Bankfilialen – Asset oder Auslaufmodell?

Anpassung, Investition und Innovation

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Immer weniger Menschen suchen Bankfilialen auf. Onlinebanken und FinTechs greifen die Filialbanken mit digitalen Geschäftsmodellen an. Die Schließung von Zweigstellen scheint die logische Folge zu sein. Die Institute müssen sich weiterentwickeln.

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Die Digitalisierung des Bankgeschäfts führt zu einer zunehmenden Verlagerung von Finanzdienstleistungen ins Internet. Spezialisierte Onlinebanken und FinTechs gewinnen mit rein digitalen Geschäftsmodellen Marktanteile zulasten klassischer Universalbanken, für die persönlicher Service und Beratung in Filialen wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells sind.

Wie reagieren die Filialbanken auf diese Entwicklung? Sind die Filialen ein Auslaufmodell oder werden sie auch in Zukunft ein fester Anker in der Kunde-Bank-Beziehung sein, der Mehrwerte schafft?

Filialsterben beschleunigt sich

Fakt ist, dass die Zahl der Filialen von Banken und Sparkassen in Deutschland deutlich abnimmt. Seit 2010 wurden laut Statistik der Deutschen Bundesbank rund 6.000 Filialen geschlossen – ein Rückgang um 16 Prozent von 38.000 auf 32.000 Filialen zum Jahresende 2016. Dabei hat sich das Filialsterben im Zeitverlauf beschleunigt. So wurden allein 2016 rund 2.000 Standorte geschlossen. Gerade etablierte Anbieter setzen aktuell umfangreiche Filialschließungsprogramme um.

Die Aufgabe von Standorten ist aber nur ein Aspekt der notwendigen Anpassung an die neuen technischen Möglichkeiten und das veränderte Kundenverhalten. Viele Filialbanken sehen die Digitalisierung vor allem als Chance, für die Kunden immer besser zu werden. Im Vordergrund steht für sie deshalb die Transformation zur Multikanalbank. Denn die Kunden wollen auf absehbare Zeit beides: Schnell und einfach von zu Hause oder unterwegs Online- oder Mobile-Angebote ihres Finanzdienstleisters nutzen und bei Bedarf in der Filiale wie gewohnt von Service und Beratung der meist persönlich bekannten Mitarbeiter profitieren.

Multikanal: Vor Ort und online

Es geht für die etablierten Filialbanken also um die intelligente Verzahnung von stationärer und digitaler Welt. Das heißt konkret: um den kundenorientierten Ausbau der Onlineservices zum Beispiel durch innovative Apps, aber auch um Investitionen in die Multikanalfähigkeit der IT. Gute Ideen von FinTechs können dabei zum Beispiel durch Kooperationen genutzt werden.

Anpassung, Investition und Innovation sind die strategischen Stoßrichtungen, um das Filialnetz fit für die Zukunft zu machen. Jede Filialbank wird hier jeweils den zu ihrem individuellen Geschäftsmodell passenden Weg einschlagen.

Auf Bedürfnisse der Kunden hören

So können Optimierungen von Standorten und Öffnungszeiten erfolgen, um veränderte Kundenbedürfnisse und betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten in Einklang zu bringen. Für Filialbanken in der wachsenden Metropole Hamburg ist der Anpassungsbedarf hier zwar tendenziell geringer als in ländlichen Regionen. Aber auch innerhalb Hamburgs verändern sich laufend die Kundenströme. Daraus können Verlagerungen von Filialen an hochfrequentierte Einkaufsstraßen und die Ausweitung von Öffnungszeiten bis hin zur Samstagsöffnung resultieren. Und in neu entstehenden Stadtteilen wie der HafenCity eröffnen Banken neue Geschäftsstellen – offenkundig sind Filialen als Instrument zur Kundengewinnung und Kundenbindung weiterhin sehr bedeutsam.

Viele Banken investieren zudem gezielt in die Attraktivität ihres Filialnetzes und entwickeln innovative Filialkonzepte. Dabei geht es auch darum, neue Wege einfach mutig auszuprobieren und dauerhaft umzusetzen, was erkennbar den Wünschen der Kunden entspricht.

Langfristige Kooperationen mit Coffee-Shops oder Reisebüros können die Kundenfrequenz an manchen Standorten spürbar erhöhen. Es sind aber auch wechselnde Produktpräsentationen von Gewerbetreibenden aus dem direkten Filialumfeld möglich, bei denen alle Partner von verbesserten Möglichkeiten der Kundenansprache profitieren.

Filialen der Zukunft

Der Umbau einzelner Filialen zu Flagship-Stores ist ein klares Signal, dass Kunden auch in der Zukunft Filialen als zentrale Anlaufpunkte für persönlichen Service und Beratung behalten sollen. Unklar ist jedoch, welche Wege die Kunden in Kauf nehmen, um attraktive Filialen nutzen zu können. Wenn sie doch lieber altbekannte Filialen in ihrer Nähe aufsuchen, führt dies nicht unbedingt zu den erwünschten Kundenbindungseffekten.

Erfolgversprechender erscheint dagegen die flächendeckende Umsetzung innovativer Filialkonzepte und die Stärkung der spezifischen Vorteile der Filiale gegenüber anderen Vertriebskanälen. Das Erlebnis von menschlicher Nähe in Verbindung mit kompetentem Service und Beratung gehört ebenso dazu wie eine Gestaltung, die echte Wohlfühlatmosphäre schafft. Zudem können Bankfilialen noch stärker als lokaler Treffpunkt dienen, an dem sich Nachbarn austauschen und vernetzen können. Die Bankmitarbeiter schlüpfen dabei verstärkt in die Rolle eines guten Gastgebers. Und als Kenner des Filialumfelds können sie über klassische Finanzfragen hinaus manchen guten Tipp geben, der den Kunden weiterhilft.

Fazit: Bankfilialen haben Zukunft

Die Filialen lassen sich mit zum jeweiligen Geschäftsmodell passenden Konzepten zum Herzstück einer Multikanalbank transformieren. Das heißt, sie werden – auch am Hamburger Bankenplatz – ein Asset für die Kunden bleiben, auf das diese noch lange nicht verzichten wollen.


Der Beitrag erschien ursprünglich als Teil des Jahrbuchs 2017/18 des Vereins Finanzplatz Hamburg. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.

Über den Autor

Dr. Harald Vogelsang

Dr. Harald Vogelsang ist seit 2007 Sprecher des Vorstands der Hamburger Sparkasse. Nach einer Banklehre bei der Commerzbank und dem Jurastudium an der Universität Hamburg startete er 1991 bei der Hamburger Sparkasse, wurde 1999 Leiter der Vertriebsregion Süd und 2000 Privatkundenvorstand. Er ist zudem seit 2010 Mitglied im Vorstand des Finanzplatz Hamburg e.V., dessen Vorsitz er 2013 übernahm.

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