Die Zusammenarbeit von Banken und FinTechs ist längst Normalität. Bislang konzentriert sich diese vor allem auf die Schnittstelle zum Kunden. Dabei steckt gerade im Bereich der Prozessoptimierung noch großes Potenzial. Außerdem fehlt es häufig an echten „out oft he box“-Lösungen.
Viel wurde in der jüngsten Zeit über das Verhältnis von Banken und FinTechs geschrieben und geredet. Und das völlig zu recht. Denn FinTechs sind weiter auf dem Vormarsch. 2015 wurde in Deutschland fast jeden zweiten Tag ein FinTech gegründet. 2016 floss hierzulande fast die Hälfte (40 Prozent) des gesamten Venture Capitals in Start-ups aus dem Finanzbereich.
Sehen wir also in 2017 die große FinTech-Revolution im Finanzsektor? Die Antwort auf diese Frage ist ein klares Nein. Das Motto lautet „Evolution statt Revolution“. Das zeigt auch eine Studie von Roland Berger, für die 248 FinTechs aus 18 europäischen Ländern befragt wurden. Zwei von drei Befragten glauben fest daran, dass die neuen Finanz-Startups die etablierten Banken nicht ersetzen können. 86 Prozent haben dies auch gar nicht vor, sondern wollen mit Banken und Versicherungen zusammenarbeiten.
FinTechs sind nicht disruptiv
Interessanterweise hat hier ein Umdenken stattgefunden: Vor rund zwei Jahren, mit dem Aufkommen der FinTech-Welle in Deutschland, gab es wesentlich häufiger Äußerungen, mit denen das Ende der etablierten Banken eingeläutet wurde. Mittlerweile sind solche Stimmen kaum noch zu hören. Das hat auch wirtschaftliche Gründe: Denn ein Produkt lässt sich viel besser skalieren, wenn man auf den vorhandenen Kundenstamm und das Vertrauen etablierter Banken setzen kann. Vom wertvollen Know-how, das die Banken bei Regulatorik mitbringen, gar nicht erst zu sprechen.
Spannend dazu sind die Äußerungen von Professor Dr. Markus Münter, der an der htw Saar unter anderem zu den Themen Innovation und Disruption forscht. Seinen Aussagen zufolge sind FinTechs nicht disruptiv, weil sie nicht den Markt als Ganzes verändern, sondern immer nur ausgewählte Bereiche der Wertschöpfungskette.
Ich sehe diese Entwicklung positiv. Denn letztendlich geht es darum, das bestehende Leistungsangebot in der Branche aus Kundensicht zu verbessern. Oder anders ausgedrückt: Banken und FinTechs sollten gemeinsam dafür sorgen, dass Finanzgeschäfte intuitiv erlebbar werden und sich nahtlos in den Alltag der Menschen einfügen.
Es ist daher schön zu sehen, dass die Coopetition – also die viel beschworene Zusammenarbeit von Banken und FinTechs in ausgewählten Bereichen – mittlerweile zur Normalität geworden ist.
Prozesse gemeinsam optimieren
In den meisten Fällen konzentriert sich diese Zusammenarbeit auf die Schnittstelle zum Kunden. In Zukunft werden wir noch mehr Kooperationen „behind the scene“ sehen, also in Bereichen, die nicht unmittelbar ins Sichtfeld der Kunden geraten. Gerade im Bereich Prozessoptimierung steckt noch großes Potenzial. Hier können FinTechs den Banken dabei helfen, ihre Prozesse zu optimieren und ihren Kunden damit ein digitales und rundweg positives Erlebnis zu bieten.
Darüber hinaus wünsche ich mir von beiden Seiten noch mehr „out of the box“-Denken. Zudem laufen wir anderen Branchen zumeist hinterher. Warum kann die Finanzindustrie nicht mal als erste Industrie echte Mehrwertlösungen im Bereich der virtuellen Realität oder von Spracherkennungs-Software anbieten? Natürlich sind hier auch Banken gefordert. Aber FinTechs sind grundsätzlich flexibler aufgestellt und sollten daher eher in der Lage sein, neue Dinge schneller zu verproben. Das entbindet Banken aber nicht von der Verantwortung, auch innovativ zu sein und Neues zu wagen.
Daher geht mein Appell sowohl an die FinTechs als auch die Banken: Lasst uns immer wieder erneuern. Das ist dringend notwendig! Denn nur, wer sich ständig hinterfragt, kann Bank neu denken.