Das Tempo, in dem sich Wirtschaft und technische Möglichkeiten gerade verändern, hat auch Auswirkungen auf Direktbanken- und Broker. Insbesondere Künstliche Intelligenz wird den Wandel beschleunigen.
„Die Bank für eine Welt im Wandel“ heißt der Markenclaim unserer Bankengruppe BNP Paribas. Wandel ist ein gutes Stichwort für die Lage in unserer Branche. Die vergangenen Jahre waren im Direct Banking & Brokerage von einem regen Auf und Ab geprägt. Mit dem Anheben der Corona-Pandemie im Jahr 2020 entdeckten die Deutschen Wertpapiere und handelten wie nie zuvor, was nicht nur der Consorsbank Allzeitrekorde beim Trading bescherte – mit fast doppelt so vielen Transaktionen wie noch 2019. Die Hoffnung keimte auf, dass sich die Deutschen endlich von Aktienmuffeln zu aufgeklärten Anlegern entwickeln würden, die Wertpapiere systematisch für ihren Vermögensaufbau und ihre Altersvorsorge nutzen. Allein von 2019 auf 2020 stieg die Zahl der deutschen Wertpapierbesitzer laut den Zahlen des Deutschen Aktieninstituts um 2,7 Millionen. 2021 und mit leichten Abstrichen auch 2022 hielt der positive Trend an. Erst 2024 kam es zu einer „Normalisierung“ des Trading-Verhaltens. Die Kunden sind zwar weiter deutlich aktiver als noch 2019 und nutzen viel stärker als zuvor Wertpapiersparpläne für den Vermögensaufbau, aber der Boom der Corona-Jahre ist merklich abgeflacht.
Das hat auch mit einer anderen, kaum vorauszusehenden Entwicklung zu tun: der Zinswende. Es ist noch gar nicht so lange her, da hätten auch viele Experten darauf gewettet, dass wir noch über Jahre mit dem „Nullzins“ leben müssen. Im Sommer 2022 kam es dann ganz anders. Ende Juli hob die EZB die Leitzinsen nach mehr als sechs Jahren erstmals wieder um 0,5 Prozentpunkte an, um der steigenden Inflation gegenzusteuern. Ende 2023 lag der Leitzins bei 4,5 Prozent. Mit den steigenden Zinsen wurden Tagesgeldkonten bei den Kunden wieder populärer, während die Aktienkultur in Deutschland (wieder einmal) einen Dämpfer erhielt. Profitierten die Banken von 2020 bis 2022 von guten Provisionserlösen, so steuert 2024 bei vielen das Zinsergebnis den Löwenanteil zum Ergebnis bei.
Die Zinswende und andere Wenden geben den Takt vor
Warum mache ich in einem Beitrag, der sich um das Jahr 2024 drehen soll, solch einen langen Exkurs in die Vergangenheit? Weil an diesen Entwicklungen deutlich wird, wie herausfordernd das kommende Jahr für unsere Branche sein wird. Es gibt für uns derzeit keine Anzeichen dafür, dass bei den Deutschen die Begeisterung für die Börse kurzfristig wieder entfacht wird. Dass die 2024 anstehenden Wahlen – Europa-Wahl, US-Wahl, Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern – nachhaltig positive Impulse geben werden, darf stark bezweifelt werden. Andererseits werden die Zinsen aufgrund der sich langsam stabilisierenden Inflation kaum mehr steigen, womöglich sogar wieder nachgeben. Keine sehr aufmunternden Rahmenbedingungen für die Ertragssituation der Branche im Jahr 2024.
Wenn die letzten Jahre etwas gezeigt haben, dann die zunehmende Schwierigkeit, Entwicklungen längerfristig vorauszusagen. Deshalb gilt 2024 mehr denn je: Wie alle Banken müssen auch Direktbanken und -broker wendiger werden, um schnell auf unvorhergesehene Entwicklungen antworten zu können. Beispielsweise mit einem aus dem Wettbewerb herausragenden Zinsangebot zur Gewinnung von Neukunden oder einem niedrigschwelligen Angebot, um einfach in die Welt der Wertpapieranlage einzusteigen.
Wendig sein, auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, das gilt 2024 mehr als zuvor. Nicht nur in der Politik hat das Wort „Zeitenwende“ Furore gemacht. Auch in Technologie und Wirtschaft sortiert sich die Welt gerade in einem atemberaubenden Tempo neu. Ein besonders dynamisches Beispiel ist die Künstliche Intelligenz (KI).
Künstliche Intelligenz wird den Wandel beschleunigen
Nachdem ChatGPT Ende 2022 einen großen Durchbruch hatte, gilt KI als vielversprechende Innovation, die auch die Finanzbranche nachhaltig verändern wird. Doch sind wir als Branche bereit, uns dieser Entwicklung zu stellen?
Bei der Consorsbank ist KI schon seit über zehn Jahren ein Thema. Mithilfe intelligenter Datenanalysen und einer selbstlernenden Scoring-Engine ermitteln wir zum Beispiel die Produktpräferenzen der Kunden und können diese sehr zielgenau auf relevante Produkte und Services ansprechen. Mit dem Aufkommen von generativer KI tun sich aber noch einmal ganz andere Welten auf. Bain & Company hat beispielsweise eine Vielzahl von Anwendungsfällen zusammengestellt – von Marketing & Vertrieb über Produktentwicklung, Kredit und Kundenservice bis hin zu Compliance und Shared Services. Laut McKinsey-Report vom Juni 2024 hat KI das Potenzial für jährliche Einsparungen von 200 bis 340 Milliarden Euro pro Jahr in der Finanzbranche und kann gleichzeitig die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit steigern, die Entscheidungsfindung verbessern und Risiken minimieren.
Auch bei der Consorsbank wollen wir 2024 neue Anwendungsfälle live gehen lassen. Konkret denken wir an einen digitalen Assistenten, der den Kunden bei der Suche nach Wertpapieren zur Seite steht. Darüber hinaus wollen wir auch interne Prozesse optimieren und beschleunigen, indem wir KI zur Automatisierung von Routineaufgaben nutzen. Außerdem können wir KI auch zum Ausbau der Betrugserkennung einsetzen, um unsere Kunden noch besser vor Online-Betrug zu schützen.
Dies sind nur erste Schritte auf einer Reise, die die Welt der Banken nachhaltig verändern wird. Ja, es gibt gerade 2024 wieder viele Herausforderungen an die Branche und die Ertragssituation wird nicht leichter. Sich diesen neuen technischen Möglichkeiten zu öffnen ist einer der Wege, den Entwicklungen zu begegnen, denen die Direktbanken und -broker in einer sich rasanten wandelnden Welt ausgesetzt sind.
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