Im Zuge eines neuen Markenauftritts möchte eine Sparda-Bank die Kommunikation mit ihren Kunden verändern und bietet ihnen das „Du“ an. Doch was, wenn die Kunden das gar nicht wollen und der gutgemeinte Ansatz nach hinten losgeht?
Banken und Sparkassen gehen ganz überwiegend recht förmlich auf ihre Kunden zu. Allgemein gilt Siezen als Standard der Beziehung zwischen Bank und Kunde, von besonders guten Beziehungen einzelner Mitarbeiter oder Vorstände zu einzelnen Kunden mal abgesehen.
Ausnahmen findet man vor allem im Marketing für die Zielgruppe der jungen Kunden, wenngleich es hier kein einheitliches Vorgehen gibt. Die Deutsche Bank duzt junge Kunden ebenso einige (nicht alle) Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Postbank (immerhin Teil der Deutsche Bank) und Commerzbank bleiben hingegen beim „Sie“.
Die ING (früher ING DiBa) hat als Markenclaim „Die Bank und Du“. In den frühen DiBa-Dibadu-Zeiten duzte sie zumindest in einigen Werbespots. Auf der Webseite und in der Kommunikation setzt sie – genauso wie andere etablierte Direktbanken – auf das vertraute Sie. In wenigen Ausnahmefällen ersetzt Sie allerdings „man“ durch „Du“.
Viele Neobanken – wie Fidor, N26, Penta oder bunq – hingegen duzen Interessenten bereits zur Begrüßung auf ihren Webseiten. Dies soll wohl eine hippe Start-up-Kultur als Unterschied zu etablierten Finanzinstituten signalisieren.
Sparda-Banken wollen Kunden duzen
Auf diesen Zug wollen nun einige (nicht alle) Sparda-Banken aufspringen. So hat mir vor kurzem ein Leser des Bank Blogs eine Mail zugeleitet, die er als Kunde der Sparda-Bank Nürnberg, erhalten hat. Darin bedankt sich das Institut zunächst einmal in bewährter Sie-Form freundlich bei ihrem Kunden.
„Guten Tag Herr Max Mustermann,
zu allererst einmal ein herzliches Dankeschön! Danke für Ihr Verständnis für die vorübergehenden Filialschließungen während der Corona-Krise. Danke für Ihre Geduld und Ihr Vertrauen in uns.“
Im nächsten Abschnitt wird auf Auswirkungen der Corona-Krise Bezug genommen:
„In den letzten Wochen haben wir gelernt, dass Selbstverständlichkeiten zu etwas Besonderem werden können. … Obwohl wir mehr Abstand halten, sind wir enger zusammengerückt, füreinander da und nehmen wieder mehr Rücksicht…“
Dann folgt die eigentliche Botschaft:
„Deshalb haben wir eine Entscheidung getroffen.
Wir bieten Ihnen heute das „Du“ an. In unserer Kommunikation mit Ihnen werden wir nach und nach vom förmlichen „Sie“ auf das persönlichere „Du“ umstellen.
Warum? Weil wir als verlässlicher Partner an deiner Seite stehen, deine Bedürfnisse verstehen und dich bestmöglich beraten möchten. Wir sind für dich da, das versprechen wir!“
Im Rest der Mail geht es um die Wiedereröffnung von Filialen nach Corona und einen Startbonus, falls der Kunden bis zum 31. Juli 2020 ein MeinInvest Depot mit Sparplan eröffnet.
Marketing und die Stilfrage
Ob es wirklich zum Stil guten Marketings gehört, eine Dankeschön-Botschaft, die Vertrauen ausstrahlen soll, mit einer plumpen Verkaufsaktion zu kombinieren, sei dahingestellt und soll hier nicht weiter thematisiert werden (das Thema wäre durchaus einen eigenen Artikel wert).
Spannend finde ich das plumpe Duzen. Die Bank hat, wie sie selbst sagt, eine Entscheidung getroffen und dabei nicht abgewartet, ob der Kunde diese gut findet oder nicht. Egal, er das „Angebot“ annehmen möchte oder nicht, es wird einfach mal drauflosgeduzt.
Wie die Bank ihr „Du“ begründet
Auf Anfrage erläutert die Sparda-Bank, dass es gleich „mehrere erfreuliche Anlässe für das Du gäbe“:
- Eine neue Online-Banking-Anwendung, in deren Lifestyle-Umfeld es durchaus üblich sei, dass Anbieter und Kunden sich duzen. Dies sei zwar neu für die Bank, „unterstreiche aber die Augenhöhe, auf der Bank und Kunden miteinander umgehen“.
- Man habe einen neuen Markenauftritt entwickelt und sich dabei überlegt, wie sich die Sparda-Bank von anderen Banken unterscheidet. Der neue Claim „Die Deine Bank“ solle die besondere Partnerschaftlichkeit zwischen Bank und Mitgliedern unterstreichen.
- In Social-Media-Kanälen hätte das „Du“ schließlich „schon seit langem die tradierte Distanz-Kommunikation abgelöst.“
- Und im Übrigen würde man sich intern vom Vorstand bis zum Auszubildenden duzen.
Nun frage ich mich, welches von den genannten „Argumenten“ rechtfertigt es, Kunden einseitig zu duzen?
Auf Du mit der Bank?
Ich selbst käme nicht auf die Idee, meiner Bank das Du anzubieten und Mitarbeitern nur insofern, als ich eine besondere persönliche Beziehung zu ihnen hätte. Als jemand der viel Freude daran hatte, selbst in verschiedensten beruflichen „Du-Umgebungen“ zu arbeiten, empfinde ich einen großen Unterschied zwischen Kollegen und Kunden.
Wirklich verstörend an der Aktion finde ich vor allem die Einseitigkeit. Die Kunden haben keine Möglichkeit das „Du“ abzulehnen. Laut Aussage der Bank würde man zwar im direkten Gespräch mit Kunden sowie in persönlichen Briefen und E-Mails beim Sie bleiben (was denn nun eigentlich?), wenn ein Kunde z.B. in einem Newsletter jedoch nicht geduzt werden möchte, dann kann er dies nur insofern ablehnen, als dass er diesen abbestellt. Dass er dann auch die Information nicht mehr erhält, scheint der Bank nichts auszumachen. Pech gehabt, Vogel friss oder stirb.
Was denken Bankkunden über das „Du“
Nun ist meine bescheidene Meinung nicht maßgebend. Ein Köder muss dem Fisch schmecken und ich bin kein Kunde der Bank. Es gibt aber ein repräsentatives Stimmungsbild der Deutschen insgesamt, welches vor dem beschriebenen Hintergrund vom Bank Blog Partner YouGov erhoben wurde.
Demnach legt eine Mehrheit der deutschen Bankkunden durchaus Wert auf das „Sie“. 55 Prozent möchten von ihrer Bank lieber gesiezt werden, lediglich 10 Prozent geduzt. Immerhin 29 Prozent sagen, es sei ihnen egal.
Während bei den Männern genau die Hälfte der Befragten Wert auf das „Sie“ legt, liegt der Anteil der Frauen, die gesiezt werden möchten, bei 60 Prozent.
Das die Bereitschaft zum „Du“ mit abnehmenden Alter sinkt, erscheint nicht weiter verwunderlich.
Im Hinblick auf unterschiedliche Einkommensgruppen ergab die Befragung keine signifikanten Unterschiede. Menschen mit weniger Geld legen anscheinend genauso Wert auf höfliche Formalitäten wie Menschen mit mehr.
Und auch im Hinblick auf unterschiedliche Hauptbankverbindungen der Befragten sind kaum Unterschiede erkennbar. Großbankkunden scheinen insgesamt etwas mehr Wert auf eine formale Ansprache zu legen, als Direktbankkunden, die Unterschiede sind jedoch minimal.
Das „Du“ als Risiko für die Kundenbeziehung?
Laut Auskunft der Sparda-Bank Nürnberg gibt es bislang noch keine aussagekräftigen Rückmeldungen seitens der Kunden. Bleibt abzuwarten, wie und mit welchen Konsequenzen diese ausfallen.
Das Duzen gilt übrigens nicht bei allen Sparda-Banken. Aus der Gruppe ist zu hören, dass das Vorgehen durchaus umstritten sei und für interne Diskussionen sorgen würde. Man darf gespannt sein, wie diese ausgehen.
Wie ist Ihre Meinung?
2 Kommentare
Ich habe meiner Bank (SPARDA Augsburg) sehr unhöflich auf diese Duzerei geschrieben.
Die Antwort war: ich solle mir eine andere Bank suchen.
Von der Sparda-Bank Nürnberg wurde mit das „Du“ nicht etwa angeboten, sondern über meinen Kopf hinweg einfach bestimmt. Ist das zu einem „Chat-Room“ degeneriert, oder Rummelplatz für Teenies? Unakzeptabel, ich werde die Bank wechseln.