Das eigene Haus als Altersvorsorge ist ein Klassiker. Aber was, wenn die Rente für die laufenden Kosten und den Alltag nicht ausreicht? Die Immobilie wirft keine weitere Liquidität ab. Mit „Equity Release“ haben sich Modelle entwickelt, die dieses Problem lösen.

Equity Release als Alternative zu Reverse Mortgage

Das eigene Haus als Altersvorsorge nutzen.

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Immobilienbesitz hat in Deutschland besonders für die Altersvorsorge schon immer eine große Bedeutung. Für über 80 Prozent* der Immobilienbesitzer ab 50 Jahren ist das eigene Haus oder die eigene Wohnung ein wesentlicher Bestandteil bei der Vorsorgeplanung. Und für mehr als ein Drittel der Immobilieneigentümer macht ihr Haus oder Wohnungsbesitz über 75 Prozent ihres Gesamtvermögens aus. Also drei Viertel des Vermögens, das nicht flexibel zur Gestaltung des aktiven Lebens genutzt werden kann – wobei es oft an Liquidität fehlt, um Wünsche – oder einfach nur das tägliche Leben – zu finanzieren.

Dabei sind über die letzten 40 Jahre die Immobilienwerte im Durschnitt konstant gestiegenen. Heute haben Rentner eine längere Lebenserwartung als früher – und dies mit gestiegenen Ansprüchen, aber unterproportional verfügbarem Einkommen. Bei der Kreditvergabe an ältere Menschen gelten dazu immer strengere Rahmenbedingungen der Banken. Dies alles zeigt, dass Lösungen zur Liquiditätsgenerierung für ältere Immobilieneigentümer entwickelt werden müssen.

Mit Equity Release zu Liquidität

Aus der eigengenutzten Immobilie liquide Mittel freizusetzen, war bislang kaum möglich: Vollständiger Verkauf oder Konsumverzicht waren die Optionen, wenn man die Immobilie im Ganzen behalten wollte. Lediglich 41 Prozent der Immobilienbesitzer ab 50 Jahren sehen die Option, sich einzuschränken, um im Alter die Höhe an frei verfügbarem Geld zu steigern. Gleichzeitig wollen sich weit über drei Viertel der über Sechzigjährigen im Alter nicht mehr räumlich verändern.

In Großbritannien und in den USA haben sich unter dem Motto „Eat your bricks“ bereits seit vielen Jahren sogenannte „Equity Release“-Modelle entwickelt – inzwischen feste Bestandteile der Altersversorgung. Überwiegend sind dies „Reverse Mortgage“ oder „Lifetime Mortgage“-Lösungen (in Deutschland als „Umkehrhypothek“ bekannt), bei denen die Immobilie als Sicherheit für ein Darlehen verwendet wird, für das weder Zins noch Tilgung geleistet wird und dessen Rückzahlung erst bei Tod aus dem Verkaufserlös der beliehenen Immobilie erfolgt.

Insbesondere bei hohem Zins haben diese kapitaldienstfreien Darlehen den erheblichen Nachteil einer rasant anwachsenden Darlehensvaluta. Als vor etwa zehn Jahren eine Reihe von Anbietern Umkehrhypotheken (mit einer Verzinsung von etwa sechs Prozent) in Deutschland an den Markt gebracht haben, konnten sich diese nicht etablieren.

Neue Lösungen der Immobilienverrentung

Heute entwickelt sich in demselben Umfeld ein völlig neues Spektrum von Lösungen, die mit sehr unterschiedlichen Funktionsweisen operieren:

Leibrente: Lebenslange monatliche Rentenzahlung

Anbieter von Leibrentenmodellen bieten ihren Kunden eine lebenslange Rentenzahlung aus deren Immobilie. Die Höhe wird dabei abhängig vom Alter des Eigentümers sowie dem Verkehrswert der Immobilie kalkuliert. Da dabei der Wert des Wohnrechts sowie Kosten der Instandhaltung abgezogen werden, fällt die monatliche Rente oftmals überraschend gering aus und muss überdies in der Regel versteuert werden. Vorteilhaft für den ehemaligen Eigentümer ist, dass er keinerlei laufende Kosten, insbesondere nicht die laufende Instandhaltung, zu tragen hat.

Nießbrauch: Einmalzahlung mit Wohnrecht

Ähnlich wie die Leibrente funktionieren die Nießbrauchmodelle. Auch hier erfolgt mit Vertragsabschluss ein vollständiger Eigentumsübergang an den Erwerber der Immobilie, der dem ehemaligen Eigentümer zusätzlich zu einer Einmalzahlung ein lebenslanges, unentgeltliches Nießbrauchrecht an seiner Immobilie gewährt. Bei der Kalkulation der Einmalzahlung werden vom Verkehrswert der Immobilie Abschläge vorgenommen entsprechend der statistischen Lebenserwartung der Nießbrauchberechtigten.

Schwachpunkte von Leibrente und Nießbrauch

Beide Modelle sind irreversibel. Wenn etwa die Erben die Immobilie später doch selbst nutzen möchten, ist dies nicht möglich. Bei der Leibrente wie beim Nießbrauch profitiert der Käufer der Immobilie von einem raschen Ableben der Verkäufer, um die Rentenzahlungen einstellen und frei über die Immobilie verfügen zu können. Geringe Transparenz in den Berechnungen führt oftmals zu Unstimmigkeiten bei der Preisfindung zwischen Käufer und Verkäufer.

Teilverkauf: Flexibilität inklusive

Einen anderen Ansatz verfolgt das Modell des Immobilien-Teilverkaufs. Diese Form der Immobilienverrentung, im angelsächsischen in ähnlicher Form auch als „Home Reversion Plan“ bekannt, bietet mehr Flexibilität als die anderen beiden Modelle. Die Liquiditätsgenerierung erfolgt hier in Höhe des vom Eigentümer gewünschten oder benötigten Betrags. Basierend auf dem gewünschten Auszahlungsbetrag und Verkehrswert der Immobilie erwirbt der Käufer einen Miteigentumsanteil von bis zu 50 Prozent und gewährt dafür einen entgeltlichen Nießbrauch: Weil der Kauf ganz ohne Abschläge für die Lebenserwartung der Verkäufer erfolgt, erhält der Käufer im Gegenzug für die Nießbrauchgewährung eine Nutzungsgebühr, vergleichbar mit einer anteiligen Miete.

Die Teilverkäufer haben weiterhin die alleinige Handhabe über ihr Zuhause. So ist jederzeit ein Rückkauf möglich. Wird hiervon nicht Gebrauch gemacht, erfolgt der gemeinschaftliche Verkauf mit quotaler Erlösverteilung bei Ableben der Teilverkäufer oder auf deren Wunsch. Dabei kann der Teilverkäufer die Wertsteigerung seines An- teils für sich weiterhin nutzen. Für die gesamte Abwicklung des gemeinsamen Verkaufs beziehungsweise des Rückkaufs erhalten die Anbieter zusätzliche Entgelte.

Entwicklung geht weiter

Sowohl der Immobilien-Teilverkauf, der den tendenziell selbstbestimmteren Teil der Zielgruppe anspricht, als auch die Modelle Leibrente und Nießbrauch, die sich an sehr sicherheitsorientierte Kunden richten, sind gute Modelle der Immobilienrente. Sie alle sind Wegbereiter, um der älteren Generation Liquidität zu ermöglichen, zu der ohne Auszug und Verkauf der Immobilie kein Zugang bestünde. In den kommenden Jahren wird auch die Zahl der Lösungsanbieter zunehmen, sodass Erfahrung, Transparenz, Fairness und Geschwindigkeit entscheidende Wettbewerbsvorteile werden.


Der Beitrag erschien ursprünglich als Teil des Jahrbuchs 2020/21 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen.