Bank-Business as usual in einer Welt in Flammen?

Was Banken für den Klimaschutz tun müssen

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Mit Greenwashing zum Klimaschutz, das funktioniert nicht. Was müssen Banken heute schon tun, um wirklichen Klimaschutz zu gewährleisten und damit gleichzeitig zukunftsfähig bleiben zu können?

Klimaschutz ist eine wichtige Aufgabe, auch für Banken und Sparkassen

Klimaschutz ist eine wichtige Aufgabe, auch und gerade für Banken und Sparkassen.

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Zum Verständnis des folgenden Beitrags ist es notwendig, sich eingangs folgende Ausgangslage vor Augen zu führen: Die ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten sind überschritten, die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen sind existenziell bedroht und elementare Freiheits- und Menschenrechte zukünftiger Generationen stehen auf dem Spiel.

Es ist paradox: Die größten Kosten der sich zuspitzenden Klima- und Biodiversitätskrise fallen in den Regionen des globalen Südens an – dort wo die Menschen am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben. Ein Umsteuern nach dem Verursacherprinzip wäre dringend geboten.

Die Welt steht in Flammen

Doch auch in unseren Breitengraden zeichnen sich fatale Auswirkungen ab. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass allein die Folgen von Extremwetterereignissen aufgrund der fortschreitenden Erderhitzung bis zum Jahr 2050 jährliche Kosten in Höhe von 20 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung nach sich ziehen werden.

Darin sind weder die sozialen Belastungen, wie etwa die Freiheitseinschränkungen aus der Klimakrise noch die ökonomischen Auswirkungen der Arten- und Biodiversitätskrise, der Trinkwasserkrise, der Plastikkrise, etc. berücksichtigt. Man kann also zu Recht behaupten, dass die „Welt in Flammen” steht und der Handlungsbedarf enorm ist.

Die Kreditströme von heute bestimmen die Wirtschaft von morgen.

Im Grundsatz (!) ist die Notwendigkeit zum Handeln auch im Bankenwesen angekommen, dem auf dem Weg zur Klimaneutralität eine Schlüsselrolle zukommt. Das ist die gute Nachricht. Schließlich wird an den Finanzmärkten das „Morgen“ gehandelt oder anders ausgedrückt: Die Finanzströme von heute bestimmen unsere Wirtschaft von morgen.

Doch wenn es um die konkreten Veränderungen geht, hört es mit den guten Nachrichten auf. So hat erst jüngst die EZB in einer äußerst granularen Analyse zu Beginn des Jahres offengelegt, dass die Kreditbücher von 9 von 10 europäischen Banken im Widerspruch zu den EU-Klimazielen stehen.

Banken müssen glaubwürdigen Beitrag zu Klimazielen leisten

Was also sollten Banken tun, um einen glaubwürdigen Beitrag zu den vereinbarten Klimazielen zu leisten, ohne sich dem Vorwurf des Greenwashing und der Augenwischerei beim Klimaschutz auszusetzen?

Dazu muss zunächst mit einem zentralen Missverständnis aufgeräumt werden: Um die Klimaschutzziele zu erreichen, geht es primär nicht darum, vorab bis ins Detail zu klären, wie ein möglichst grünes oder nachhaltiges Investment auszusehen hat. Diese Fragen sind zweifellos wichtig, lenken aber von den wesentlichen Handlungsfeldern ab. So schwierig es ist, einen Konsens darüber zu finden, was wirklich grün ist – so einfach ist es zu benennen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten unterbleiben müssen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Dieses Faktum wird gerne verschwiegen, impliziert es doch, dass bestimmte Kreditgeschäfte schon heute klare No-Gos sind.

Ökologische No-Gos der Banken

Ein solches No-Go ist beispielsweise die Finanzierung von Unternehmen, die keinen schnellen Ausstieg aus dem Kohlebergbau planen oder Investitionen in die Exploration und Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen tätigen. Denn obwohl sich renommierte internationale Forschungsorganisationen wie der internationale Weltklimarat IPCC oder die Internationale Energieagentur über diese Notwendigkeit des schnellen Ausstiegs aus Fossilen einig sind, setzen sich über 95 Prozent der fossilen Energiekonzerne mit ihren Investitionsplänen über diese klimapolitischen Erfordernisse hinweg und eskalieren damit wissentlich die Klimakrise. Und das, obwohl uns ihre schillernden Nachhaltigkeitsbroschüren und Greenwashing-Kampagnen das Gegenteil weismachen wollen.

Hier stellt sich für die Banken die Gretchenfrage: Zeigen sie diesen eindeutigen Widersprüchen in der Geschäftspolitik die rote Karte und beenden die Finanzierung oder verschließen sie die Augen und machen sich zu Komplizen von Greenwashing und Umweltzerstörung?

Verbindliche Leitplanken für die Kreditvergabe

Die Eindeutigkeit von ökologischen No-Gos für die Kreditwirtschaft besteht nicht nur im Großen für internationale Großbanken, sondern auch im Kleinen, etwa bei der Baufinanzierung. Und entgegen der öffentlichen Meinungsmache sind rote Linien auch hier vergleichsweise einfach identifizierbar: Zum einen lässt sich die Einhaltung planetarer Grenzen in vielen Bereichen in konkrete Schattenpreise übersetzen, die wiederum die Rentabilität bestimmter Investitionsentscheidungen unter ökologischen Gesichtspunkten zurechtrücken.

Im Falle des Klimaschutzes müssen Banken beispielsweise davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren alle Investitionen einem CO2-Mindestpreis von mindestens 200 Euro pro Tonne standhalten müssen. Zum anderen gibt es ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, wo die technologischen Zukunftsthemen angesiedelt sind und vor allen Dingen, wo nicht. Beim Klimaschutz ist dies vor allem die Abkehr von fossilen Energieträgern, die durch Elektrifizierung (ja, Wärmepumpen!), Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und Suffizienz gelingen kann, während die Verbrennungstechnologie als Massenprodukt im Verkehr und bei der Gebäudewärme ausgedient hat.

Diese Orientierung an verbindlichen Leitplanken für die Kreditvergabe, die ökologische No-Gos konsequent ausschließen, ist zwar ein vergleichsweise einfacher erster Schritt zu mehr Glaubwürdigkeit, erfordert aber die Bereitschaft zum Verzicht auf kurzfristige Erträge.

Hier scheint der Hase im Pfeffer zu liegen. Es ist leicht, Nachhaltigkeit nach dem Motto „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ zu predigen, wenn man es unterlässt, das hierfür Erforderliche zu tun, um sich kurzfristige Gewinne zu sichern.

Der fürchterliche russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat diese Doppelmoral schonungslos offengelegt: In einer Welt, in der sich mit fossiler Energie, tödlichen Waffen und schmutzigen Geschäften mit Diktatoren gutes Geld verdienen lässt, geraten wohlklingende Nachhaltigkeitsversprechen schnell in Vergessenheit.

Gefährdet konsequenter Umweltschutz die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und wird damit zum Risiko für Banken?

Banken, so ist oft zu hören, müssten diese faulen „Kompromisse“ im Interesse der Energiesicherheit sowie der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts eingehen, um den Wohlstand des Landes zu sichern. Aber gefährdet konsequenter Klima- und Umweltschutz denn wirklich langfristig unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit?

Das Gegenteil ist der Fall! Von dem großen ungarischen Transformationsforscher Janos Kornai kann man lernen, dass es sogenannte „harte“ Budgetrestriktionen sind, die Unternehmen und damit die Wirtschaft erfolgreich machen. Er bezog sich mit dieser Analyse auf die Ursache des Zusammenbruchs der sozialistischen Wirtschaft des Ostblocks, in der die Unternehmen keinen „harten” finanziellen Beschränkungen unterworfen waren und daher trotz eklatanter Ineffizienz fortbestehen konnten.

Hätte es dagegen „harte” Restriktionen, wie in den westlichen marktwirtschaftlichen Systemen gegeben, wären diese Unternehmen in Konkurs gegangen und hätten im Sinne von Schumpeters „schöpferischer Zerstörung“ Platz für neue, innovative Unternehmen geschaffen. Für viele ein kontraintuitives Ergebnis, dass besonders harte finanzielle Rahmenbedingungen Unternehmen Rückenwind geben und zentraler Erfolgsfaktor einer leistungsfähigen Wirtschaft darstellen.

Knappheiten wirken als Innovations- und Produktivitätsmotor

Und in der Tat erklärt diese Beschreibung Kornais nicht nur den Niedergang der sozialistischen Ökonomien des Ostblocks, sondern auch die Tatsache, dass die industriellen Kraftzentren der Welt wie Deutschland, die Schweiz, Schweden, Japan oder Südkorea eben nicht dort entstanden sind, wo Energie und Ressourcen im Überfluss vorhanden waren, sondern dort, wo sie teuer und vergleichsweise schwer zu beschaffen waren. Reale Knappheiten wirken also durchaus  als Innovations- und Produktivitätsmotor.

Warum also sollte diese bahnbrechende Erkenntnis der Transformationsökonomie nicht auch für eine ökologische Wirtschaftswende gelten, die sich zur Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen „harten” ökologischen Restriktionen unterwirft, wie z.B. klar begrenzten CO2-Budgets?

Banken müssen grüne Transformation konstruktiv begleiten

Für das Bankwesen bedeutet dies, dass es sich dieser Transformation konstruktiv stellen muss und den unvermeidlichen Wandel als Chance begreifen sollte, statt die Veränderungen mit faulen Kompromissen auszubremsen.

Die exklusive Kompetenz der Kreditwirtschaft, die Bonität der vorherrschenden Geschäftsmodelle auf Herz und Nieren zu prüfen, darf sich in Zukunft nicht nur auf die finanzielle, sondern muss sich auch auf die ökologische Solidität erstrecken.

Viel zu lange wurde großen Teilen der Wirtschaft erlaubt, ihre Geschäfte zu Lasten der Umwelt zu betreiben. Diesen „free lunch“ können wir uns nicht mehr leisten. Die Banken sollten die ersten sein, die dieser ökonomischen wie ökologischen Binse Rechnung tragen.

Über den Autor

Dr. Mauricio Vargas

Dr. Mauricio Vargas ist als Finanzexperte bei Greenpeace Deutschland tätig. Der Volkswirt unterstützt mit seinem Fachwissen und seinen Analysen die ökologische Finanz- und Wirtschaftswende und arbeitet daran, das Bewusstsein für die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der Finanzwelt zu verbessern. Zuvor hat er für einen großen Vermögensverwalter gearbeitet.

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