfacheren SEPA-Zahlungen profitieren. Das gilt für den Austausch kleinerer Beträge zwischen Privatpersonen, P2P, auch über europäische Grenzen hinweg. Das gilt für die öffentlichen Kassen, die beispielsweise Sozialleistungen direkt am Tag der Fälligkeit auszahlen und so Liquiditäts- und Disponierungskosten sparen können. Und das gilt in großem Maße für die Unternehmen untereinander und in der Beziehung zu ihren Kunden.

Das „Just-in-Time“-Prinzip könnte in der gesamten Prozesskette verankert werden. Marktteilnehmer können Liquiditätsreserven besser ausschöpfen. Zahlungen lassen sich „instant“ reibungsloser in Kauf- bzw. Lieferprozesse einfügen. Durch die sofortige Ausführung der Zahlung verbunden mit einer geeigneten Anzeige auf dem Mobiltelefon können Käufer wieder mehr Kontrolle darüber erlangen, über wie viel Geld sie noch verfügen. Auch der Handel zeigt ein reges Interesse an Echtzeitzahlungen für das Einkaufen im Geschäft und im Onlinehandel. Dafür fehlt es noch an einer Standardisierung der Kommunikation zwischen Bank und Händler. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn die Marktteilnehmer ihre Bemühungen um einen gemeinsamen Ansatz verstärken würden.

Effizienzschub für den europäischen Zahlungsverkehr

Fast 50 Prozent der Zahlungsdienstleister in Europa haben inzwischen erklärt, dass sie zumindest passiv für Echtzeitzahlungen erreichbar sind. In Deutschland sind nun fast alle Kreditinstitute dem Regelwerk des EPC beigetreten, die gesamte Sparkassenfinanzgruppe, die Genossenschaftsbanken ebenso wie die Mehrzahl der privaten Banken.

Um den erhofften Effizienzschub im europäischen Zahlungsverkehr zu erreichen, wird jedoch mehr benötigt:

  • Europaweit müssen Kreditinstitute ihre internen Systeme fit machen für die Echtzeitverarbeitung. Denn selbst mit Ultraboost X Laufschuhen wird aus einer Schnecke keine Gazelle. Viele haben bereits ihre IT-Infrastruktur grundlegend erneuert, aber einige müssen diesen Kraftakt noch bewältigen. Tun sie das nicht, können neue Marktteilnehmer, ohne die Last teurer Altsysteme den etablierten Spielern schnell den Rang ablaufen.
  • Für die Nutzer müssen bequeme, sichere Apps oder andere geeignete Anwendungen zur Verfügung stehen, um Zahlungen auszulösen und zu erhalten. Es gilt, das klassische „Henne-Ei-Problem“ bei der Verbreitung neuer Zahlungsmittel zu lösen. Das funktioniert nur, wenn ein echter Mehrwert für Zahler und Empfänger entsteht. Die Bundesbank begrüßt hier auch Überlegungen, etablierte Zahlungsmittel wie die girocard aufzuwerten und „europatauglich“ zu gestalten, indem etwa die grenzüberschreitende Abrechnung über die neuen Instant Payments-Kanäle erfolgt.
  • Nicht zuletzt müssen Betrugsversuche nun ebenfalls in Echtzeit erkannt werden. Schnelleres Bezahlen darf nicht dazu führen, dass auch Betrüger schneller zum Ziel kommen. Alle Marktteilnehmer müssen nachdrücklich und kontinuierlich dagegen arbeiten – vielleicht unter Zuhilfenahme Künstlicher Intelligenz.

„Instant is the new normal“

Das Fundament für Instant Payments ist gelegt. Aber, um unsere Echtzeitwirtschaft angemessen mit Echtzeitzahlungen zu unterstützen, reicht passive Erreichbarkeit nicht aus. Vielmehr wird es langfristig wirtschaftlicher sein, statt zwei Systeme parallel zu betreiben, „instant“ als das „new normal“ zu unterstützen.

Außerhalb Europas, zum Beispiel in Australien, Indien und Mexiko, Korea, und Singapur sind Instant Payments Realität. Sie unterstützen dort schnelle, digitale Prozesse im geschäftlichen und privaten Leben. Auch in einigen europäischen Ländern wie Dänemark, Großbritannien, Polen und Schweden gibt es Echtzeitlösungen für alltägliche Massenzahlungen.

Für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Finanzbranche wird es darauf ankommen, auf Basis einer modernen IT-Infrastruktur ein wettbewerbsfähiges Echtzeitökosystem zu schaffen.

Über den Autor

Burkhard Balz

Burkhard Balz ist Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, zuständig für die Bereiche Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme sowie Ökonomische Bildung, Hochschule und Internationaler Zentralbankdialog. Der gelernte Bankkaufmann und Jurist war lange Zeit im Firmenkundengeschäft der Commerzbank tätig und von 2009 bis 2018 Mitglied des Europäischen Parlaments.

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