Guter Kundenservice ist für ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom eine echte Herausforderung. War einst das „Fräulein vom Amt“ für die Verbindung zwischen Anrufer und Angerufenem verantwortlich, so muss heute Service über alle Kanäle gewährleistet werden.
Er ist kastig, klobig und verströmt viel Nostalgie. Seit kurzem habe ich eine echte Rarität in meinem Bonner Büro stehen – einen sogenannten Vermittlungsschrank. Oder in feinstem Behördendeutsch: eine Fernsprech-Handvermittlungseinrichtung. Das ist quasi die Mutter moderner Telefonanlagen. Zu verdanken habe ich dieses gute Stück meinen Kollegen aus dem Technischen Kundenservice in Reutlingen, konkret unserem Teamleiter Jürgen Obst. Als sie umgezogen sind, konnten sie den historischen Handvermittlungsschrank leider nicht mitnehmen.
Meine Kollegen und mich soll dieser Apparat jetzt jeden Tag an die Entwicklung des (Telefon-)Service erinnern. Wie sich unser Geschäft in den letzten hundert Jahren weiterentwickelt hat. Wie sich das Erlebnis für die Kunden verändert hat. Aber auch daran, dass viel von dem, was früher im Service galt, heute noch topaktuell ist.
Das „Fräulein vom Amt“
Nachdem der Deutsche Philipp Reis das „Telephon“ erfunden und der Amerikaner Alexander Graham Bell daraus ein marktreifes Produkt gemacht hatte, ging alles ganz schnell: Schon 1881 wurden hierzulande die ersten städtischen Telefonnetze in Betrieb genommen. Anfangs waren männliche Reichspost-Beamte dafür verantwortlich, Verbindungen zwischen den „Fernsprechteilnehmern“ herzustellen. Doch schon in den 1890er Jahren entwickelte sich diese Servicetätigkeit zu einer weiblichen Domäne. Ab sofort managte das berühmte „Fräulein vom Amt“ die Telefonzentrale 1.0. Das hatte nicht nur Kostengründe (ja, unfair – sie war eine günstigere Arbeitskraft als der Postbeamte), sondern vor allem ganz praktische: die höheren Frauenstimmen waren bei der damals eingesetzten Technologie einfach besser zu verstehen, als die tiefen Männerstimmen. Und das war sehr wichtig!
Weil die Telefonleitungen anfangs nur zum Reichstelegrafenamt führten und die ersten Apparate keine Wählscheibe hatten, konnte niemand selbst eine Verbindung zum anderen Teilnehmer aufbauen. Darum saßen zunächst dutzende, später tausende und schließlich zehntausende Telefonistinnen an Klappenschränken und verbanden die eingehenden Telefonate manuell miteinander. Anruf annehmen, Klinke in die richtige Buchse stecken, Gespräch ankündigen („Jetzt kommt ein Gespräch für Sie“), den Anrufer mit dem Angerufenen verbinden, hinterher die Verbindung wieder kappen, Gesprächszeit notieren. Ohne das „Fräulein vom Amt“ ging nichts.
Gefragt waren Empathie und Fingerspitzengefühl
Für diesen Job war eine gute Schulbildung Voraussetzung. Auch beste Umgangsformen und – wenn möglich – Fremdsprachenkenntnisse sollten die Telefonistinnen mitbringen. Die Ausbildung bzw. Anlernzeit finanzierte die Post. Die Vermittlerinnen mussten in der Lage sein, genervte Anrufer professionell und freundlich zu beruhigen, die Anrufe zügig und korrekt zu verbinden und dabei Diskretion an den Tag zu legen (sie konnten ja theoretisch alles mithören). Kurzum: ein Kundenservice, der nicht nur technisches Verständnis und kommunikative Fertigkeiten, sondern auch Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl erforderte. Alles Eigenschaften, die unsere Kolleginnen und Kollegen an der Hotline noch heute brauchen, um unseren Kunden einen tadellosen Service zu bieten. Wenngleich ihr Aufgabenspektrum heute sehr viel breiter ist.
Automatisierung verdrängte das Fräulein vom Amt
Ein wirkliches Vergnügen waren die frühen Telefonate für die Kunden trotz aller Qualifikationen und Fähigkeiten der Vermittlerinnen nicht: Besetzte Leitungen, lange Wartezeiten und ein permanentes, störendes Rauschen gehörten damals zum Alltag. Und wo Menschen (noch dazu unter Zeitdruck) arbeiten, passieren leider nun mal auch Fehler. Selbst die beste Telefonistin stellte hin und wieder die falsche Verbindung her, was dann zu Unmut bei den Kunden führte.
Mit dem Ausbau der elektromechanischen Vermittlung, verlor der Handvermittlungsservice dann Stück für Stück an Bedeutung: 1908 automatisierte die Reichspost das erste Ortsamt (in Hildesheim), knapp 60 Jahre später waren alle Ortsnetze auf die neue Technologie umgestellt. Am 29. April 1966 wurde in Uetze bei Hannover der letzte Vermittlungsschrank ausrangiert. Man konnte jetzt andere Teilnehmer direkt anrufen. Damit verschwand der Job des „Fräuleins vom Amt“.
Die Ära der Callcenter
Ein Ende des persönlichen Telefon-Services bedeutete das jedoch nicht. Denn in den 1970er Jahren begann die Ära der Callcenter. Federführend war hier die amerikanische Tourismusbranche. Der telefonische Kontakt zwischen Unternehmen und Kunden sollte die Buchungs- und Beratungsvorgänge von Flügen und Pauschalreisen einfacher machen. Die Idee dahinter: eingehende Anfragen nicht dezentral, also durch Mitarbeiter einzelner Abteilungen, sondern zentral, in einer eigens dafür eingerichteten Abteilung, anzunehmen und zu bearbeiten. Daher entstand das erste Callcenter für die US-amerikanische Fluggesellschaft Continental Airlines.
In Europa kamen Callcenter zunächst in England und Irland auf. Dann folgte schon Deutschland. Und ihr Siegeszug war in den folgenden Jahrzehnten nicht aufzuhalten. Fast jedes Unternehmen richtete sich ein Callcenter ein, um seine Kunden zu betreuen. 2018 arbeiteten in Deutschland rund 135.000 Menschen in rund 900 Callcentern, die sogenannten „Agents“ – mit ganz vielfältigen Aufgaben: Fragen beantworten, Infos zu Produkten, Services oder Tarifen geben, sich um Reklamationen und Beschwerden kümmern, Probleme lösen, Aufträge und Bestellungen annehmen, Marktforschung betreiben, Produkte verkaufen, Auskünfte (Telefonnummern, Wetter) erteilen, als Notfall-Dienst fungieren (Rettungswesen, Feuerwehr, ADAC). Das machte den Kunden das Leben einfacher und brachte mehr Komfort. Eigentlich!
Kostenreduktion statt Kundenservice
Mit der wachsenden Zahl und Größe der Callcenter blieb der Kundenservice leider zunehmend auf der Strecke. Es ging den Firmen immer stärker um Automatisierung und (Kosten-)Effizienz. Die durchschnittliche „Call Handling Time“ war häufig die wichtigste Kennzahl. Das heißt, die Agenten sollten die Anrufe möglichst schnell abwickeln. Jede Minute länger in der Hotline war ein Kostenfaktor. Also automatisierte und spezialisierte man, was das Zeug hält und sparte Personal ein. Doch das war ein Fehler – denn die Kunden wurden immer unzufriedener.
Kundenservice muss erlebnisorientiert sein
Inzwischen hat sich das längst wieder gewandelt: Viele Unternehmen haben erkannt, wie wichtig ein positives Erlebnis, wie wichtig ein begeisternder Service heutzutage sind, um sich von Wettbewerbern abzugrenzen und nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen. Auch wir als Telekom arbeiten intensiv daran, unseren Kunden einen tadellosen Service zu bieten und seine Anliegen möglichst im Erstkontakt zu lösen. Das ist bei 100 Millionen Kundenkontakten im Jahr eine Mammutaufgabe. Aber wir sind mit unserer Service-Transformation auf dem richtigen Weg. So haben wir zum Beispiel die Zahl der Beschwerden in den letzten zwei Jahren halbiert, unsere Techniker kommen in über 95 Prozent der Fälle pünktlich und wir haben die Wartezeit im Schnitt auf 107 Sekunden gesenkt. Diese Fortschritte werden auch von unseren Kunden honoriert, das zeigen unabhängige Tests.
Service über alle Kanäle
Unsere Kunden haben so viele Kontaktmöglichkeiten wie nie zuvor: Neben der Hotline, können sie uns per E-Mail, SMS, über unsere Website oder App und über soziale Medien, wie Facebook, Twitter und Telekom hilft erreichen. Ganz wie sie es wünschen. Viele Dinge können unsere Kunden einfach und unkompliziert selbst erledigen. Etwa über unsere MeinMagenta-App, die rund 50 verschiedene Funktionen bietet. Telekom-Kunden können damit das Datenvolumen kontrollieren, die Rechnung prüfen, den Auftragsstatus einsehen, Prepaid-Volumen aufladen, Tarif-Optionen zubuchen und vieles mehr. Zudem können unsere Kunden über die App mit unserem Digitalen Assistenten chatten, der schon etliche Fragen zu Mobilfunk, Festnetz und Internet ohne Wartezeit direkt beantworten kann. Dieser Chatbot ist auch über unsere Website erreichbar, hilft schnell bei wiederkehrenden Fragen oder Problemen und hält unseren Beratern so für schwierigere Kundenanliegen den Rücken frei.
Wer bei unseren kostenlosen Service-Hotlines anruft, kann sich dort dank eines innovativen Voice-Biometrie-Verfahrens allein mit seiner Stimme ausweisen – die Suche nach Kundennummer und Kennwort entfällt. Bei der Klärung der Anliegen – etwa wenn es um die Prüfung einer Internetstörung geht – unterstützen sogenannte Frontend Assistenten (Software-Roboter) unsere Kundenberater, in dem sie automatisiert die Leitungen prüfen. Auch andere einfache, sich wiederholende Aufgaben erledigen die Frontend Assistenten: Kundendaten kopieren, Info-Nachrichten versenden etc. So gewinnen unsere Berater mehr Zeit, für andere anspruchsvollere Aufgaben.
Beim Kundenservice macht der Mensch den Unterschied!
Automatisierung ist für uns längst kein Selbstzweck mehr, sondern nur ein Mittel zum Zweck. Darum beziehen wir unsere Kunden auch bei der Entwicklung neuer Services eng mit ein – etwa über unsere Telekom-Ideenschmiede. Wir setzen das um, was unseren Kunden einen „echten“ Mehrwert bietet – und/oder unsere Mitarbeiter von monotonen Tätigkeiten entlastet. Damit sie eben den Freiraum haben, unseren Kunden einen persönlichen Service zu bieten. Und das ist entscheidend.
Denn am Ende des Tages steht und fällt guter Service mit den Menschen, die ihn erbringen. Trotz aller noch so nützlicher digitaler Technologien macht der Mensch den Unterschied. Keine noch so intelligente Maschine kann die Erfahrung, das Know-how und die Empathie eines Kundenberaters aus Fleisch und Blut ersetzen. Daran hat sich seit dem „Fräulein vom Amt“ bis heute nichts geändert – und wird es auch so schnell nicht.