Die Anforderungen an Bankmanager steigen angesichts zahlreicher Veränderungen und neuer Herausforderungen. Brain-Stretching ist ein probates Mittel zur notwendigen Change-Fitness. Fünf Anregungen zeigen Ihnen, wie es geht.
Kennen Sie das? Jahrzehntelang haben Sie keinen Sport getrieben. Und plötzlich wird von Ihnen verlangt, sich zu bücken und mit durchgedrückten Knien Ihre Zehen berühren. Das gelingt nicht jedem auf Anhieb – und je nachdem, wie steif der Köper durch die Zeit der Untätigkeit geworden ist, tut es auch weh.
Ungefähr so geht es mittlerweile manchen Chefs von Banken und Sparkassen in Bezug auf die notwendigen Veränderungen, zu denen Niedrigzins, Regulatorik und Digitalisierung sie zwingen. Die Jahre beruflicher Routine und gewohnter Erfolgsstrategien haben sie geistig unflexibel werden lassen. Plötzlich kommt aus dem Markt der Impuls: „alles ist jetzt anders, beweg dich, sei innovativ“ … und ihr Innerstes reagiert mit einem gequälten „Aua“!
Das ist normal, denn wie unser Körper, tut sich auch unser Gehirn schwer, wenn von ihm von heute auf morgen ungewohnte Flexibilität und Aktivität verlangt wird. Zwar verfügt es über das Potential zu Höchstleistungen in vielen Disziplinen, zu blitzschnellen Wendungen und unfassbarer Kreativität – aber eben nur, wenn es dafür trainiert wurde. Mit regelmäßiger Übung ist es geschmeidig wie die Sehnen, Gelenke und Muskeln eines Schlangenmenschen. Ohne diese Übung verhält es sich eher wie der Körper einer Couch-Potato.
Neue Anforderungen fürs Hirn-Stretching
Nachdem die Finanzkrise als Impuls wohl nicht ausreichend war, auch das letzte Bankerhirn aus dem „weiter wie gewohnt“-Sofamodus zu reißen, führt das Leben nun andere Geschütze auf: Blockchain-Technologie, digitale Kundenbeziehungen, künstliche Intelligenz. Plus die aktuellen Entscheidungen der EZB, Leitzins und Strafzins unverändert zu lassen – desaströs für das traditionelle Geschäftsmodell der Sparkassen und Volksbanken. Hinzu kommen internationale politische Entwicklungen, die für die weltweiten Finanzmärkte und damit für jede Bank von existenzieller Bedeutung sind, deren Analyse jedoch Sisyphusarbeit jenseits des medialen Mainstreams bedeutet.
Einige ältere Vorstände haben bei diesen Stretching-Anforderungen an ihr Hirn schon das Handtuch geworfen und das Zepter an jüngere Nachfolger übergeben. Andere suchen ihr Heil in der Kooperation oder im Aufkauf von FinTech-Startups, in den gängigen Lösungen wie Kostensenkung, Prozessoptimierung etc. sowie im Hoffen auf ein Wunder.
Diese Strategien mögen geeignet sein, den drohenden Untergang oder zumindest die Magenschleimhautentzündung des Bankenchefs hinauszuzögern, sie zeugen jedoch nicht von Hirnen, die fit für Banking 4.0 sind. Was also tun, um besser mit diesem Wahnsinn umzugehen und gute Entscheidungen zu treffen? Wie entwickeln Sie ein Hirn, das in der Lage ist, Impulse aus vielfältigen Lebens- und Wissenschaftsfeldern aufzunehmen, kritisch zu hinterfragen, zu abstrahieren, weiterzudenken und daraus revolutionäre Konzepte zu entwickeln? Wie bringen Sie Ihrem Hirn bei, mit maximaler Komplexität und Unvorhersehbarkeit zu jonglieren und bei unverhofften Entwicklungen blitzschnell die Richtung wechseln können? All dies ist heutzutage zwingend erforderlich, um ein Kreditinstitut zukunftsfähig aufzustellen und es flexibel und dynamisch durch eine Epoche zu führen, in der die einzigen Konstanten die permanente Unsicherheit, der konstante Highspeed-Wandel und die Diskrepanz zwischen öffentlicher und realer Wahrheit sind.
Fünf Anregungen zur Optimierung Ihrer mentalen Fähigkeiten
Die Lösung heißt Brain-Stretching, also gezieltes Training der mentalen Performance! Denn eines ist klar: Jedes Gehirn verfügt über die Fähigkeit, sich lebenslang zu verändern. Dies tut es tagtäglich unbemerkt und unbewusst, wenn wir lernen oder neue Erfahrungen machen. Wie sehr es sich verändert, hängt von seiner Nutzung ab. Bei Londoner Taxifahrern, die sich ohne Navi und Karte in der Stadt zurechtfinden müssen, ist beispielsweise die Hirnregion für räumliche Orientierung ausgeprägter als bei jemandem, der sich immer Hilfsmitteln bedient und bei dem dieses Hirnareal nicht viel leisten muss. Es lohnt sich also und macht sich unmittelbar positiv bemerkbar, ein träges Hirn vom Sofa zu schubsen und ihm Stretching-Übungen zu verordnen.
Hier erste Anregungen zum Einstieg in den Prozess, Ihre mentalen Fähigkeiten zu optimieren:
1. Erweitern Sie Ihr Wissen
Es gibt eine Vielzahl in der Wirtschaft praktisch unbekannter aktueller wissenschaftlicher, technologischer und politischer Erkenntnisse, die hilfreich für erfolgreiche Leadership sind. Mein Tipp: Schauen Sie sich englische und amerikanische Dokus auf YouTube zu Themen wie Hirnforschung, Quantenphysik, Transhumanismus, Geschichte, IT (Blockchain und Docker) sowie internationaler Politik an. Im nächsten Schritt erforschen Sie die Zusammenhänge zwischen all diesen Gebieten auf der Metaebene. Dies ist eine exzellente Denksportaufgabe, die Sie mehr Puzzlesteine des großen Bildes unserer Realität sehen lässt.
2. Hinterfragen und entlarven Sie Scheinwahrheiten
Der schnellste Weg, sich neue Handlungsoptionen zu erschließen, ist die Zerstörung von scheinbar absoluten Wahrheiten. Jede Innovation beruht darauf, dass jemand die Branchenvorstellung, es gäbe nur eine einzige „richtige“ Vorgehensweise, über Bord geworfen und auf den Trümmern etwas radikal Neues erschaffen hat. Deshalb hinterfragen und analysieren Sie alles!
3. Befreien Sie sich von machtvollen Automatismen
Insbesondere durch frühkindliche, häufig wiederholte und stark emotionsgeladene Erfahrungen entstehen stabile neuronale Vernetzungen im Gehirn, die zu automatisch ablaufenden Reaktionen im Denken, Fühlen und Handeln führen. Wenn es um maximale Flexibilität in der Unternehmensführung geht, sind solche inneren Programme hinderlich. Bei der Befreiung von diesen Konditionierungen helfen verschiedene Mentaltechniken.
4. Sorgen sie für mehr Inspirationsquellen
Viele herausragende Ideen basieren auf dem Prinzip, Bekanntes neu zu verbinden bzw. vertraute Lösungen in einen neuen Kontext zu übertragen. Voraussetzung hierfür ist ein vielfältiges Reservoir von Impressionen, um daraus zu schöpfen. Dieses Reservoir erweitern Sie, in dem Sie sich neue Interessengebiete und fremde Lebenswirklichkeiten erschließen. Gehen Sie achtsamer und bewusster durch die Welt, um alles, was Ihnen begegnet, als Ressource für Ihre Ideenfindung zu nutzen.
5. Sorgen Sie für mehr Freude und Entspannung in Ihrem Leben
Lachen ist einer der wirkungsvollsten und angenehmsten Wege, um festgefahrene Positionen aufzubrechen und sich innerlich soweit zu entspannen, dass Neues denkbar wird. Dies ist umso wichtiger, als dass die mentale Leistungsfähigkeit und der Zugang zu den Fähigkeiten des impliziten Systems unseres Gehirns direkt von diesem Zustand der Entspannung abhängen. Es ist also kein Luxus, sondern eine clevere Strategie, sich vor wichtigen Aufgaben bewusst in einen entspannten Zustand zu versetzen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit Ihrem Hirn!