Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erneuerte seine Kritik an den Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank und forderte dazu auf, die geldpolitische Wende rechtzeitig einzuleiten.
Im Bankenbrief informiert der Bundeverband Deutscher Banken jeden Tag über aktuelle News und Ereignisse aus der Finanz- und Bankenwelt.
Heute steht das folgende Thema im Blickpunkt:
Weidmann warnt vor verzögerter Wende in der Geldpolitik
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat dazu gemahnt, in Europa die geldpolitische Wende rechtzeitig einzuleiten. Politischer Druck könne dazu führen, die extrem lockere Geldpolitik länger als von der Preisstabilität geboten beizubehalten, sagte er heute auf einem Symposium anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Deutschen Bundesbank in Frankfurt. Denn wieviel die Staaten für ihre Verschuldung aufwenden müssten, hänge im Kontext der Wertpapieraufkäufe letztendlich mehr von den geldpolitischen Änderungen als von Zinsbewegungen ab. Die wichtige Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik werde so durch die Transaktionen verwischt. Damit erneuerte Weidmann seine Kritik an den Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB). Skeptisch äußerte er sich auch zu Vorschlägen der EU-Kommission, gemeinsame europäische Schuldtitel auszugeben. Würden solche „European Safe Bonds“ von einer offiziellen europäischen Institution auf den Markt gebracht, könnte dies als Schritt interpretiert werden, die Haftung einzelner Staaten im Sinne sogenannter Eurobonds komplett zu vergemeinschaften. „Um diesen Eindruck zu vermeiden, müssten solche European Safe Bonds von Marktteilnehmern konstruiert werden“, forderte Weidmann. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici erklärte indes in einem Interview, mit Eurobonds habe das Finanzinstrument nichts zu tun. Er sprach sich in einem Interview allerdings langfristig für eine Vergemeinschaftung von Schulden in der Europäischen Union aus.
Weitere Meldungen des Tages
Das war heute ebenfalls von Bedeutung:
Basel IV: Vereinbarung über Reform von Kapitalregeln nicht in Sicht
Bankenregulierer dürften bei ihren derzeit laufenden Konsultationen in Schweden im Ringen um eine Verschärfung der Kapitalvorschriften keine Einigung erzielen. „Wir werden keinen Deal bekommen“, hieß es aus Insiderkreisen. Viele europäische Länder unter anderem Frankreich, das von Deutschland und den Niederlanden unterstützt werde, seien unzufrieden mit den derzeitigen Vorschlägen. Die Auseinandersetzungen über die „Basel IV“ genannte Reform ziehen sich schon lange hin. Gestritten wird vor allem darüber, inwieweit Banken ihren Kapitalbedarf mit eigenen Modellen berechnen dürfen.
Inflationsrate in Deutschland sinkt auf 1,5 Prozent
Die Entwicklung der Energiepreise hat den Anstieg der Inflation in Deutschland im Mai gedämpft. Die Jahresteuerungsrate lag bei 1,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im April hatte die Rate bei 2,0 Prozent gelegen. Energie verteuerte sich binnen Jahresfrist um 2,0 Prozent, im April und März waren es jeweils noch 5,1 Prozent.
EZB-Vize Constâncio für Bad Banks
Der Vizechef der Europäischen Zentralbank (EZB), Vítor Constâncio, hat sich in Rom für staatlich unterstützte Bad Banks eingesetzt. Derartige Gesellschaften könnten den Abbau ausfallgefährdeter Kredite übernehmen, da die Märkte für derartige Problemdarlehen wenig entwickelt seien, sagte er heute. Staatliche Unterstützung sei Bedingung: „Indem sie Kapital und Finanzierungsgarantien stellen, können Regierungen ihr Engagement für Strukturreformen signalisieren und die damit verbundenen Vorzüge vorantreiben.“
EZB-Ratsmitglied Hansson verlangt Geduld
Das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Ardo Hansson, hat sich gegen weitere Lockerungsschritte der Währungshüter ausgesprochen. Es sei nicht zu erwarten, dass sich die derzeitigen Maßnahmen wie erhofft schnell auf die Inflation auswirkten, sagte Estlands Notenbankchef heute in einem Interview. „Und wenn wir von diesen Schritten überzeugt sind, dann sollten wir etwas Geduld haben.“
Meldungen aus einzelnen Bankinstituten
Zu einzelnen Banken und Finanzinstituten gab es heute folgende Meldung:
- Italienische Bank Carige trennt sich von Führungsspitze
Was am Donnerstag wichtig wird
Am Donnerstag stehen u.a. folgende Themen auf der Finanz-Agenda:
- Die Eurogruppe trifft sich in Luxemburg. Erwartet wird eine Entscheidung über die Auszahlung der nächsten Griechenland-Hilfen, sofern eine Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gelingt.
- Die Bank of England will ihre Zinsentscheidung bekanntgeben.
- In Berlin beginnt der G20-Jungunternehmergipfel 2017 (bis 16. Juni).
- Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel veröffentlicht seine Sommerprognose.