Klimaschutz macht vor Banken nicht halt

Schlussfolgerungen aus der 24. Weltklimakonferenz in Kattowitz

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Der weltweite Handlungsdruck in Sachen Klimaschutz macht auch vor dem Finanzsektor nicht halt. Das haben die Diskussionen der 24. Weltklimakonferenz gezeigt. Für Banken wird die Bedeutung von Sustainable Finance und Klimaschutzfinanzierung weiter steigen. 

Klimaschutz im Banking

Klimaschutz ist auch für Banken und Sparkassen ein wichtiges Thema.

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In den vergangenen zwei Wochen wurden im Rahmen der 24. Weltklimakonferenz (COP24) im polnischen Kattowitz wieder intensive Diskussionen über die notwendigen Maßnahmen zum Schutz des Weltklimas geführt. Nachdem auf der wegweisenden Pariser Klimaschutzkonferenz vor drei Jahren beschlossen wurde, den Temperaturanstieg durch freiwillige Maßnahmen der Staaten auf 1,5 Grad Celsius, höchstens aber 2 Grad Celsius zu begrenzen, ging es bei der COP24 nun darum, die Spielregeln für das Erreichen dieser Ziele festzulegen. Neben den vielen technischen Problemstellungen (Wie wird über die freiwilligen Klimaziele berichtet? Nach welchen Kriterien wird gemessen, ob sie erfüllt sind? Sind die Daten vergleichbar?) stand dabei mehr denn je die Frage im Raum, wie die Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden können.

Schon im Pariser Klimaabkommen war ausdrücklich als Ziel festgehalten worden, dass die bereitgestellten Finanzmittel mit den Klimaschutzzielen in Einklang gebracht werden müssen. In Kattowitz konnten diesbezüglich noch einmal deutliche Ausrufezeichen gesetzt werden: Staaten und andere öffentliche Akteure haben ihre finanziellen Zusagen für Klimaschutzprogramme erheblich ausgeweitet.

Finanzwirtschaft und die Verantwortung für Klimaschutz

Auch die Finanzwirtschaft hat sich zu ihrer Verantwortung bekannt und eine Vielzahl neuer Aktivitäten und Initiativen rund um das Thema Klimaschutz angekündigt. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass das derzeitige Investitionsniveau nicht ausreicht, um ein ökologisch und sozial nachhaltiges Wirtschaftssystem zu garantieren. Damit zum Beispiel die EU ihre Klima- und Energieziele bis 2030 verwirklichen kann, muss der Kontinent nach Schätzung der Europäischen Kommission einen jährlichen Investitionsrückstand von fast 180 Milliarden Euro aufholen. Um den Klimawandel weltweit aufzuhalten, sind noch deutlich höhere Investitionen nötig: Schätzungen liegen in einer Spanne von knapp 1 Billion Euro bis zu 6 Billionen Euro pro Jahr.

Angesichts dieser Zahlen stellen sich drei zentrale Fragen.

  1. Verfügen Banken über die richtigen Produkte, um diese großen Investitionen mitfinanzieren und damit die in sie gesetzten Erwartungen im Sustainable-Finance-Bereich tatsächlich erfüllen zu können?
  2. Finden sie hierfür überhaupt den passenden regulatorischen Rahmen vor?
  3. Welche weitere langfristige Unterstützung bedarf es vonseiten der Politik und der Regulierer?

Sustainable Finance und Klimaschutzfinanzierung

Zur ersten Frage: Sustainable Finance und Klimaschutzfinanzierung sind in der internationalen Finanzcommunity zweifellos zu Topthemen geworden. Nicht zuletzt die privaten Banken und ihre Tochtergesellschaften engagieren sich bereits seit mehreren Jahren im Bereich Sustainable Finance. Sie verfügen über umfassende Leitlinien und Rahmenwerke, die sicherstellen, dass international praktizierte und anerkannte Standards zu Umwelt- und Sozialbelangen – beispielsweise die „Zehn Prinzipien des UN Global Compact“ – berücksichtigt werden.

Außerdem entwickelt sich der Sustainable-Finance-Sektor schon seit einiger Zeit sehr dynamisch; bereits heute steht den Kunden eine wachsende Zahl neuer Produktgruppen zur Verfügung. Ein Blick auf ausgewählte Marktsegmente zeigt dies eindrucksvoll: Der globale Markt für Green Bonds, mit denen Klima- oder Umweltschutzprojekte finanziert werden, weist einen deutlichen Wachstumstrend auf. Während 2013 Green Bonds mit einem Volumen von nur 13 Milliarden US-Dollar emittiert wurden, waren es 2017 bereits 155 Milliarden US-Dollar. Dieses Jahr dürfte das weltweite Volumen auf mehr als 200 Milliarden US-Dollar ansteigen. Der nachhaltige Anlagemarkt hat allein im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) Ende 2017 eine Größenordnung von 280 Milliarden Euro erreicht.

Das Beispiel erneuerbare Energien zeigt darüber hinaus, wie Finanzmarktakteure ganz konkret zu einer erfolgreichen Transformation der Energiewirtschaft beitragen und so die Entwicklung hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft vorantreiben. Allein 2017 wurden weltweit 279,8 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert, 10,4 Milliarden Euro davon in Deutschland. Für diese meist großvolumigen Finanzierungen stehen mittlerweile immer mehr Produkte zur Auswahl. Beispielhaft genannt seien hier – neben den oft erwähnten Green Bonds – Green Loans, Positive Incentive Loans, Grüne Schuldscheine oder Grüne Pfandbriefe. Darüber hinaus haben einige Banken im Rahmen der COP24 angekündigt, ihre Kreditportfolien mit den Klimazielen des Pariser Abkommens in Einklang zu bringen. Gemeinsam sollen Methoden entwickelt werden, um diese Vereinbarkeit messen und entsprechend steuern zu können.

Dies zeigt deutlich: Die Banken nehmen ihre Aufgaben im Rahmen der Sustainable-Finance-Agenda und damit beim Klimaschutz sehr ernst und haben auch das hier schlummernde Marktpotenzial erkannt. Um dieses Potenzial wirklich ausschöpfen und vor allem Skaleneffekte erzielen zu können, bedarf es jedoch weiterer flankierender Maßnahmen vonseiten der Politik. Einigkeit besteht darin, dass bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit neben öffentlichen Mitteln auch private Investitionen in größerem Umfang in den Sustainable-Finance-Sektor fließen und dadurch den Klimaschutz voranbringen können. Die Haupthemmnisse sind offensichtlich: Bisher gibt es aufgrund fehlender Definitionen noch kein branchenweit einheitliches Verständnis von „Sustainable Finance“ beziehungsweise „Green Assets“ und keine allgemein anerkannten Standards. Obendrein ist die Datenbasis zur finanziellen Risikoeinschätzung zukünftiger Klimarisiken noch (viel) zu gering.

Regulatorischer Rahmen für Sustainable Finance

Damit sind wir bei der Frage nach der passenden Regulierung angelangt. Mit der Vorlage des Aktionsplans und der ersten vier Legislativvorschläge zum Thema „Sustainable Finance“ hat die Europäische Kommission die zentralen Hindernisse für eine nachhaltige Finanzwirtschaft adressiert. Dem Finanzmarkt würden dadurch im Optimalfall standardisierte Vorgaben zu einem grünen Klassifikationssystem (Taxonomie-Verordnung), zu Offenlegungspflichten von Investoren hinsichtlich nachhaltigem Anlageverhalten (Disclosure-Verordnung) sowie Benchmarks für Nachhaltigkeitsindizes (Benchmark-Verordnung) zur Verfügung stehen.

Die Vorschläge bereiten also den Boden für die so dringend benötigten Rahmenbedingungen – zumindest in der Theorie. In der Praxis hingegen besteht die Gefahr, dass der europäische Gesetzgeber schon kurz nach dem Start wieder vom Kurs abkommt. Zu viele Aspekte aus dem Bereich Sustainable Finance sollen auf einmal geklärt werden. Ergebnis: Das eigentliche Fundament für Sustainable Finance in Europa, die geplante Taxonomie-Verordnung, ist noch nicht errichtet; hier liegt der europäische Gesetzgeber weit hinter dem ursprünglich avisierten Zeitplan zurück. Angesichts der schon in wenigen Monaten anstehenden Wahlen zum Europaparlament sollen nunmehr die Disclosure-Verordnung sowie die Novellierung der Benchmark-Verordnung zeitlich vorgezogen werden. Mangels einer einheitlichen Definition wird dabei aber wieder mit unterschiedlichen Sustainable-Begrifflichkeiten gearbeitet. Dem Ziel, ein einheitliches Grundverständnis für Sustainable Finance zu entwickeln, kommt der Gesetzgeber so kaum näher.

Weitergehende Unterstützungsmaßnahmen durch den Regulierer

Damit zur dritten Frage: Welche weitergehenden Unterstützungsmaßnahmen vonseiten der Politik und der Regulierungsbehörden sind notwendig, um die Sustainable-Finance-Agenda erfolgreich umzusetzen? Im Fokus sollte dabei die Überlegung stehen, wie Banken und andere private Investoren die notwendigen Investitionen für Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen – gemeinsam mit der öffentlichen Hand – langfristig stemmen können. Allein für den Umbau der deutschen Wirtschaft werden laut Schätzungen des BDI bis zum Jahr 2050 wohl Investitionen in Höhe von knapp 2 Billionen Euro getätigt werden müssen.

Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, sind also neue Ansätze gefragt, die herkömmliche Denkmuster – auch in der Regulierung – durchaus infrage stellen können. So ist der Vorschlag, den Banken Eigenkapitalerleichterungen für grüne Investments einzuräumen, in den vergangenen Monaten intensiv auf europäischer und nationaler Ebene erörtert und mit guten Argumenten zunächst abgelehnt worden. Doch muss die Diskussion hierzu im Rahmen der Sustainable-Finance-Agenda fortgeführt werden: Sofern klare Sustainable-Finance-Definitionen vorliegen, eine höhere Datenverfügbarkeit sichergestellt und damit eine bessere Risikoeinschätzung von Sustainable-Finance-Produkten möglich ist, sollten neue Optionen bei Eigenkapitalerleichterungen sorgfältig abgewogen werden.

Als erster Schritt könnten – auf gesicherter empirischer Basis – Eigenkapitalerleichterungen für ausgewählte, genau definierte und homogene Kreditportfolios (zum Beispiel private Baufinanzierungen) in Betracht kommen. Aber auch in anderen Bereichen können und sollten neue Ansätze ausgelotet werden – etwa in der Steuer- oder Förderpolitik.

Sustainable Finance wird an Bedeutung gewinnen

Die Diskussionen rund um das Thema „Sustainable Finance“ werden nicht an Schwung verlieren. Im Gegenteil: Die Europäische Kommission will die Europäische Union bis 2050 klimaneutral aufstellen und zeitnah die ersten Schritte in die Wege leiten. Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat angekündigt, den Entwurf für ein deutsches Klimaschutzgesetz im nächsten Jahr zu veröffentlichen. Und die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, die die Eckpunkte für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung ausarbeiten soll, wird ihren Abschlussbericht voraussichtlich Anfang Februar 2019 veröffentlichen.

Diese Entwicklungen tragen dazu bei, die Debatten weiter anzufachen und den Lösungsdruck mit Blick auf die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zu erhöhen. Die damit zusammenhängenden Herausforderungen sind so elementar und tiefgreifend, dass Politik, Regulierer und Banken hier an einem Strang ziehen sowie im engen Schulterschluss neue Lösungsansätze in Angriff nehmen müssen. Nur so können die Banken die an sie gesetzten Erwartungen erfüllen und ihren unverzichtbaren Beitrag zur Klimaschutzfinanzierung leisten.

Über den Autor

Dr. Christian Ossig

Dr. Christian Ossig ist Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. Er verfügt über langjährige Erfahrungen aus dem Kapitalmarkt- und Bankgeschäft. Als Geschäftsleiter und Managing Director der Bank of America in Frankfurt verantwortete er das Geschäft mit Finanzinstitutionen und der öffentlichen Hand und war in ähnlicher Funktion bei der Royal Bank of Scotland tätig. Daneben hat er sich beim IIF in Washington DC aus regulatorischer und aufsichtsrechtlicher und im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Goethe-Universität Frankfurt aus akademischer Perspektive mit Finanzinstituten beschäftigt.

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