Was bedeutet das Bankenpaket CRR III/CRD VI für Europas Banken? Die neuen Regelungen sollen die Stabilität der Kreditinstitute stärken. Allerdings müssen Banken und IT-Dienstleister bei der Umsetzung einige Hürden überwinden.
Mit dem Bankenpaket (CRR III/CRD VI) – auch „Basel III-Endgame“ genannt – setzt Europa den regulatorischen Schlusspunkt unter die Lehren der Finanzkrise von 2008. Mit dem Paket sollen die Stabilität und die Widerstandsfähigkeit der europäischen Kreditinstitute weiter gestärkt werden. Diese umfassenden neuen Regelungen sind ein entscheidender Schritt, stellen die Institute und IT-Dienstleister aber auch vor komplexe Herausforderungen. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Schritte zur Umsetzung des Bankenpakets erläutert und die entscheidenden Aspekte, die für eine erfolgreiche Implementierung wichtig sind, beleuchtet.
Ambitionierter Umsetzungsfahrplan für die EBA
Der letzte formale Schritt zur Verabschiedung des Bankenpakets ist mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt am 19. Juni 2024 erfolgt. Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) übernimmt mit 140 Mandaten eine Schlüsselrolle bei der weiteren Operationalisierung der Regelungen, die eine präzise und effiziente Umsetzung der neuen Anforderungen sicherstellen soll.
Die EBA hat bereits am 14. Dezember 2023 eine Roadmap zur gestaffelten Umsetzung entwickelt (siehe https://www.eba.europa.eu/publications-and-media/press-releases/eba-publishes-roadmap-implementation-eu-banking-package):
- Phase 1 (Zeithorizont: 1 Jahr): 32 Mandate konzentrieren sich auf Kredit-, Markt- und operationelle Risiken, ESG (Environmental, Social, Governance) sowie vor allem auf Meldewesen und Offenlegung.
- Phase 2 (Zeithorizont: 2 Jahre): 43 Mandate bauen auf den Schwerpunkten der ersten Phase auf und ergänzen diese um Governance-Aspekte.
- Phase 3 (Zeithorizont: 3 Jahre): 21 Mandate widmen sich den endgültigen technischen Richtlinien und dem Monitoring.
- Phase 4 (Zeithorizont: 4 Jahre+): 36 Mandate umfassen Berichte zum Fortschritt der Umsetzung, Ergebnisse und Herausforderungen.
Die nationale Umsetzung, insbesondere durch das Kreditwesengesetz (KWG), ist nach der offiziellen Veröffentlichung des Bankenpakets geplant.
Diese schrittweise Umsetzung ist zwar hilfreich und notwendig, um die europäischen Banken und Sparkassen auf die neuen Herausforderungen vorzubereiten, jedoch birgt der straffe Zeitplan Risiken für die umfassende Implementierung – sowohl auf Seiten der Institute als auch der IT-Dienstleister, aber auch bei den europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden.
Phase 1 der EBA-Roadmap fokussiert auf Meldefähigkeit
In der Phase 1 ihrer Roadmap erarbeitet die EBA vor allem die für die Meldefähigkeit notwendigen Mandate – insbesondere zum Meldewesen, d.h. der neuen Formularwelt, sowie zur Offenlegung (insgesamt 13 Mandate).
Die ersten Entwürfe hierzu hat die Behörde bereits gemeinsam mit der Roadmap im Dezember 2023 zur Konsultation gestellt. Ein neues Vorgehen, bei welchem die Detailvorgaben lediglich durch die EBA (und nicht mehr durch die EU-Kommission über das EU-Amtsblatt) im Internet veröffentlicht werden, soll zudem die Abläufe – auch bei später erforderlichen Anpassungen – beschleunigen und den Zugang zu den Informationen für die „Anwender“ erleichtern. Auch die Diskussion rund um einen „Säule 3-Data Hub“ soll hier im Zielbild für Entlastung sorgen.
Zusätzlich wurden sukzessive bereits die Entwürfe diverser technischer Standards in den Bereichen Kredit- (7 Mandate in Phase 1) und Marktrisiken (7 Mandate) sowie operationelle Risiken (5 Mandate eigentlich in Phase 2, zum Teil vorgezogen) zur Konsultation gestellt. Sie sind Basis für die Ermittlung der Kapitalunterlegung nach den geänderten Vorgaben der CRR III.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Die Einführung des Bankenpakets bringt die Neugestaltung der regulatorischen Landschaft eine Reihe anspruchsvoller Anforderungen mit sich, die sowohl die interne Organisation der Institute als auch ihre externen Berichtspflichten grundlegend verändern. Die Integration dieser Anforderungen in die bestehenden Systeme führt zu einer erhöhten Komplexität und stellt die Institute vor erhebliche Herausforderungen.
Ein wesentlicher Aspekt der neuen Regelungen ist die Berücksichtigung von ESG-Risiken (Environmental, Social, Governance), die eine tiefgreifende Überarbeitung des Risikomanagements und der Berichterstattung erfordern. Ebenso herausfordernd ist die Überarbeitung des Meldewesens und die Erhöhung der Transparenz in der Offenlegungspraxis, um den neuen europäischen und globalen Standards gerecht zu werden.
Insbesondere kleine und mittlere Kreditinstitute stellt dies personell und technisch vor Herausforderungen, um diese umfangreichen Anforderungen zeitnah umzusetzen. Die Integration der vielfältigen Mandate in bereits etablierte Prozesse erfordert nicht nur umfangreiche Anpassungen, sondern auch erhebliche Investitionen in Schulungen und IT-Infrastruktur. In der Sparkassen-Finanzgruppe unterstützen sowohl die Finanz Informatik als auch die Sparkassen Rating und Risikosysteme die Institute hierbei gemeinsam mit den Regionalverbänden und dem DSGV maßgeblich.
Erschwerend kommt allerdings der enge Zeitplan hinzu: Der finale Text des Bankenpakets, zahlreiche Produkte der EBA und die nationalen Umsetzungen werden kurzfristig, oft erst kurz vor dem offiziellen Anwendungsdatum, fertiggestellt. Um die Umsetzung effizient zu gestalten und die operativen Prozesse rechtzeitig anzupassen, ist daher eine frühzeitige und intensive Auseinandersetzung mit den neuen Anforderungen unerlässlich.
Aufruf zur frühzeitigen Befassung und aktiven Mitgestaltung
Die Finalisierung des Bankenpakets bietet nicht nur eine regulatorische Herausforderung, sondern eröffnet auch Chancen für die Finanzbranche, ein widerstandsfähiges und zukunftsorientiertes Finanzsystem aktiv mitzugestalten. Mit der klaren Roadmap der EBA ist der Weg für die nächsten Schritte vorgezeichnet. Es ist nun an uns, diese Vorgaben nicht nur entgegen zu nehmen, sondern – insbesondere im Rahmen der Konsultationen – auch aktiv mitzugestalten.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die ausgewogene Anwendung der neuen Vorschriften. Diese sollten insbesondere kleine und mittlere Institute nicht überfordern. Stattdessen ist es entscheidend, die Regelungen so zu gestalten, dass sie die Stabilität des Bankensektors als Ganzes stärken und dabei die Wettbewerbsfähigkeit aller Beteiligten erhalten. Wir müssen sicherstellen, dass die Maßnahmen in einer Weise umgesetzt werden, die alle Institute unterstützt und die Lasten gerecht verteilt.
Aufgrund der engen Zeitpläne und dem Festhalten am Einführungsdatum 1. Januar 2025 ist zudem eine frühzeitige Analyse der neuen Anforderungen noch vor deren definitiver Umsetzung und auf Basis der Entwurfsfassungen – die leider nur in Englisch vorliegen – erforderlich. Dies bietet die Möglichkeit, sich in der IT und den internen Prozessen rechtzeitig auf die neuen Vorgaben einzustellen.
Meilenstein in der Entwicklung der europäischen Bankenregulierung
Die Umsetzung des Bankenpakets (CRR III/CRD VI) stellt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der europäischen Bankenregulierung dar und markiert den Abschluss der Regulierungsinitiativen nach der Finanzkrise 2008. Die neuen Regelungen stellen Banken und Sparkassen vor große Herausforderungen. Um die Wettbewerbsfähigkeit, Stabilität und Integrität des europäischen Bankensektors zu sichern, sind engagiertes Handeln und eine kooperative Haltung unerlässlich.
Angesichts der Komplexität und der hohen Kosten der derzeitigen Regulierung ist eine Vereinfachung und Straffung der Vorschriften im Sinne einer „smarten Regulierung“ erforderlich. Dies käme insbesondere kleinen und mittleren Kreditinstituten zugute, die von den engen Fristen und der Vielzahl der Anforderungen besonders betroffen sind. Entscheidend ist, dass Gesetzgeber, Aufsicht und Institute gemeinsam eine sinnvolle Balance zwischen strenger Regulierung und Praktikabilität finden.