Auch in Italien sind Sparkassen längst nicht mehr öffentlich-rechtliche Institute sondern Gesellschaften privaten Rechts. So gehört z.B. die Südtiroler Sparkasse einer Stiftung, aber auch privaten Anteilseignern (im Streubesitz).
Nur hierzulande wehrt sich die Sparkassengruppe mit Händen und Füßen gegen privates Kapital. Warum eigentlich?
Zaghafte Privatisierungsversuche
Der Aufschrei war z.B. groß, als 2003 die Bürgerschaft der Stadt Stralsund mehrheitlich den Schluss zum Verkauf „ihrer“ Sparkasse traf. Die S-Finanzgruppe setzte alle Hebel in Bewegung und konnte den Verkauf in letzter Minute verhindern.
Vor einem halben Jahr hat der Landtag in Schleswig-Holstein einer Beteiligung bestimmter anderer Sparkassen (Lex HASPA) bis zu 25% an den Sparkassen des Bundeslandes zugestimmt; nach intensiver Diskussion und viel öffentlichem Palaver. Eine echte Öffnung für privates Kapital stellte der Beschluss jedoch nicht dar.
Schon seltsam, dass das, was in anderen Ländern zu funktionieren scheint, bei uns von manchen gefürchtet wird, wie vom Teufel das Weihwasser. Droht wirklich der Untergang der Sparkassen, wenn der Zufluss privaten Kapitals erlaubt werden sollte?
Es gibt bereits „private“ Sparkassen
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass es bereits privatrechtliche, sogenannte freie Sparkassen in Deutschland gibt: Es sind dies
- Die Bordesholmer Sparkasse AG (Aktiengesellschaft, bis 2006: Wirtschaftlicher Verein)
- Die Sparkasse Bremen AG (Aktiengesellschaft, bis 2004: Wirtschaftlicher Verein)
- Die Spar- und Leihkasse zu Bredstedt AG (Aktiengesellschaft, bis 31. Dezember 2003: Stiftung)
- Die Sparkasse zu Lübeck AG (Aktiengesellschaft, bis 31. Oktober 2004: Stiftung)
- Die Hamburger Sparkasse AG (Aktiengesellschaft, bis 2002: Juristische Person Alten Hamburgischen Rechts)
- Die Sparkasse Mittelholstein AG (Aktiengesellschaft)
Früher gehörte noch die Frankfurter Sparkasse von 1822 zu diesem kleinen Kreis, sie ist aber inzwischen eine Tochtergesellschaft der Hessischen Landesbank und kann damit ungeachtet ihrer Rechtsform nicht mehr als wirklich freie Sparkasse bezeichnet werden.
Es fällt auf, dass mit der HASPA und der Bremer Sparkasse gleich zwei große Sparkassen zu dieser speziellen Gruppe gehören und alle anderen freien Sparkassen in Schleswig-Holstein domizilieren, übrigens als vollwertige Mitglieder des dortiger Sparkassenverbandes.
Die großen unter diesen freien (Hamburg, Bremen und Lübeck) befinden sich überwiegend im Besitz von Stiftungen. Dies führt letztlich zu der interessanten Konstellation, dass sich die Sparkassen letztlich selbst gehören. Bei den kleineren Instituten gibt es allerdings auch freie Aktionäre.
Angst vor Ausverkauf
Es scheint mithin, dass bislang weder die private Rechtsform noch privater Anteilsbesitz zum „Untergang“ des Sparkassenwesens geführt haben. Wovor also haben die Gralshüter Angst?
Die Angst besteht darin, dass unkontrollierbare „Eigentümer“ der Sparkassen (Städte und Kommunen), die unter chronischem Geldmangel leiden, auf die Idee kommen könnten, ihrer klammen Haushaltskasse frisches Geld zuzuführen.
Interessanterweise war genau dies eine der Motivationen beim Zusammenschluss der Landesbanken von Schleswig-Holstein und Hamburg. Die Politiker hatten die großen Dollarzeichen schon tief im Auge als sie die HSH gründeten, war doch nicht nur ein privater Investor mit an Bord, sondern vor allem ein Börsengang geplant, der viel Geld in die klammen Kassen spülen sollte. Wohin die Gier aller Beteiligten und in der Folge die mangelnde Aufsicht geführt hat, ist bekannt. Also scheint die Sorge der Verbandoberen nicht ganz unberechtigt zu sein.
Allerdings steht Brüssel ante Portas und droht in regelmäßigen Abständen mit Zwangsmaßnahmen, sollten sich die deutschen Sparkassenverhältnisse nicht ändern. Ob die bisherigen Maßnahmen auf Dauer ausreichen, darf bezweifelt werden.
Aktion statt Reaktion: Die Bürgersparkasse
Warum also werden die Sparkassen nicht von sich aus aktiv und zumindest ihren Kunden die Möglichkeit einer Kapitalbeteiligung? Eine solche „Bürgersparkasse“ böte nicht nur die Möglichkeit sich (mitunter dringend) notwendiges Eigenkapital vom Markt zu beschaffen, sie wäre außerdem ein vorzügliches Mittel der Kundengewinnung und vor allem der Kundenbindung. Die Kunden wären nicht mehr nur „normale“ Kunden sondern würden partizipativ einbezogen. Die Genossenschaftsbanken haben den Nutzen (wieder)erkannt und fördern massiv die Mitgliedschaft. Aus gutem Grund, sind doch Mitglieder nachweislich die besseren Kunden, es lohnt also für beide.
Zugegeben, ganz so einfach ist es nicht, es müssten Gesetze geändert werden und vor allem müsste mal die Frage geklärt werden, wem eine Sparkasse eigentlich gehört. Ich bin kein Jurist, aber eine „Trägerschaft“ ist nicht gleichbedeutend mit einem „Eigentümer“. Aber das sind Fragen, die gelöst werden können.
Entscheidend ist der Wille der Verantwortlichen. Wollen diese sich weiterhin von Brüssel treiben lassen und in langwierigen Scharmützeln letztlich doch den Kürzeren ziehen oder geht die S-Finanzgruppe selbst in eine Offensive und nimmt allen Kritikern damit den Wind aus den Segeln.
Um nicht falsch verstanden zu werden. Ich verstehe mich als Freund der Sparkassen. Genauso, wie die Genossenschaftsbanken und die anderen Institute erfüllen Sie einen fundamentalen Zweck in unserer Kreditwirtschaft, vor allem dort, wo sich Großbanken längst aus dem Markt zurückgezogen haben. Zudem sind sie als regionale Institute in hohem Maße in ihrer Region engagiert. Ohne sie gäbe es vieles an Sport- und Kulturförderung (um nur zwei Beispiele zu nennen) nicht mehr.
Gleichwohl glaube ich, dass es sinnvoll wäre, sich zu öffnen und dass damit nicht die Existenz gefährdet wäre sondern im Gegenteil, gestärkt und zukunftssicher gestaltet würde.