Darum sollten Banker etwas von Quantencomputern verstehen

Zukunftstechnologien und die F&E-Agenda der Finanzinstitute

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2021 geht es für viele Banken darum, sich nach dem Fahren auf Sicht auch wieder mit der strategischen Zukunft zu befassen. Technologisch betrachtet gehören Quantencomputer auf jeden Fall auf das Themenradar, auch weil sie die IT von heute verändern werden.

Banken sollten Zukunftstechnologien wie Quantencomputer kennen

Banken sollten Zukunftstechnologien wie Quantencomputer kennen und verstehen.

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Derzeit mutet es zwar etwas weltfremd an, Banken den Rat zu geben: Hey, habt bitte in diesem Jahr Quantencomputer auf dem Schirm. Institute haben sicherlich einige konkretere und greifbarere Herausforderungen zu bewältigen, als sich mit neuen Superrechnern zu beschäftigen. Bei der Digitalisierung ihres Geschäfts spielen die meisten Institute einige Ligen tiefer. Zumal: Bankanwendungen auf Basis von Quantencomputern für den praktischen Gebrauch sind derzeit kaum in Sicht, und auch das Knacken herkömmlicher Verschlüsselungen mittels Quantenrechenpower sowie der Schutz vor ihnen durch Quantenkryptografie stehen nicht auf der unmittelbaren Investitionsliste.

Und doch gibt es einige schlagkräftige Argumente für Bankmanagerinnen und -manager, Quantencomputertechnologien auf die strategische Agenda zu setzen. Das liegt allein schon an der Tatsache, dass sich Banken in IT-Dienstleister mit Finanz-Know-how verwandeln. Die Geschäftsmodelle der Zukunft sind geprägt durch eine kreative und effiziente Datenanalyse. Dazu zählen beispielsweise Vorhersagen und das Herauslesen von Mustern aus Finanzströmen. Dazu kommen Domänen wie Optimierungen und maschinelles Lernen. Sämtliche Disziplinen können Banken mit ihrem Finanz-Know-how verknüpfen und in neue Dienstleistungen überführen.

Quantencomputer verändern Wettbewerbspositionen

Neue Rechner, die auf der Quantenphysik basieren, werden diesen Transformationsprozess und das aufkommende datengetriebene Bankgeschäft beeinflussen. Das schlagende Argument, sich als Bank mit einer solchen Zukunftstechnologie zu beschäftigen, ist deshalb der Faktor Wettbewerbsvorteil. Banken, die auf Augenhöhe mit den führenden Techkonzernen und Industrievertretern über Qubits und Verschränkungen sprechen können und ihre Finanzexpertise zu Swap Netting und Quantengeld einbringen, sind die ersten Ansprechpartner, wenn es darum geht, eine relevante Rolle in den wirtschaftlichen Ökosystemen der Zukunft zu spielen.

Dazu kommt die Schnelligkeit, einer der großen Wettbewerbsvorteile in der Wirtschaft. Banken nutzen Rechentempo heute schon im Investmentbanking. Quantencomputer werden das Trading noch genauer und noch schneller machen. Immer mehr Rechenoperationen pro Tag erfordern bessere Computer und Algorithmen, um in einer „Zeit-ist-Geld“-Wirtschaft weiterhin lieferfähig zu sein. Die Banken mit den besten Zukunftssimulationen werden ihren Kunden die rentabelsten Portfolioberechnungen anbieten und die geringsten Risiken bei Derivategeschäften eingehen. Und sie werden besser als andere in der Lage sein, Rücklagen auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zu beschränken, weil sie finanzielle Risiken exakter kalkulieren.

Sobald neue Codeknacker massentauglich sind, ist es zu spät

Der zweite wichtige Berührungspunkt zwischen Quantencomputern und Banken ist die Sicherheit. Bankkunden erhalten von den Instituten derzeit ein hohes Niveau an Schutz vor unberechtigtem Zugriff auf ihre Konten. Die Verschlüsselungstechnologien sind auf dem neusten Stand und müssen es auch sein. Dazu kommt die Zwei-Faktor-Authentifizierung, das digitale Gegenstück des zweiten Schlüssels zum Kundenschließfach. Und wenn es durch Hacking oder Phishing doch gelingt, die Zugangsdaten zu ergaunern, steht in der Regel die Bank für den Schaden gerade.

Sobald Quantencomputer so weit sind, dass es sich rechnet, sie einzusetzen, werden Kriminelle nicht zu den Nachzüglern gehören. Dann droht, dass sich das engmaschige Sicherheitsnetz der Banken um ihre IT-Systeme mit einem Ruck zerreißen lässt. Bei Wirtschaft, Politik und Privatpersonen stünde ein Sicherheits-Update von nahezu biblischem Ausmaß an. Sämtliche Netze und Systeme müssten auf neue Verschlüsselungsverfahren umgestellt werden, damit sie als sicher gelten. Betroffen wäre auch die im Finanzsektor vielfach schon eingesetzte Blockchain-Technologie. Die derzeit verwendeten Verschlüsselungsverfahren für die digitalen Signaturen könnte ein Quantencomputer in zehn Jahren womöglich innerhalb von 30 Minuten knacken, schätzen Wissenschaftler.

Keine Bank wird es sich leisten können, sich erst dann umzustellen, wenn die Technologie einmal einsatzbereit ist. Die Aufgabe für Banken besteht somit darin, ihr Sicherheitsmanagement bereits jetzt Schritt für Schritt auf diese kommende Lage vorzubereiten. Dazu gehört, Menschen mit Expertise zu gewinnen, Arbeitsprozesse zu bestimmen und Codes mithilfe der Quantentechnologie zu entwickeln, die abhörsicher ausgestaltet werden könnten. Es wird nicht reichen, das Thema Quantenkryptologie komplett den IT-Dienstleistern zu überlassen.

Engagement der Kunden im Blick behalten

Das dritte Argument für ein Engagement der Banken sind die eigenen Kunden. Banken bleiben nur relevant, wenn sie eine nützliche Rolle in den Ökosystemen ihrer Kunden spielen. Know-how zur Verbesserung von Machine-to-Machine-Zahlungsströmen oder die Optimierung des Liquiditäts- und Risikomanagements mithilfe von Quantencomputern ist ein potenzieller Türöffner in die Business-to-Business-Ökosysteme – zumal sich Automobilhersteller und andere Teilindustrien intensiv mit der Technologie befassen.

Banken sollten somit generell den Blick über den Tellerrand des eigenen Finanzkosmos ausweiten. Die Zukunft vieler Institute ist eher außerhalb ihres Universums zu suchen als innerhalb. Ein solcher Transformationsprozess erfordert Vorlauf: Investitionen in strategische Zukunftsthemen wie Quantencomputer durchzusetzen, wird für Entscheider gerade in der aktuellen Lage nicht leicht sein. Viele Institute dürften sich wünschen, sie hätten Qubit-Kräfte und könnten zwei Zustände gleichzeitig einnehmen. In dem Fall könnten sie sich klassischen Digitalisierungsthemen wie API-Banking widmen und zur selben Zeit die Bank 5.0 planen.

Die Quantentechnologie beeinflusst die klassische digitale Bankenwelt

Fest steht, Technologien insgesamt leiten eine Wende ein, die viele bisher manuelle Tätigkeiten in Banken redundant werden lässt. Quantencomputer werden zwar in absehbarer Zeit nicht die klassischen Rechner ablösen. Aber die Mathematik, Physik und die IT dahinter wecken Ideen für die Weiterentwicklung der aktuellen Technik. Es gibt heute schon Lösungen für klassische Systeme, die sich Quanteneffekte zunutze machen. Die Weiterentwicklung wird somit eine Evolution sein, keine Big-Bang-Revolution. Machine-Learning-Systeme und die Nutzung neuronaler Netze werden beispielsweise durch Erkenntnisse der Quantentechnologie noch raffinierter und schneller.

Und mit jeder Entwicklungsstufe werden regulatorische Anforderungen angepasst werden. Auf diesen Prozess sollten sich Banken einstellen und die Entwicklung aktiv begleiten. Sie sollten sich jetzt schon überlegen, wie sie Kreditentscheidungen oder eine Betrugsverdachtsanzeige auf Basis von Quantencomputern für BaFin-Prüfer nachvollziehbar erklären. Denn einzelne Rechenschritte zu inspizieren wird nicht mehr funktionieren: Jedes technische Monitoring bedeutet einen Eingriff in eine Berechnung und würde sie dadurch zerstören.

Zukunftstechnologien gehören auf die F&E-Agenda der Banken

Zukunftstechnologien wie Quantencomputer gehören somit auf die F&E-Agenda der Risikomanager und Geschäftsstrategen bei den Banken. Die Finanzwelt in Deutschland hat die Bedeutung der Quantencomputer im Allgemeinen und beim Thema Informationssicherheit im Besonderen durchaus erkannt. Die IT-Dienstleister, Rechenzentren und die Fachgruppen für Payment und Sicherheit setzen sich bereits mit der Materie auseinander. Und hört man sich in der Quantencomputer-Community um, erfährt man, dass es mehr Initiativen der Banken gibt, als öffentlich werden. Das ist eine gute Nachricht aus der Wettbewerbsperspektive. Frühzeitiges Netzwerken und der Aufbau von Know-how ersparen Kosten in der Zukunft, sobald der Markt umkämpfter wird und der Einkauf von Expertise teurer.

Die Rede ist von fachlicher und strategischer Vorbereitung auf das Thema und weniger vom tatsächlichen Entwickeln oder Bauen sowie vom Einsatz von Prototypen. Banken, die sich mit den wirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen abseits der Singularität von Zuständen und Qubits beschäftigen und sich beispielsweise in Technologiepartnerschaften organisieren, werden dieses Wissen mit niedrigeren Investitionen in neue Geschäftsmodelle ummünzen können. Und: Diese Banken werden auf neue Ideen kommen, wie sie Probleme mit vorhandener Technik einfacher oder schneller lösen können.

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Über den Autor

Matthias Frerichs

Matthias Frerichs ist Leiter der Unit Digital Banking bei Sopra Steria. Seine Beratungsschwerpunkte sind die Themen Digitalisierung und IT-Architekturen. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker besitzt mehr als 15 Jahre Berufserfahrung im IT- und Finanzumfeld. Im Blog Digitale Exzellenz schreibt er unter anderem über den Umgang von Banken mit Fintechs.

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