Wie Banken die Kehrtwende gelingt

Digitale Ökosysteme als Chance

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Ohne eine zukunftsfähige, digitale Transformation droht vielen Banken, dass sie sukzessive aus dem Finanzmarkt gedrängt werden. Dass akuter Handlungsbedarf besteht, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Eine Antwort darauf: die Schaffung digitaler Ökosysteme.

Digitale Ökosysteme als Chance für Banken und Sparkassen

Digitale Ökosysteme als Chance für Banken und Sparkassen.

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79 Prozent der Führungskräfte in Banken planen Investments in die Omnichannel-Strategie. 61 Prozent wollen die Time-to-Market reduzieren. 95 Prozent planen den GoLive solch digitaler Plattformen bis spätestens Ende 2026. Die Frage belegt jedoch, wie sich die hohen Erwartungen erfüllen lassen, wenn die Investitionsbereitschaft weiter gering bleibt.

Die Grundlage haben die Institute mit den hauseigenen Banking-Apps oder Online-Banking-Portalen bereits geschaffen. Die Schnittstelle zum Kunden besteht, darüber hinaus kennen Banken ihre Kunden durch jahrelange Beratungstätigkeiten. Die Herausforderung besteht jedoch darin, die eigenen Dienste effizient in die mobile Welt des Kunden zu integrieren.

Banken sehen Handlungsbedard

Sechs von zehn Banken aus Europa, dem Mittlerem Osten und Afrika (EMEA) rechnen damit vom Markt zu verschwinden, wenn sie sich nicht in den kommenden fünf bis zehn Jahren digitalisieren. Das verrät eine Studie von Mambu mit dem passenden Titel „Evolve or be extinct“. Es ist also auch in den eigenen Reihen kein Geheimnis mehr, dass Banken Handlungsbedarf sehen, um der digitalen Konkurrenz auf den Fersen zu bleiben. Die Lünendonk-Studie „Digital Outlook 2025: Financial Services“ unterstreicht, worauf Finanzinstitute setzen: 79 Prozent wollen demnach in eine Omnichannel-Strategie investieren, während 61 Prozent die Time-to-Market verkürzen wollen. 95 Prozent planen mit ihrer digitalen Plattform bis 2026 live zu gehen, während 97 Prozent digitalen Ökosystemen bis 2027 eine sehr hohe strategische Relevanz prophezeien.

Die Erwartung, die Banken in digitale Ökosysteme setzen, trübt allerdings die geringe Investitionsbereitschaft. Eine Salesforce-Studie zeigt, dass zwei Drittel der befragten Transformationsverantwortlichen der Meinung sind, dass sie mehr in digitale Innovationen investieren wollen. Und das müssen sie auch, um mit Herausforderern wie FinTechs oder neuen Marktteilnehmern Schritt zu halten. Trends wie Buy-Now-Pay-Later (BNPL), Künstliche Intelligenz (KI) oder Digitale Identitäten gilt es jetzt für sich zu besetzen. Finanzinstitute sind durchaus in der Lage eine entscheidende Rolle bei diesen Themen einzunehmen und die eigene Expertise ins Feld zu führen. Die Startup-Szene scheint jedoch naturgemäß agiler, um auf diese Trends aufzuspringen und verschafft sich dadurch momentan einen Vorsprung.

Banken schrecken vor Innovationen zurück

Banken reagieren nach wie vor zurückhalten, obwohl diese Trends längst öffentlich diskutiert werden. Sie scheinen sich vor Disruption sicher zu fühlen, wie wiederum die Studie von Lünendonk feststellt. Die aktuelle Situation gleicht mehr der Ruhe vor dem Sturm als nur einem rauen Lüftchen. Startups aber auch etablierte Institute – vor allem aus den USA – erweitern den Markt mit Innovationen und eigenen IT-Plattformen.

Komplexität als Hindernis

Die Zurückhaltung der Banken hängt aber auch mit der Komplexität der Lösungen zusammen, wie die Studie „Digitales Ökosystem. Portallösungen und Zahlungsverkehr im Wandel“ der LBBW zeigt. Digitale Angebote in ein bestehendes Geschäft zu integrieren, ist kein Selbstläufer. Vielmehr müssen Anforderungen an Datenschutz und -sicherheit bedacht werden, um die zurecht strengen Vorschriften an Authentifizierung und IT-Sicherheit zu erfüllen. Das verringert die Innovationslust und verstärkt eher die Befürchtungen mit neuen Ideen ein sicheres Grundgerüst zum Einsturz zu bringen. Doch Innovationen und Sicherheit schließen sich nicht unbedingt gegenseitig aus. Vielmehr gilt es das Grundgerüst der zukünftigen IT-Plattform – das Kernbanksystem – so auszugestalten, dass Innovationen schnell und kostengünstig implementiert werden können. Die Anforderungen von Kunden an ihr persönliches Banking-Erlebnis haben sich verändert. Banking soll dabei vor allem flexibel an die jeweils individuelle Lebenssituation anpassbar sein, wie die Lünendonk-Studie „Agilität, Customer Journey und digital Experience“ zeigt.

Notwendigkeit zur Innovation

Ohne innovative Produkte und Services werden Banken auf lange Sicht sukzessive Kunden verlieren. Denn schon jetzt wollen Kunden auch im Finanzbereich das, was Netflix, Spotify und Co. in Sachen User Experience (UX) bieten. Sie schauen sich mittlerweile nach digitalen Alternativen um. Laut einer Bitkom-Studie können sich mittlerweile bereits die Hälfte der Menschen vorstellen, ein Girokonto bei einem Digitalunternehmen wie Amazon, Google oder Apple zu eröffnen. Dass es an der Zeit ist, etwas zu bewegen, verrät auch die Cost-Income-Ratio aller deutschen Banken, die im Schnitt bei 72,3 liegt. Zum Vergleich: Die ING liegt bei 48 – und die Digitalbank Norwegian startete in Deutschland erst kürzlich mit einem Wert von weniger als 30.

Banken profitieren von soliden Grundlagen

Finanzinstitute haben jedoch auch wichtige Assets ins Feld zu führen: Mittlerweile jeder zweite Verbraucher in Deutschland nutzt die hauseigene Banking-App. Im Umkehrschluss bedeutet das, die Kundenschnittstelle und vor allem der regelmäßige Kontakt zu Kunden besteht bereits. Es fehlen vielmehr die passenden Dienste, die die Bank fest in die mobile Welt des Kunden integrieren. Hier haben Banken ein enormes Potential über eine zielgerichtete Analyse von Daten und einer damit verbundenen Ableitung von Informationen, um den Kunden besser anzusprechen und im richtigen Moment die passenden Angebote zu definieren.

Die Relevanz von Daten und den darin verborgenen Informationen haben Banken bereits erkannt, denn bis 2025 wollen 72 Prozent der Banken in Data Analytics investieren. Das lohnt sich allerdings erst, wenn sie die Daten in entsprechender Qualität bereitstellen und somit analysieren können. Das Ziel muss sein, eigene Dienste oder Daten an andere Unternehmen auszuspielen und deren Angebote zu nutzen, um ein einzigartiges Kundenerlebnis zu formen. Dieses Erfolgsrezept haben die großen Plattformbetreiber wie Amazon, Microsoft oder Google perfektioniert. Diesem Beispiel wollen viele Finanzinstitute nun folgen: 68 Prozent streben an, selbst diese Plattform zu sein, während weitere 34 Prozent darauf abzielen, eigene Angebote integrieren zu lassen. Einige wollen sogar beides. Das bedeutet, sie wollen entweder selbst in der Lage sein, fremde APIs (Application Programming Interfaces) zu nutzen, oder eigene Dienste über APIs anzubieten und sich somit entweder als Provider oder Consumer zu positionieren. Grundvoraussetzung dafür: Banken müssen ihre IT end-to-end bis zum letzten Byte als Open-Banking-Konzept zugänglich machen.

Das bedeutet die IT-Plattform modular und hochgradig integrierbar auszugestalten. Wenn ein Institut seine IT-Systeme transformiert, sollte sie zudem folgendes im Hinterkopf behalten: nur innovatives, was wirklich von der Konkurrenz unterscheidet, sollte auch selbst entwickelt werden. Der Rest kann gekauft und entsprechend des Best of Breed-Approaches integriert werden. Somit baut sich sukzessive ein eigenes Ökosystem auf einem soliden Grundstein praktisch von allein auf. So schaffen sie es die digitalen Dienste in die bereits bestehenden Kanäle zu integrieren und den digitalen Konkurrenten einen Schritt voraus zu sein.

Fazit: Die IT-Struktur als Herzstück der Business-Strategie

Doch die PS von 0 auf 100 auf die Straße zu bringen, reicht nicht. Ohne konkreten Plan scheitert eine IT-Strategie noch vor der Umsetzung. Nur wenn die Institute ihre Business-Strategie mitdenken, können sie ihre IT darauf aufbauen. Passende Use Cases müssen identifiziert und darauf aufbauend ein Businessmodell formuliert werden. Wenn das gelingt, kann die IT-Struktur an der Business-Strategie ausgerichtet und somit das Herzstück des eignen digitalen Ökosystems werden. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, laufende Prozesse und Produkte zu hinterfragen und zu analysieren. Die Frage stellt sich, wie dieser Wert angehoben werden kann und sich profitabler für das eigene Unternehmen darstellt. Klein gedacht bleibt ein Ökosystem nur die Illusion einer zukunftsfähigen Lösung.

Über den Autor

Dr. Florian Springer

Dr. Florian Springer ist Partner bei Senacor Technologies AG. Der promovierte Wirtschaftsinformatiker verantwortet komplexe Business-IT-Transformationen und Lieferprojekte sowie Vorhaben zur nachhaltigen und zukunftsfähige Neuausrichtung von IT-Landschaften im Bereich Financial Services.

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