Smartphone zücken, und mit ein paar Klicks ist die Rechnung gezahlt – was im Privatbereich längst üblich ist, bringt nun Tempo in Unternehmen. Der Innovationsdruck aus B2C ist eine Chance fürs B2B-Geschäft. CFOs avancieren zu aktiven Gestaltern des Unternehmenserfolgs.
Als die Plattform SAP HANA 2011 auf den Markt kam, gab es ein großes Werteversprechen: Datenanalysen, die früher teils Stunden dauerten, waren mit der neuen Technologie in einem Wimpernschlag erledigt. Damit schlugen die Walldorfer in eine Kerbe, die jedem Entscheider bekannt sein dürfte: Wer sich im Wettbewerb den Vorteil als „First Mover“ sichern möchte, braucht schnelle Entscheidungen, idealerweise in Echtzeit. Die neue Technologie machte das möglich. Doch wo genau der Kniff zum Einsatz kam, oblag der Unternehmensstrategie.
Heute hat der Chief Financial Officer mit seinem Team die Möglichkeit, denselben Effekt als strategischer Strippenzieher gleich für eine gesamte Unternehmensfunktion zu generieren. Er muss entscheiden, ob weiterhin oldschool operiert wird – oder er nutzt die Gelegenheit, die nächste Evolutionsstufe für den Finanzbereich zu gestalten.
B2C formt das digitale Geschäft
Natürlich hat die Corona-Krise die Wirtschaft existenziell gefordert. Die Situation hat aber auch gute Seiten: Viele Unternehmen haben den direkten Zugang zu ihren Endkunden realisiert. Denn mit den teils weggebrochenen klassischen Vertriebswegen hat E-Commerce nochmals schlagartig an Bedeutung gewonnen. Eine Herausforderung für den CFO: Plötzlich zahlten B2C-Kunden direkt ans Unternehmen, inklusive des operativen Kleinkleins bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Damit stieg der Druck auf die Finanzteams gewaltig. Denn nach wie vor waren häufig traditionelle manuelle Prozesse im Einsatz. Schnelligkeit oder gar Echtzeit lagen in weiter Ferne. Kann dieser Druck dazu führen, die Funktion des CFO zum Edelstein zu verdichten?
Die gute Nachricht: Das geht. Denn für all diese Herausforderungen gibt es auch fürs B2B-Geschäft funktionierende Lösungen. Nur liegen diese für viele Unternehmen noch jenseits der Grenze zum Neuland. Doch ein Blick über den Tellerrand lohnt sich. Das Potenzial liegt dort, wo das B2C-Geschäft Overspill-Effekte haben kann – bei in die Jahre gekommenen und kapitalbindenden Bestandssystemen. Denn moderne Prozesse funktioniere auch, ohne gleich die gesamte IT auszutauschen. Mit innovativen Features wie „Request to Pay“ (RTP) beziehungsweise Open Banking lassen sich der Aufwand bei Zahlungen sowie die Fehlerquoten deutlich senken, digital und kundenfreundlich. Allein diese Beispiele zeigen, dass Finanztechnologien mittlerweile hochgradig elaboriert sind und ein Verharren in alten Welten zwangsläufig zum Wettbewerbsnachteil führen wird.
Digitaler „Point of no Return“
Die entscheidende Frage für Unternehmen: Habe ich Echtzeit-Transparenz über all meine Finanzprozesse, Cashflows und Liquidität? Wenn mein Zahlungsverkehr in Realtime abläuft, kenne ich sämtliche Ein- und Ausgänge und kann zu jedem Zeitpunkt über Investitionen entscheiden. Quer durch alle Anwendungen im Verantwortungsbereich des CFO zieht sich ein roter Faden. Sämtliche Herausforderungen sind schnell adressiert, wenn Unternehmen konsequent auf Cloud-Technologien oder „As a Service“- Angebote setzen, die im Zusammenspiel mit existierenden „Enterprise Resource Planning“-Systemen das Beste aus zwei Welten herausholen. So können alle Prozessschritte in der Kreditoren- oder Debitorenbuchhaltung, im Zahlungsverkehr, vor allem aber auch im Bereich Fraud Protection und Datenschutz digitalisiert oder automatisiert werden – und das sogar in einer einheitlichen Benutzeroberfläche, die intuitiv, gewinnbringend und reibungslos zu bedienen ist. Durch diese Automatisierung sinkt die Fehleranfälligkeit. Außerdem steigt die Sicherheit, wenn etwa dank Machine Learning kritische Muster in Zahlungsprozessen erkannt werden können, bevor ein wirtschaftlicher Schaden durch potenziellen Betrug entsteht.
Neue Möglichkeiten für den CFO
An automatisierten und optimierten Finanz- und Zahlungsprozessen kommt heute im Grunde kein Unternehmen vorbei. Die Frage ist eher, wann und in welchem Umfang der Sprung ins digitale „Office des CFO“ vollzogen wird. Pauschallösungen gibt es auch in der Digitalisierung nicht – der Wandel erfordert strategischen Weitblick und wirtschaftliches Kalkül. Für den CFO eröffnen sich neue Möglichkeiten, das Kerngeschäft mitzugestalten. Denn wo früher der Vorstand anrief und das Reporting einforderte, meldet sich heute der CFO proaktiv mit den neuesten Risiken und Chancen.
Der Beitrag erschien ursprünglich als Teil des Jahrbuchs 2021/22 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier direkt herunterladen.