In Zeiten, in denen Filialen weniger besucht werden, suchen Finanzinstitute nach alternativen Vertriebswegen. Ein Schweizer Unternehmen will demnächst Konsumentenkredite in Zeitungskiosken anbieten. Eine Chance auch für Banken?
Ich kann mich noch gut an den Song „Kiosk“ der (inzwischen aufgelösten) schweizerischen Gruppe Rumpelstilz erinnern, der es in der Schweizer Hitparade 1976 bis auf Platz 2 schaffte.
In der Originalversion (Schweizerdeutsch) können Sie ihn hier hören:
Da das Ganze auch bei uns ein Erfolg war, gibt es auch eine eingedeutschte Version, die Sie (vielleicht für den einen oder anderen besser zu verstehen) hier hören können:
Der Text des Refrains lautet ins Hochdeutsche übersetzt:
Leute
bin ich denn ein Kiosk?
oder bin ich etwa ’ne Bank?
oder seh‘ Ich aus wie ein Hotel?
oder wie ’n Kassenschrank?
Wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich Ihnen hier ein Lied aus den 70er Jahren vorstelle, dann liegt der Grund in einer aktuellen Meldung, die – und das entbehrt in dem Zusammenhang nicht einer gewissen Ironie – auch aus der Schweiz kommt.
Der Zeitungskiosk wird zur Bank
Einer Meldung von finews zur Folge will die schweizerische Firma Valora ihr landesweites Kiosknetz zukünftig als Vertriebskanal für Konsumkreditgeschäfte nutzen. Anders als bei uns, ist dies in der Schweiz allerdings keine klassische allgemeine Domäne der Retail Banken sondern ein hoch oligopolisierter Markt. Vier Spezialbanken (Cembra Money Bank, Bank Now der Credit Suisse, Migrosbank und Cashgate) teilen sich bislang rund 80 Prozent des Kreditbestandes in der Schweiz.
Valora will sich ein Stück dieses Kuchens erobern. Und öffnet dazu das vorhandene eigene Netz von über 900 Zeitungskiosken mit täglich hunderttausenden Kundenkontakten zum Vertrieb. Eine eigene Tochtergesellschaft wurde bereits gegründet, Geschäftszweck ist das „Erbringen von Dienstleistungen in den Bereichen Finanzierung an Retailkunden in der Schweiz“.
Bereits heute bietet Valora an ihren Kiosken einige Finanzdienstleistungen wie Geldtransfer und Kartengeschäfte an, insofern ist das neue Angebot ein konsequenter Ausbau dieses Zweigs. Letztlich ist es auch eine konsequente Veränderungsstrategie, das Kioskgeschäft in Zeiten schwindenden Interesses an gedruckten Zeitungen und rückgängiger Raucherzahlen mit neuen Angeboten, wie Annahme von Postpaketen, Sandwiches und jetzt eben auch Finanzdienstleistungen zukunftsfähig zu gestalten. Vergleichen lässt sich dies mit der Entwicklung von Tankstellen zu Klein-Supermärkten.
Um eine eigene Banklizenz zu vermeiden, will man mit einer bestehenden Bank zusammenarbeiten, laut finews handelt es sich dabei um die Glarner Kantonalbank. Zwar ist diese eigentlich ein regionales Kreditinstitut, sie hat jedoch bereits vor einiger Zeit mit landesweiten Internetangeboten zur Baufinanzierung und zur Geldanlage für Wirbel gesorgt.
Bankgeschäfte über neue Vertriebswege?
Ist das vorgestellte Konzept auch in Deutschland möglich? Ja und nein würde ich sagen.
Tchibo betreibt ja so was Ähnliches wie einen Kiosk und hat dort bereits vor einigen Jahren Finanzdienstleistungen in Kooperation mit der Postbank angeboten. Allerdings hat der Bundesgerichtshof hier einen Riegel vorgeschoben und dieses Angebot für illegal erklärt.
Die Postbank selbst bietet Leistungen im Übrigen auch in 4.500 sogenannten Partnerfilialen an. Dahinter verbergen sich Supermärkte, Elektrohändler und anderen Einzelhandelsgeschäfte.
Zeitungskioske gibt es zwar hierzulande auch zahlreich. Diese sind aber meines Wissens nicht in einer Gesellschaft verbunden sondern werden von selbständigen Kioskbesitzern betrieben und eignen sich wohl kaum für einen Vertrieb von Finanzdienstleistungen.
Dennoch ist die Idee, für Finanzdienstleistungen neue Vertriebskanäle zu suchen, ein guter Ansatz in Zeiten, in denen Bankfilialen weniger frequentiert werden und kann sowohl für eine Bank als auch für einen Partner durchaus interessante Perspektiven bieten.