Einer aktuellen Studie zufolge befasst sich die Finanzbranche intensiv mit Technologien aus dem Bereich Künstliche Intelligenz. Allerdings befinden sich die meisten Institute noch in einer Vorbereitungs- oder Testphase und können keine stimmige Strategie vorweisen.
Neue Technologien lösen zwar nicht alle Probleme der Banken, sie sind aber erfolgskritisch. – Christian Leurs, EGC
Die Unternehmensberatung Eurogroup Consulting (EGC) hat gemeinsam mit der htw saar, der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes untersucht, wie es um den Einsatz und die Herausforderung von Künstlicher Intelligenz (KI) in deutschen Finanzinstituten bestellt ist. Den Ergebnissen der Befragung zufolge, haben sich nahezu alle Finanzinstitute bereits mit dem Thema beschäftigt und knüpfen hohe Erwartungen daran.
KI ist jedoch komplex, denn dahinter stehen unterschiedliche Technologien. Nur weniger Institute nutzen KI bereits im Regelbetrieb, die meisten befinden sich noch in der Evaluationsphase.
Hohes Potential von KI
Künstliche Intelligenz kann Fehlerquoten senken und Reaktionszeiten auf Kundenanfragen deutlich verkürzen. Mitarbeiter können zudem von lästigen Routinearbeiten befreit werden und Freiräume für wertschöpfende Tätigkeiten erhalten.
Dementsprechend hoch sind die Erwartungen seitens der Banken. Die Befragten versprechen sich von KI Vorteile im Wettbewerb und in der Prozessoptimierung, gefolgt von wirtschaftlichen Verbesserungen, d.h. steigenden Gewinnen und sinkenden Kosten.
Das größte Potenzial für KI wird im Backoffice (60 Prozent) gesehen, danach kommen Produkte (50 Prozent) und Kunden (47 Prozent). Chatbots sind mit 38 Prozent die am häufigsten verwendete KI-Lösung bei Finanzdienstleistern, gefolgt von Machine Learning (32 Prozent). Cognitive RPA (Robotic Process Automation mit einer selbstlernenden Komponente) und Deep Learning/Neuronale Netze ergänzen die Einsätze der KI-Technologien.
Verhaltender Einsatz von KI
Drei Viertel der Befragten sehen sich bei Künstlicher Intelligenz selbst als Teil einer frühen Mehrheit, knapp 30 Prozent davon bezeichnen sich als Frühanwender oder gar Innovatoren. Lediglich ein Viertel zählt sich zur späten Mehrheit bzw. zu den Nachzüglern.
Allerdings haben erst zwölf Prozent bereits bis zu drei KI-Anwendungen im Einsatz, bei zehn Prozent sind es mehr als drei. Zwölf Prozent der befragten Institute befinden sich in der Phase des Know-how-Aufbaus, 22 Prozent stellen Überlegungen zu konkreten Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien an, 18 Prozent haben Use Cases entwickelt und 24 Prozent testen derzeit Prototypen.
Dabei gibt die Mehrheit der befragten Direktbanken und Kapitalverwaltungsgesellschaften an, bereits mindestens eine KI-Lösung eingeführt zu haben, gefolgt von Geschäftsbanken und Sparkassen. Genossenschafts- und Landesbanken befinden sich neben FinTechs, Dienstleistern und Versicherern im Mittelfeld. Förder- und Privatbanken bilden das Schlusslicht.
Fehlende Strategie für Künstliche Intelligenz
Kein einziges der beteiligten Institute verfüge über eine definierte und vollständig umgesetzte KI-Strategie. Selbst Institute, die KI bereits vereinzelt im Einsatz haben, verfolgten weder eine konsistente Strategie, noch hätten sie es geschafft, robuste und stabile Prozesse, Verfahren und Methoden in der Organisation zu verankern.
32 Prozent geben an, dass KI nicht Teil der Unternehmensstrategie sei. 53 Prozent erklären, dass die Strategie derzeit ausgearbeitet bzw. die Umsetzung geplant ist. Eine Minderheit von 15 Prozent gibt zu Protokoll, dass die KI-Strategie immerhin teilweise umgesetzt ist.
Dringender Nachholbedarf zeige sich auch bei der Einführung einer KI-Governance – der Verankerung entsprechender Prozesse, Methoden und Verfahren in der Organisation. 62 Prozent der Befragten geben an, diese nicht in angemessener Form einzuführen, 28 Prozent haben erste Standards definiert und nur zehn Prozent arbeiten bereits danach bzw. sind dabei, die Prozesse zu optimieren.
Fehlende Ressourcen behindern den Fortschritt
Zudem werden die Institute bei der Einführung von KI sehr bald an ihr Limit kommen. Nach eigener Einschätzung ist die Ressourcenverfügbarkeit die größte Herausforderung und wird von 54 Prozent als besonders drängender Engpass genannt. Es folgen mangelndes Know-how und schlechte Datenqualität (jeweils 42 Prozent).
Demzufolge sind dringend Investitionen in interne und externe Ressourcen nötig. Dessen sind sich auch die befragten Unternehmen bewusst und planen für das Jahr 2020 im Median zwei bis fünf Prozent ihres IT- und Projektbudgets für KI-Investitionen ein.
Gleichzeitig bestehen hohe Ansprüche an die Effizienz von KI. Sechs bis zwölf Prozent Gewinn- oder Kosteneinsparungspotenzial muss KI für die Mehrheit der Befragten erreichen, damit eine positive Umsetzungsentscheidung erfolgt. Das zu realisieren dürfte jedoch – auch angesichts des derzeitigen Reifegrades in Bezug auf KI – schwierig sein.
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