Der Bankensektor zeigt sich stark bei der Einführung sozialer Innovationen sowie sozial innovativer Praktiken in der Arbeitsorganisation. Allerdings bestehen bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderungen Ausbaupotenzial.
Nach dem starkem Zuwachs beim Umsatzanteil mit neuen Produkten aus dem Vorjahr, zeigt der Trend in der der aktuellen Deutschen Innovationerhebung wieder nach unten. Betrug der Umsatzanteil mit neuen Produkten 2021 noch 15 Prozent lag er in 2022 nur noch bei 10 Prozent. Damit folgt der Bankensektor zwar dem negativen Trend der deutschen Wirtschaft insgesamt. Allerdings ist der Einbruch bei den Banken deutlich ausgeprägter.
Überdurchschnittlich zeigt sich der Bankensektor bei der Einführung sozialer Innovationen sowie sozial innovativer Praktiken in der Arbeitsorganisation. Dennoch führte nur eine kleine Minderheit der Unternehmen Maßnahmen zur besseren Integration von Menschen mit Behinderungen und Migrationshintergrund ein. Mit Blick auf den Fachkräftemangel besteht hier noch Nachholbedarf.
Umsatzanteil mit neuen Produkten sinkt deutlich
Die Deutsche Innovationserhebung ist eine im Auftrag des BMBF vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und den Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) jährlich durchgeführte, repräsentative Umfrage der deutschen Unternehmen zu ihren Innovationsaktivitäten.
Die Ergebnisse der neuesten Befragung aus dem Jahr 2023 (Bezugsjahr 2022) weisen nach den starken Zunahmen seit 2018 beim Umsatzanteil mit neuen Produkten wieder deutlich nach unten. Nahm dieser bis 2021 noch auf 15 Prozent zu and lag damit erstmals oberhalb des Durchschnitts der deutschen Wirtschaft, brach er nun regelrecht ein und betrug 2022 nur noch 10 Prozent. Der Trend in der deutschen Wirtschaft insgesamt ist zwar ebenfalls negativ, allerdings deutlich weniger ausgeprägt. Ein Grund für den Rückgang kann darin liegen, dass in einem Umfeld wieder gestiegener Zinsen vermehrt Standardprodukte vertrieben wurden. Gleichzeitig dürfte die Nachfrage nach alternativen Kredit- und Anlageprodukte bei höherem Zinsniveau zurückgegangen sein.
Steigende Bedeutung sozialer Innovationen
Ein Schwerpunkt der aktuellen Deutschen Innovationserhebung lag auf der Einführung sozialer Innovationen. Diese gewinnen in der Wirtschaft in einer zunehmend vernetzten und sich wandelnden Welt immer mehr an Relevanz. Soziale Innovationen repräsentieren einen Paradigmenwechsel, bei dem nicht nur ökonomischer Erfolg, sondern auch gesellschaftliche Werte und nachhaltige Entwicklung im Fokus stehen.
Im Bankensektor spielen diese Innovationen eine entscheidende Rolle, da sie nicht nur die Effizienz und Transparenz von Finanzdienstleistungen verbessern, sondern auch dazu beitragen, gesellschaftliche Herausforderungen anzugehen. Dabei können Unternehmen zum einen versuchen, die Arbeitsabläufe und deren Organisation anders und sozial verträglicher zu gestalten. Hierunter zählen eine Reihe von Maßnahmen im Bereich der Arbeitsgestaltung, der Integration von Minderheiten oder der Gleichstellung. Zum anderen können Unternehmen ihre Produkte und Dienstleitungen so verändern, dass sie beim Kunden sozialverträglichere Verhaltensweisen ermöglichen.
Banken überdurchschnittlich stark bei sozialen Innovationen
Seit 2020 hatten mit 73 Prozent beinahe drei von vier Banken sozial innovative Praktiken eingeführt. Im Durschnitt der deutschen Wirtschaft lag dieser Wert nur bei knapp 50 Prozent. Ein erheblicher Teil der sozial innovativen Praktiken bezog sich dabei auf Änderungen in der Arbeitsgestaltung und der Arbeitszeitgestaltung. 64 Prozent der Banken hatten hier Änderungen eingeführt. In ganz erheblichem Ausmaß sind diese hohen Werte dabei auf die Pandemie zurückzuführen. So hatten vor 2020 nur 24 Prozent der Banken soziale Praktiken in diesem Bereich eingeführt. Dennoch zeigt der starke Anstieg, dass der Bankensektor mit den besonderen Umständen in der Pandemie flexibel umgegangen ist und die Arbeitsbedingungen entsprechend angepasst hat.
Sozial innovative Praktiken in anderen Bereichen sind sowohl bei den Banken als auch im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft deutlich weniger verbreitet und befinden sich häufig nur im einstelligen Prozentbereich. Dies trifft zu auf Maßnahmen im Bereich der Beschäftigung älterer Mitarbeiter (6 Prozent der Banken führten solche Maßnahmen ab 2020 ein), Gleichstellung der Geschlechter (5 Prozent) und Integration von Menschen mit Behinderungen. Mit 13 Prozent etwas höher liegen Maßnahmen bezüglich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Auch wenn die Anteile der Unternehmen mit sozial innovativen Praktiken außerhalb des Bereichs der Arbeits(zeit)gestaltung relativ niedrig sind, liegen die Banken doch fast überall insgesamt deutlich vor der deutschen Wirtschaft im Durchschnitt.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Einführung von Innovationen, die beim Kunden sozial innovatives Verhalten ermöglichen oder erleichtern. Vor 2020 hatten 12 Prozent der Banken und 11 Prozent der Unternehmen insgesamt solche Innovationen eingeführt. Nach 2020 wurden die Banken in diesem Bereich wesentlich aktiver. Ihr Anteil stieg auf 14 Prozent, während der Anteil im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft auf 8 Prozent zurückging.
Soziale Innovationen noch ausbaufähig
Über die Einführung sozialer Innovationen und sozial innovativer Praktiken leisten die Unternehmen einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt. Gleichzeitig können dadurch Zukunftsmärkte geschaffen und Arbeitskräftepotenziale besser ausgeschöpft werden. Die deutschen Banken sind bei fast allen erfassten Dimensionen deutlich über dem deutschen Durchschnitt. Dennoch führt aber nur ein geringer Teil der Unternehmen Maßnahmen im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderungen durch. Mit Blick auf den Fachkräftemangel ist mehr Initiative notwendig.
Dr. Christian Rammer ist Koautor des Beitrags. Der Regionalwissenschaftler ist stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik im Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und leitet die Deutsche Innovationserhebung. Seine Forschungsschwerpunkte sind Innovationsprozesse in Unternehmen, Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie Konzeption und Evaluation innovationspolitischer Instrumente.