Einer Studie zufolge wird die Kluft zwischen den Erwartungen der Kunden und den von Banken gesetzten Prioritäten immer größer. Während Kunden Personalisierung, Sicherheit und Nachhaltigkeit präferieren, zweifeln Banken an ihren eigenen digitalen Fähigkeiten.
Eine Studie von Sopra Steria geht der Frage nach, wie es um die digitale Reife von Banken und deren Kunden steht. Dazu wurden 12.500 Verbraucher in 14 Ländern befragt, darunter Deutschland. Zudem wurden in einer weiteren Umfrage unter rund 800 Managern von Finanzinstituten deren Prioritäten und Herausforderungen im Kontext der digitalen Exzellenz und neuer Ertragsmöglichkeiten untersucht.
Aus dem Quervergleich wird deutlich: Banken trauen ihren eigenen digitalen Fähigkeiten immer weniger. Gleichzeitig sinken die Erwartungen der Kunden an den digitalen Service der Banken. Kunden in Europa sind allerdings deutlich genügsamer und treuer als auf anderen Kontinenten.
Unterschiedliche Ansichten zum Werteversprechen
Die Ergebnisse der Studie zeigen zudem, dass eine Kluft zwischen den von den Banken gesetzten Prioritäten und den Erwartungen ihrer Kunden besteht und größer wird. Trotz Nähe und einfacher Kommunikation mit ihrer Bank über digitale Kanäle suchen Kunden in wichtigen Momenten ihres Lebens Beratung, Unterstützung und personalisierte Dienstleistungen. Sie finden diese allerdings nicht.
Lediglich 26 Prozent geben an, dass sie mit dem Grad der Personalisierung, den die digitalen Tools bieten, vollkommen zufrieden sind. 29 Prozent sind unzufrieden mit der Fähigkeit der Banken, ihnen über die angebotenen Kanäle zuzuhören.
In der Folge stellen viele Bankkunden die Beziehung zu ihrer Bank in Frage. 46 Prozent würden ein Konto bei Nicht-Bankunternehmen wie Online-Händlern oder Tech-Unternehmen eröffnen, wenn sie attraktive Produkte anbieten. In Europa sind die Kunden im Durchschnitt skeptischer. In Deutschland sind 31 Prozent offen für einen Wechsel zu einer Nichtbank, in den Niederlanden nur elf Prozent.
Kunden agieren zunehmend digital
Kunden sind inzwischen mit digitalen Prozessen vertraut und vernetzt. Sie haben mehrere Banken und interagieren seltener mit ihrem Bankberater. Fast 40 Prozent der Befragten sind inzwischen Kunde einer Online-Bank und 36 Prozent von ihnen besuchen diese mindestens einmal täglich. Mobile Anwendungen und Websites sind für 58 Prozent der Befragten die wichtigsten Kommunikationskanäle. Nur 25 Prozent der Kunden geben an, dass sie als erste Wahl ihren Berater kontaktieren.
In Deutschland gehören Finanzen weniger zum Alltag als in anderen Ländern Europas. Die Deutschen schauen beispielsweise am seltensten nach ihrem Kontostand, 27 Prozent einmal am Tag. Zum Vergleich: In Frankreich sind es 45 Prozent.
Digitale Vernetzung erfordert mehr Personalisierung
Für die anspruchsvollen Nutzer sind die digitalen Kanäle nicht nur zur Interaktion gedacht, sondern dienen als Assistent in verschiedenen Lebenslagen. Banken mit Technologie-Know-how können hier unter anderem punkten, indem sie personalisierte Empfehlungs- und Warnsysteme im Falle finanzieller Probleme anbieten, unterstützt durch Künstliche Intelligenz.
67 Prozent der Befragten sind offen für derartige Dienstleistungen. In Deutschland fällt die KI-Euphorie geringer aus: 46 Prozent der 2.000 hierzulande befragten Konsumentinnen und Konsumenten würden diese Alert- oder Coaching-Dienste in Anspruch nehmen.
Viele Bankkunden von Cyberattacken betroffen
Infolge der zunehmenden Nutzung digitaler Tools ist die Cybersicherheit eine wachsende Sorge sowohl der Banken als auch ihrer Kunden. Mehr als jeder Vierte (in Deutschland jeder Zehnte) war schon einmal Opfer eines Hackerangriffs auf das eigene Bankkonto oder eines Identitätsdiebstahls und mehr als einer von sieben dieser Versuche war erfolgreich. Allerdings glauben 82 Prozent der Opfer von Cyberangriffen, dass digitale Technologie dazu beigetragen hat, den Austausch und die Transaktionen mit ihrer Bank sicherer zu machen.
Banken genießen zwar ein hohes Maß an Vertrauen, die Kunden erwarten jedoch, dass sie aktiver agieren. Mangelnde Cybersicherheit ist für ein Viertel der Kunden ein Grund für den Bankwechsel.
Banken scheinen dies erkannt zu haben: Immerhin 72 Prozent der Institute geben an, dass sie ihre Investitionen um mehr als 6 Prozent anheben wollen, um das Thema Cybersicherheit besser mit den strategischen Plänen zu verzahnen.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung
Fast jeder vierte Bankkunde gibt an, dass der Kampf gegen die globale Erwärmung ein wichtiges Thema ist. 55 Prozent von ihnen sagen sogar, dass dies wichtiger wird als die Rentabilität von Investitionen.
63 Prozent der Banken geben an, dass die Umwelt eine Priorität auf ihrer Agenda hat und integrieren Umweltfragen in ihre Strategie. Sie sehen darin eine Quelle der Differenzierung und eine Möglichkeit, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen sowie die Umweltbelastung zu verringern.
Banken auf der Suche nach der digitalen Transformation
Mit Technologie und Datenanalyse könnten die Banken wichtige Hebel aktivieren, um sich mit mehr Personalisierung, Sicherheit und Nachhaltigkeit zu differenzieren. Allerdings stoßen Banken aller Größen, Segmente und Regionen auf Hindernisse, angesichts der vielfältigen Kundenerwartungen.
Für 2022 stellt die Studie jedoch massive Hindernisse fest, die der digitalen Reife der Institute im Wege stehen. Zudem existiere ein geringeres Vertrauen der Banken darin, den digitalen Umbau und die Zukunft zu meistern, als noch 2021.
Zu den größten Herausforderungen für 2023 gehört die Fähigkeit, in Ökosystemen zusammenzuarbeiten und Services anzubieten, die Agilität der Organisationen und Prozesse zu steigern sowie die Balance zu halten zwischen operativer Belastbarkeit und Innovationsfähigkeit.
Unterschiedliche Prioritäten der Banken
Der Anteil der Banken, die unter die niedrigste Kategorie in Bezug auf den digitalen Reifegrad fallen, steigt um 32 Prozent. Kleine und mittlere Banken sind hier besonders stark vertreten. Ihr Engagement und ihre Investitionen in Dienstleistungs- und Zahlungsinnovationen sind rückläufig. Ihre kurzfristigen Prioritäten sind die Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit durch den Schutz ihrer Informationssysteme sowie die Verbesserung ihrer Produktivität und Effizienz.
Die Banken, die bei der digitalen Transformation am weitesten fortgeschritten sind, sind sich weitgehend einig über die Maßnahmen, die sie ergreifen müssen, um den Übergang zu beschleunigen. 94 Prozent von ihnen sind der Meinung, dass das Software-as-a-Service-Modell (SaaS) in Zukunft die wichtigste Form der Bereitstellung digitaler Services sein wird. Gleichzeitig werden 95 Prozent dieser Banken verstärkt auf kollaborative Geschäftsmodelle setzen.
Open Finance als Herausforderung
59 Prozent der Vorreiter-Banken wollen zudem die Zusammenarbeit mit anderen Playern in digitalen Ökosystemen ausbauen, viele müssen aber noch die nötigen Voraussetzungen schaffen. Nur 19 Prozent sagen beispielsweise, dass sie für Open Finance bereit sind.
Die größten Herausforderungen in diesem Bereich sind nach wie vor die Interoperabilität von internen und externen Systemen und Daten sowie die Sicherheitsanforderungen. Um den Austausch zu erleichtern und ihre Dienstleistungen auf Plattformen Dritter zu fördern, werden 33 Prozent der fortschrittlichsten Banken die Nutzung ihrer APIs in einem integrierten Finanzkonzept erleichtern. 83 Prozent von ihnen werden zudem ihre Investitionen in neue Technologien deutlich erhöhen.
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